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Rezension zu
Das schwarze Band

Zeitgeschichtelektion von Alex Beer

Von: Niamh O'Connor
18.06.2021

Wien im Juli 1921. In der Stadt ist es genauso heiß wie fast 100 Jahre später, als ich diese Besprechung schreibe, im Parlament an der Ringstraße sitzen neben den alteingesessenen Privilegierten neureiche Emporkömmlinge, die Regierung steht dem Elend in der Bevölkerung, der beginnenden Hyperinflation und dem Widerstand gegen die Eingliederung Westungarns in die Republik hilflos gegenüber und Kriminalinspektor August Emmerich wird kaserniert. Nachdem er den neu angelobten Bundeskanzlei Schober beleidigt hatte, ist er zu einem Disziplinierungslehrgang in der Schwarzenbergkaserne verdonnert worden und darf die Polizeidirektion vorläufig nicht betreten. Aus diesem Grund muss sein Assistent Ferdinand Winter, der das „von“ in seinem Namen seit drei Jahren nicht mehr führen darf, seine vornehmen Manieren aber nur zögerlich gegen Emmerichs ungehobelte Durchschlagskraft auszutauschen bereit ist, alleine im Mord an zwei jungen Tänzerinnen ermitteln. Dazu muss er zunächst deren untergetauchte Mitbewohnerin ausfindig machen, und dabei ist seine Unbedarftheit nicht nur hinderlich, sondern auch lebensgefährlich. Meine Meinung: In Das schwarze Band lässt Alex Beer ihre beiden Hauptfiguren zum vierten Mal im Wien der Nachkriegszeit ermitteln, und aus dem ungleichen Paar aus völlig unterschiedlichen Welten ist mittlerweile ein Team geworden, das die Gedanken des jeweils anderen lesen kann und für einander durchs Feuer geht. Ferdinand Winter weiß genau, welche Strategie in weiterbringen wird: Er muss einfach das tun, was Emmerich tun würde, mit anderen Worten, das genaue Gegenteil von dem, was er selbst normalerweise machen würde. Dabei mitzulesen ist sehr unterhaltsam – und sehr spannend. Was der Autorin in Der zweite Reiter, dem ersten Band der Serie, noch etwas Mühe bereitet hatte, gelingt ihr nun leichtfüßig und elegant: Sie verbindet exzellente Recherche über die politische und gesellschaftliche Situation im Wien der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg mit einem glaubhaften Kriminalfall, dessen Lösung bis zum Schluss gemeinsam mit dem Leben der Ermittler an einem seidenen Faden hängt. Sie lässt reale Figuren auftreten und orientiert sich an realen Geschehnissen, so als würde sie einen historischen Roman schreiben, und in gewisser Weise ist Das schwarze Band das auch. Was wahr und was erfunden ist erläutert die Autorin im Nachwort und liefert damit eine Lektion in Zeitgeschichte, die auch für mich neu war. Zum Darüberstreuen würzt sie das Ganze noch mit dezenten Anspielungen auf aktuelle Geschehnisse, die Kenner*innen der österreichischen Innenpolitik noch ein zusätzliches Mal schmunzeln lassen. Und ganz zum Schluss gibt sie einen Hinweis darauf, worum es in der nächsten Geschichte gehen wird. Dem WDR 4-Sticker auf dem Cover kann ich nur zustimmen: Lesen!!!

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