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Rezension zu
Bergland

Bergwelten - Das Vermächtnis der Generationen

Von: Carola Hesse-Andres
18.06.2021

In ihrem gelungenen Debütroman entführt Jarka Kubsova die Leser*innen auf einen Südtiroler Bergbauernhof. Drei Generationen kämpfen auf 1670 Metern Höhe unter widrigen Umständen um das Überleben des Erbes. Präzise sind in der Familiensaga Personen und Charaktere entworfen. Rosa muss sich nach einigen Schicksalsschlägen schon als junge Frau allein behaupten. Ihr gelingt, was niemand für möglich hält. Mit äußerster Willenskraft entwickelt sie den Hof, bringt die Pflanzen zum Blühen und die Tiere zum Gedeihen. Doch was sie auf den Feldern und im Stall mit Geduld sowie Hingabe erreicht, mag ihr mit ihrem Sohn nicht so recht gelingen. Da ist eine Distanz, die sie schwerlich überbrücken kann. Für das Kind bleibt bei der nicht endenden Arbeit kaum Zeit. So ist Sepp, der sich nach Nähe und Zuwendung sehnt, oft allein, sich selbst überlassen. Sehr zum Missfallen seiner Mutter setzt sich Sepp als junger Mann begeistert für den Fortschritt ein, der in den siebziger Jahren auch in den entlegenen Tälern Einzug hält. Doch die Versprechungen und Neuerungen erweisen sich als Fluch und Segen gleichermaßen. Denn mit dem Fortschritt halten auch die Touristen Einzug in die schöne Bergwelt und ihre Zahl nimmt stetig zu. Sehr plastisch beschreibt die Autorin hier die Widersprüchlichkeit des Tourismus. Auf einer nahezu besessenen Suche der Reisenden nach dem Ursprünglichen, Unberührten und Authentischen sind sie es, die das vermeintliche Idyll somit auch zerstören. Detailreich und anschaulich ist Jarka Kubsovas Blick vor allem auf die dritte Generation gerichtet. Was hat Franziska alles aufgegeben, um ihrer Liebe zu folgen und mit ihrem Mann den Hof zu bewirtschaften, der jetzt auch die Touristen beherbergt. Gehetzt zwischen dem Anspruch sich gut um ihre drei Kindern zu kümmern, den Urlaubern das gewünschte Wohlfühlambiente zu bereiten sowie Tiere und Garten zu versorgen, gelangt sie an das Ende ihrer Kräfte. Gehen oder Bleiben – eine Frage, die sich jeder Generation immer wieder aufs Neue stellt. Doch das Vermächtnis, welches Rosas Vater in eine Holztafeln geritzt hat, erweist sich als stark, wie auch die Beständigkeit und Beharrlichkeit der Bewohner, ihre Liebe zur Natur. Am Ende schließt sich ein Kreis trotz der Sprachlosigkeit zwischen den Generationen und ihrer Skepsis gegenüber den Neuerungen. So fügt sich die Geschichte dann doch vielleicht etwas zu glatt. Die sechs Monate, die die Jarka Kubsova selbst auf einem Südtiroler Bergbauernhof verbracht hat, haben ihren Blick für die Mühsal dieses Alltags geschärft und fundierten Stoff für ihren Roman geliefert. Die Autorin entwirft kraftvolle Bilder der Menschen Südtirols fernab vom Pathos oder Kitsch. Den Leser*innen eröffnet sich ein intensiver Eindruck des Alltagslebens sowie der Verbundenheit der Bewohner mit ihrer Bergwelt. Die Protagonisten der drei Generationen spiegeln die gesellschaftlichen Entwicklungen und Veränderungen über die Jahrzehnte gekonnt wider. Die wechselvolle und gleichsam tragische Geschichte der Region als Spielball zwischen Mussolini und Hitler prägt die Generation von Rosa. Hier belässt es die Autorin weitgehend bei Andeutungen. An dieser Stelle hätte ich mir als Leserin etwas mehr Tiefgang gewünscht. Dennoch ein gelungener Einblick in diese entlegene gleichsam faszinierende Region. Ein lesenswerter, kurzweiliger und berührender Roman ohne Verklärung des Landlebens.

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