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Rezension zu
Jetzt ist alles, was wir haben

Spannendes, bewegendes Jugendbuch

Von: lex
06.12.2020

Dass der Schein oft trügt, weiß Hadley nur zu gut. Die 17-jährige führt – auf den ersten Blick – das perfekte Leben: Reiche Familie, beste Noten, Spitzensportlerin, tolle Freunde. Was wünscht man sich mehr? Aber Hadleys Leben ist alles andere als perfekt. Ihr Alltag wird dominiert vom sadistischen Vater, der Hadley nicht nur psychisch zusetzt, sondern auch körperlich. Als Hadley sich in Charlie verliebt, beginnt ihre Fassade zu bröckeln. Bei diesem Jugendbuch hatte ich teilweise einen dicken Kloß im Hals und eine riesige Wut im Bauch. Amy Giles beschreibt die Geschichte eines Missbrauchsopfers und zeigt gleichzeitig, dass Gewalt in der Familie nicht zwischen sozialem Status, Hautfarbe oder Religion unterscheidet. Obwohl man sich auf eine bedrückende Thematik einlässt, die mit einzelnen Szenen wirklich bis ins Mark trifft, hat sich die Autorin um einen hoffnungsspendenden Rahmen bemüht, indem sie Hadleys Schicksal in eine zärtliche, fast schon märchenhafte Lovestory einbettet, der sie einen Großteil des Buches widmet. Für meinen Geschmack geht dem Roman dadurch ein wenig an Intensität verloren, zugunsten des Mainstreams. Aber zweifelsohne lässt sich mit einem guten Schuss „Liebe“ und „Leichtigkeit“ ein größeres Publikum erreichen – auch mithilfe kleiner Thrillerelemente, die der insgesamt ruhig erzählten Geschichte zu mehr Spannung verhelfen. Etwa der gleich anfangs erwähnte Flugzeugabsturz, bei dem Hadley die einzige Überlebende ist und dessen Umstände sich auf zwei Zeitebenen (jetzt und damals) nach und nach aufdröseln. Demgegenüber kommen Hadleys Szenen in der Jugendpsychiatrie (im Jetzt) fast schon zu knapp und klischeehaft daher. Ebenso wie Hadleys Vater, der als arg stereotyper Bösewicht gezeichnet wird. Ich denke, man kann der Zielgruppe durchaus mehr Grautöne zumuten. Unterm Strich lässt sich „Jetzt ist alles, was wir haben“ jedoch wunderbar lesen. Das Buch sensibilisiert für ein hartes Thema und gibt viele Denkanstöße. Amy Giles erzählt feinfühlig und spannend, teilweise beunruhigend realistisch. Gleichzeitig balanciert die Autorin die Problematik „Gewalt in der Familie“ durch eine harmonische Liebesgeschichte aus, was fraglos zu dem großen Echo innerhalb der jugendlichen Zielgruppe beigetragen haben dürfte. Lobend erwähnen möchte ich das Nachwort der Autorin, in dem sie Ratschläge für Missbrauchsopfer auflistet. Denn was Hadleys Geschichte vor allem zeigt ist, wie schwierig es für Betroffene ist, sich aus dysfunktionalen Familienstrukturen zu lösen, Schuldgefühle abzulegen und aktiv Hilfe zu suchen und auch zu bekommen.

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