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Rezension zu
Der Fremde aus Paris

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein lesenswertes Debut über Identität und Fremdheit...

Von: Susanne Probst
24.12.2020

Identität und Zugehörigkeit ... Innere und äußere Konflikte. Ein komplexer, interessanter und lesenswerter Roman! „Der Fremde aus Paris“ spielt vor dem Hintergrund der Konflikte des Nahen Ostens von 1914 bis 1936 und ist angelehnt an die Lebensgeschichte des palästinensischen Urgroßvaters der Autorin. Midhat, den seine Großmutter aufgezogen hat, weil seine Mutter verstarb, als er noch sehr klein war, lebt in Palästina und ist der Sohn eines reichen Tuchhändlers. Eines Tages, unmittelbar vor Beginn des ersten Weltkrieges, schickt ihn sein Vater nach Frankreich, um dort Medizin zu studieren. Midhat ist erstaunt, beeindruckt und regelrecht überwältigt von dieser neuen und ihm fremden Welt, in die er sich nur bedingt integrieren kann. Vergeblich versucht er, in Montpellier Fuß zu fassen. Sowohl in seiner Gastfamilie, in der Universität als auch auf den abendlichen Feierlichkeiten und Festen bleibt er außen vor. Auch was die Liebe zur Tochter seines Gastgebers, eines Professors, betrifft, hat er keinen Erfolg. Schließlich zieht er nach Paris, wo er letztlich ungebunden und weiterhin als Fremder und mehr oder weniger als Außenseiter mehrere Jahre mit zahlreichen wechselnden Frauengeschichten verbringt, bevor ihn sein Vater nach insgesamt fünf Jahren in seine Heimat, in das Dorf Nablus, zurückruft. Dort kommt er erneut dem Wunsch seines Vaters nach: er heiratet die Muslimin Fatima und gründet mit ihr eine Familie. Midhat wird Vater von vier Kindern und Besitzer eines Tuchladens. Und das alles vor dem Hintergrund gewalttätiger Unruhen, kämpferischer Auseinandersetzungen mit Rebellen und Kriegen zwischen Juden und Arabern. Während der Lektüre empfand ich viel Mitgefühl und Sympathie für Midhat, der sich weder in Frankreich noch später in seiner ursprünglichen Heimat zugehörig fühlt. In Frankreich zu sehr Palästinenser und zu wenig Europäer. In seinem Dorf zu wenig Palästinenser und zu viel Europäer. Hier wie dort kommt er sich heimatlos und fremd vor. Es war unglaublich interessant über Midhat und seine Geschichte eine andere, mir ziemlich fremde Kultur, Geschichte und Geographie kennenzulernen und Einblicke in das Leben der Palästinenser und den Alltag von Muslimen zu bekommen. Die britisch-palästinensische Schriftstellerin Isabella Hammad ist eine präzise Beobachterin und eine begnadete Erzählerin, die in ihrem Debutroman unaufgeregt, detailreich, geistreich und feinfühlig eine vielschichtige und atmosphärische Geschichte erzählt, die den damaligen Zeitgeist wunderbar vermittelt. Mit Midhat hat sie einen sympathischen Protagonisten entworfen, den sie tiefgreifend, vielschichtig und mit all seinen Ecken und Kanten beschreibt. Ich empfehle diesen klug und raffiniert komponierten historischen Roman, der in einer schönen, leicht und flüssig lesbaren Sprache geschrieben ist, sehr gerne weiter. Obwohl dieses imposante Werk über 700 Seiten umfasst, empfand ich es zu keinem Zeitpunkt langweilig oder langatmig. Ich fühlte mich sehr gut unterhalten und konnte meinen Horizont erweitern. Was will man mehr? Ein Debutroman? Chapeau!

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