Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Der Garten meiner Mutter

Eine poetische Reise nach Indien und Bali in den 1930er Jahren und in die Welt der Erinnerungen!

Von: Buch_zeit
31.07.2020

Vielen lieben Dank an das @bloggerportal und den @luchterhand_verlag, dass wir diesen poetischen Roman lesen und rezensieren durften! Anuradha Roys „Der Garten meiner Mutter“ ist eine vielschichtige indische Familiensaga, die die Geschichte eines von seiner Mutter verlassenen Kindes und den Kampf einer jungen Frau um persönliche Freiheit und künstlerische Selbstverwirklichung vor dem Hintergrund Indiens in den späten 1930er Jahren zeichnet. Gayatri Rozario, eine ungewöhnliche, lebenshungrige und künstlerisch begabte junge Frau lässt 1937 ihren Mann und ihren Sohn im indischen Mantazir unterhalb des Himalaya zurück und zieht heimlich mit dem deutschen Maler und Musiker Walter Spies und der Tänzerin Beryl de Zoete nach Bali, bestrebt, ein freies Leben zu führen und sich der Malerei zu widmen. Gayatri droht an den Zwängen der indischen Gesellschaft und ihrer traditionellen Ehe zu einem dogmatischen Collegeprofessor zu zerbrechen. Sie sehnt sich nach persönlicher und künstlerischer Freiheit, nach einem neuen Leben. Sie war der Liebling ihres Vaters, von ihm in intellektueller und künstlerischer Sicht gefördert und unternahm bereits als junges Mädchen ausgedehnte Reisen. Ihr Alltag als Ehefrau und Mutter im starren Rahmen von Tradition und gesellschaftlichen Erwartungen erscheint ihr als Käfig. Die Begegnung mit Walter Spies stellt ihr Leben komplett auf den Kopf und sie folgt ihm nach Bali, fasziniert von seinem kreativ-freiheitlichen Lebensstil. Doch der Preis für ihre Freiheit ist, dass sie ihren Sohn Myshkin verlassen muss. Im Alter versucht Myshkin, inzwischen ein einsamer Mann, der sein Leben lang darunter gelitten hat, dass seine Mutter ihn als Neunjährigen verlassen hat und der Zuflucht in seiner Liebe zu Pflanzen findet, rückblickend die Geschichte seiner Mutter und seiner Familie zu verstehen. Dabei verweben sich seine schmerzvollen Erinnerungen mit den Briefen seiner Mutter Gayatri an ihn und eine ihrer Freundinnen. Diese Familiengeschichte breitet sich vor dem Hintergrund der immer prekärer werdenden Weltlage Ende der 1930er Jahre aus: in Deutschland Erstarken die Nazis, die Unabhängigkeitsbewegung Indiens von der britischen Kolonialherrschaft nimmt konkrete Formen an und auch die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges in Südostasien werden thematisiert. Neben diesen massiven politischen und nationalen Umbrüchen bekommt man aber auch einen farbenprächtigen Einblick in das indische Alltagsleben. Roy verwebt in ihrem Roman Fakten und Fiktion zu einem schillernden Porträt der Zeit, persönliche und politische Kämpfe sind miteinander verschränkt. Leben und Kultur, Kunst, Musik, Flora und Fauna Indiens und Indonesiens werden bildstark beschrieben. Der Originaltitel „All the lives we never lived“ trifft für mich sehr gut die Essenz des Romans, die vielen ungelebten Leben unserer Träume und Sehnsüchte, die unzähligen Möglichkeiten und Abweichungen, die unser Leben nimmt. Ohne die Begegnung mit Walter Spies hätte Gayatri vielleicht nie den Mut gefunden, aus den Zwängen ihres Lebens auszubrechen und ihre persönliche Freiheit in Form künstlerischer Selbstfindung zu realisieren. Doch ihr Verlust hat Myshkins Leben tief getroffen. Erst zum Ende seines Lebens gelingt es ihm, sich durch seine Erinnerungen und Gayatris Briefe ihr wieder anzunähern und ihr Garten hilft ihm, ihre Entscheidung nachzuvollziehen. Dieser einfühlsame und emphatische Roman wirft Fragen nach den inneren und äußeren Faktoren, die unser Leben beeinflussen auf und wie sie unsere Identität formen und der Macht der Erinnerungen auf. Roy lässt uns in wunderschön poetisch und elegischer Prosa in die Welt der Erinnerungen eintauchen!

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.