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Rezension zu
Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle

Die sieben Tode der Spannung

Von: Ein Herz für Leseratten
26.08.2020

Ich habe mich auf diesen Titel wirklich unheimlich gefreut. Das hatte mehrere Gründe: 1. Das Cover. Ja, ich gehöre zu den "Cover-Opfern" und stehe dazu. Dieses hier ist wahrlich ein Träumchen. Die freistehende Treppe eines Herrenhauses, das Schachmuster des Bodens, die Schachfigur. (Endlich hat ein Cover mal wieder einen tollen Bezug zur Geschichte!) 2. Die Thematik. "Und täglich grüßt das Murmeltier" im Krimi-Gewand. Das ist ein Fest für Liebhaber beider Genre wie mich. Ich war ganz aus dem Häuschen über den Klappentext. 3. Stuart Turton - ein britischer Autor. Ich mag einfach wie die Briten schreiben! Ich habe mir also ein tolles Leseerlebnis ausgemalt. Es begann auch wirklich gut: Das Buch ist so schön gestaltet! Im Umschlag findet man eine Karte vom Anwesen der Hardcastles. Hier findet man eine Übersicht des Grundstücks inklusive der Stallungen, des Waldes, des Pförtnerhauses sowie eines Lageplans der Gästezimmer und weiterer Räumlichkeiten von Blackheath. Ich muss zugeben (auch wenn der Plan nicht zu 100 Prozent stimmte), dass ich solche Extras sehr schätze. Zu Beginn des Buchs findet sich dann eine Einladung zum Maskenball. In dieser Einladung sind die wichtigsten Personen inklusive ihrer Funktionen aufgelistet. Diese Seite war eine enorme Hilfestellung für das überaus komplexe Geschehen, das sich auf Blackheath ereignete. Und da kommen wir schon zum ersten großen Problem. Der Einstieg ins Buch fiel mir unheimlich schwer. Nicht, dass ich selbst noch damit beschäftigt war mit all den Namen und Beziehungen der Figuren untereinander zurecht zu kommen, nein - der Ich-Erzähler litt selbst unter Gedächtnisverlust und hatte keine Ahnung, wer all die Personen sind. Dieser Umstand erschwerte es mir sehr im Buch "anzukommen". Eines der nächsten Probleme lag darin, dass der im Klappentext und Titel angekündigte "erste" Tod der Evelyn Hardcastle weit über 100 Seiten lang auf sich warten ließ. Ich weiß nicht, wie andere Leser das sehen, aber mich stört sowas einfach! Auch bei einem Schmöker mit mehr als 600 Seiten möchte ich nicht, dass ich so lang auf die angekündigte Handlung warten muss. Das war leider frustrierend. Erst ab Tag 4 fand ich es richtig spannend, wurde aber aufgrund von Logikproblemen (die keine Logikfehler, sondern eher Verständnisprobleme meinerseits waren) in meiner Neugier wieder ausgebremst. Was mich trotz dieser Anfangsprobleme bei der Stange hielt, war die tolle Sprache, die sich der Autor bediente. Teils altertümlich anmutend, mal ein wenig holprig, dann vornehm britisch, manchmal sogar poetisch... das gefiel mir richtig gut! Der Mann kann mit Wörtern spielen - alle Achtung! Leider kann mich auch ein toller Schreibstil nicht 600 Seiten lang fesseln. Da braucht es schon etwas Spannung und hier liegt das Hauptproblem. Stuart Turton ist detailverliebt. Das ist auch gar nicht so tragisch. Er ergießt sich nicht stundenlang in Landschaftsbeschreibungen oder wiederholt ununterbrochen die Fakten (obwohl es aufgrund des Plots natürlich zu Doppelungen kommt). Turton schafft durch seine Sprache und die gewählte Detailtiefe eine ganz besondere Atmosphäre auf dem Anwesen Blackheath. Diese bedrückende, dunkle, teils unheimliche Stimmung wusste ich auch durchaus zu schätzen, leider hat sie aber das Tempo gedrosselt. Je weiter das Buch voranschritt, umso mehr Tempo hätte ich mir gewünscht. Der Autor blieb aber seiner Detailtiefe treu. In meinen Augen hat dadurch die Spannung des Buchs leider verloren. Ein weiteres Problem des Buchs ist dieser tolle Plot. Ihr denkt sicher, nun ist sie vollkommen durchgeknallt. Wie kann denn ein gelungener Plot ein Problem sein? Tja, ich finde, das Buch ist leider bis in die Haarspitzen konstruiert und bremst sich damit selber aus. Ich schreibe mir sehr gern während des Lesens kleine Spickzettel für die Rezension, damit ich mich auch später an die Handlung und mein Gefühlsleben beim Lesen erinnere. Der Spickzettel hier war dermaßen vollgekritzelt, durchgestrichen, mit Querverweisen und Pfeilen versehen, dass ich schon bei der Hälfte des Buchs nicht mehr durchblickte und ihn weggeschmissen habe. "Die sieben Tode der Evely Hardcastle" ist einfach ein sehr, sehr komplizierter Roman. In 100 Jahren wäre ich niemals auf die Auflösung gekommen. Was natürlich auch nichts Schlechtes ist, aber ich fühlte mich vom Autor um die Möglichkeit betrogen das Rätsel selber lösen zu können. Neben der Sprache hielten mich außerdem die Figuren bei der Stange. Durch die detailierten Darstellungen erfuhren auch die Figuren eine unheimliche Tiefe. Es war sehr interessant zu beobachten, wie Aiden Bishop jeden seiner "Wirte" beeinflusste und wie sie gleichermaßen ihn beeinflussten und veränderten. Hier hat der Autor echt ganze Arbeit geleistet. Das wirkte alles sehr authentisch und auf gar keinen Fall nur schwarz und weiß. Der Roman trieft nur so vor Rätseln und Geheimnissen, Schuld und Trauer, Rache und Vergebung, falschen Erinnerungen und der Frage, was Freundschaft und Liebe alles bedeuten kann. Für mich jedoch war (fast) alles zu lang, zu kompliziert, zu konstruiert. Der unglaublich tolle Schreibstil des Autors verbunden mit den interessanten und authentisch gezeichneten Figuren hat mir leider nicht gereicht. Wäre ich nicht so neugierig, hätte ich das Buch vermutlich abgebrochen. Aber ich wollte dann doch wissen, was es mit den Geschehnissen auf sich hat. Vielleicht war es also doch nicht so schlecht. ;-) Hier muss man sich vermutlich am besten selber eine Meinung machen.

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