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Rezension zu
Schwarzer Leopard, roter Wolf

Fantastisches Afrika

Von: Fhina
08.08.2020

Wir steigen in die Geschichte mit dem Satz „Das Kind ist tot. Weiter gibt es nichts zu wissen.“ ein und damit beginnt die 830 Seiten lange Reise auf welche uns Sucher, der Rote Wolf – unser Erzähler– mitnimmt. Unser Erzähler sitzt im Gefängnis und wird wegen des Mordes an diesem Kind verhört. Wir sind Zeuge seines einseitigen Gesprächs mit dem Inquisitor. Von hier aus entfaltet sich die Erzählung in verschiedenen Formen: Der Inquisitor lässt Sucher eine Abschrift ihres Austauschs zur Bestätigung lesen, wodurch wir Zugang zu externen Stimmen erhalten und später bringt der Inquisitor einen Griot – einen singenden Geschichtenerzähler – mit, um Zeugnis über einen Teil von Suchers Leben zu geben, welchen er sich weigert zu erzählen. Auf den ersten Blick scheint es, als wäre die Handlung über Sucher, welcher uns zuerst seine Lebensgeschichte und dann die Geschichte nach der Suche des Kindes nicht nur einmal, sondern zweimal erzählt. Aber in Wirklichkeit ist die Stimme Suchers wie eine Art Magnetfeld um den Kompass der Handlung, das sich verschiebt und verzerrt und seine Nadel durch ineinandergreifende Geschichten dreht, die von einem Leoparden, Hexen und Antihexen, Dämonen, Sklavenhändlern, einem Präfekten, und einer Königin erzählt werden. Dieses Buch kann man definitiv nicht mal eben so nebenbei lesen und es bracht meiner Meinung nach viel Anstrengung um den Faden nicht zu verlieren und nicht aufzugeben. Das liegt zum einen an der Brutalität, welche teilweise sehr detailreich beschrieben wird, aber einfach auch am Stil des Buches und den sehr lange Dialogphasen. Auch wenn die Geschichte selbst sehr einfallsreich und ordinär ist, lassen die langen Phasen des einseitigen Erzählens das Buch sehr langatmig wirken und man kommt erst über mehrere Ecken zum eigentlichen Punkt. Marlon James hat es mit Worten geschafft ein wundervolles Fantasy-Afrika zu schaffen, illustriert wird dies durch Karten, welche die jeweiligen Buchabschnitte von einander trennen. Irgendwann hört Sucher auf mit dem Inquisitor zu sprechen und beginnt damit, die Geschichte noch einmal seiner Willen zu erzählen, zu durchleben auch wenn er den Leser dabei gefühlt immer auf einen Arm Abstand hält, vermutlich um ihn zu schützen. Der Roman ist ein Spektakel, mit wilden Dingen aller Art, die sich durch mehrere Handlungsstränge schlängelt, aber im Mittelpunkt stehen die Abenteuer von Leopard und Wolf. Letzterer, unser Erzähler, wird wegen des verschwundenen Jungen verhört und seine Antworten enthüllen eine interessante, teilweise gruslige Geschichte. Sucher, der wegen seines guten Geruchssinns so genannt wird, wirkt menschlich, obwohl ein Auge das eines Wolfs ist. Leopard, der tatsächlich die Form eines Leoparden annehmen kann, ist sein Freund von Kindheit an und auch wenn sich beide manchmal bis aufs Blut zoffen, schließen sie sich einer Gruppe aus anderen Freak an um den Jungen zu finden. Diese übernatürliche Suche entwickelt sich mit der Zeit in einen fantastischen Machtkampf, in dem der vermisste Junge entweder ein Prinz oder ein Thronräuber sein kann. Der Leser kann inmitten des Kampfes gegen Oger und Hexen aber reale Handlungen finden. Es gibt einen geschäftigen Sklavenhandel, aber der Verkehr bewegt sich nicht nach Westen in Richtung der Schiffe von Spanien oder England, viel mehr sind die Käufer „Menschen, die dem östlichen Licht folgen“ oder nur einen Gott anbeten. Ein Sultan wird erwähnt, aber niemals ein Papst und die Abwesenheit scheint für den Autor von zentraler Bedeutung zu sein. Seine Orks und Elfen sind alle farbig und unter ihnen ist der Grad der Dunkelheit von Bedeutung. Generell gibt es in dem Buch keine weißen Menschen. Insgesamt verzichtet die Geschichte auf Weiße und schließt die Mächte, die diese einflussreiche Region letztendlich in ein Puzzle von Nationen zerhackt haben, vollständig aus Letztendlich ist es Suchers Sensibilität, seine Gefühlstiefe, die das Buch über andere Fantasygeschichten hebt. Der Autor zeigt endlose Raffinesse, egal ob seine Charaktere sich lieben oder töten. Am wichtigsten ist jedoch, wie ein so bizarrer Erzähler wie der Sucher ein Trauma aufdeckt, das jeder Psychoanalytiker erkennen würde: die Narben einer vertriebenen Kindheit und der daraus resultierende Schmerz für ein Zuhause. Besser noch, er findet eine solche Verbindung nur, indem er die Konventionen seiner Gesellschaft verletzt. Der einsame Wolf muss sich verletzlich machen und sein Herz für einen hellhäutigen „Anhänger des östlichen Lichts“ öffnen. Diese interne Transformation ist wichtiger als jede sichtbare Veränderung. Es gibt der Geschichte die nötige Vollständigkeit, auch wenn am Ende noch einige Geheimnisse bleiben. Obwohl die Schrecken dieses Romans den niedrigsten Gott empören würden, weiß er dennoch, wie man den Ort findet, an dem die Liebe lebte. Das Buch ist mit über 800 Seiten wirklich massiv und die Story sehr komplex. Ich hatte vorher schon gelesen, dass die Story wohl teilweise auch sehr verwirrend ist und ich muss ehrlich sagen, dass ich das so auch bestätigen kann. Die Story macht dies aber keineswegs schlecht aber durchaus langatmig, vor allem die ersten 100 – 150 Seiten. Aufgrund dessen habe ich dann teilweise das englische Hörbuch zur Hilfe genommen. Mir hat es aber im Großen und Ganzen gut gefallen und ich werden den zweiten Teil sicherlich lesen.

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