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Rezension zu
Patong

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Kurzweilige Mischung aus Boxer- und Liebesroman

Von: Dirk Hoffmann
02.06.2021

Mit „Schlag weiter, Herz“ präsentierte der 1970 in Österreich geborene, in München aufgewachsene und dann nach Hamburg umgezogene Journalist und Autor David Pfeifer („Tempo“, „Stern“, „Vanity Fair“, „Süddeutsche Zeitung“) 2013 bei Heyne Hardcore sein Romandebüt, das dort nun um ein Vorwort von Bela B Felsenheimer (Die Ärzte) ergänzt unter dem Titel „Patong“ neu aufgelegt worden ist. Der in Thailand auf der Touristeninsel Phuket als Thaiboxer lebende Deutschtürke Mert Schulz erinnert sich an die schwierige Beziehung mit der Liebe seines Lebens, die er im Bus der Hamburger Boxauswahl kennengelernt hat, die auf dem Weg nach Schwerin zu einem Vergleichskampf gegen die Ukraine unterwegs gewesen ist. Nadja ist die Schwester von Felix Borau und fasziniert den 182 Zentimeter großen Schwergewichtler augenblicklich, doch er trifft sie erst im folgenden Herbst bei den Vorentscheidungen zur Hamburger Meisterschaft wieder, als er sich in Halbschwergewicht gehungert hat und nun gegen Nadjas Bruder antreten muss. Sie kommen über das Buch, Patrick Süskinds „Das Parfum“, das Nadja damals im Bus gelesen hatte, ins Gespräch, verabreden sich fürs Kino, halten bei „Braveheart“ schließlich Händchen. Sie beendet die Beziehung zum Versicherungskaufmann Holger und lässt sich auf eine Beziehung mit Mert ein, doch das Zusammenleben in der gemeinsamen Wohnung gestaltet sich schwierig. Während Mert darauf hinarbeitet, Profikämpfe zu boxen, damit er den Türsteher-Job im Hamburger Eck aufzugeben und das große Geld zu verdienen, etwas von der Welt zu sehen, versteht sich Nadja kaum selbst, liegt nachts oft wach und sieht sich außerstande, das zu artikulieren, was sie bewegt. Mert rutscht durch seinen Kumpel Stefan in die zwielichtige Welt der Kokser ab, versucht die zwischenzeitliche Trennung von Nadja durch besonders häufig wechselnde Sex-Kontakte zu kompensieren, nur um frustriert festzustellen, wie sehr sie ihm fehlt. „Sie hatten Zeit verschwendet, die sie nie wiederbekommen würden, und litten an einem Verlustschmerz, den sie nur mit Nähe lindern konnten. Mit der andauernden Versicherung, dass der andere da war. Sie klammerten sich aneinander, als würde einer von ihnen untergehen, wenn sie den Griff lockerten.“ (S. 255) Wie sehr David Pfeifer dem Boxsport verbunden ist, lässt der in Bangkok lebende Süd-Ost-Asien-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in „Patong“ früh heraushängen. Ausführlich schildert der Autor den Werdegang von Mert Schulz und Felix Borau, beschreibt akkurat die Trainingsabläufe, Taktiken, Kämpfe und die anschließende Erholung von den Verletzungen, so dass Leser, die so gar nichts mit dem Boxen anfangen können, Schwierigkeiten haben werden, dazwischen Interesse an der vertrackten Liebesgeschichte von Mert und Nadja zu entwickeln und am Ball zu bleiben. Pfeifer gelingt es allerdings recht gut, die Waage zwischen den Wettkämpfen und den Beziehungsquerelen zu halten, auch wenn nie so recht deutlich wird, warum der Boxer und die in sich gekehrte Leserin weder mit- noch ohneeinander können und Mert schließlich nach Thailand auswandern muss (nun gut, hier spielen auch seine halbkriminellen Aktivitäten für Stefan mit den Albanern eine Rolle). Auch wenn „Patong“ kein großer Sport-Roman ist und auch keine besonders originelle Liebesgeschichte präsentiert, liest sich der Roman flüssig weg. Pfeifer ist dabei vor allem die Darstellung des Boxer-Milieus großartig gelungen, was sich auch auf die Glaubwürdigkeit der männlichen Figuren überträgt. Nadja bleibt dagegen – wie ihre Schönheit - schwer zu fassen, weil ihre offenbar von Depression geprägten Gefühle und Gedanken längst nicht so deutlich artikuliert werden wie Merts. David Pfeifer macht diese Undeutlichkeit allerdings durch ein rasantes Erzähltempo, Zeitsprünge und eine klare, fesselnde Sprache wieder wett.

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