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Rezension zu
HERKUNFT

Interessante Lektüre

Von: Martinas Buchwelten
29.04.2020

Was war ich neugierig auf Herkunft von Saša Stanišić, der Roman, der 2019 mit den Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde. Die fiktionale Autobiografie, die den Anfang für dieses Buch als handschriftlicher Lebenslauf für die Ausländerbehörde nahm, erzählt von Saša Stanišić Flucht vom Balkankrieg in Jugoslawien nach Deutschland. Der erst 14-jährige Junge flieht mit seiner Mutter, eine bosnisch-muslimische Politologin, nach Heidelberg, wo sie zuerst bei einem Onkel unterkommen. Der Vater, ein serbischer Betriebswirt, kam später nach. Als Flüchtlinge bekommen seine Eltern Jobs, die weit unter ihrem Niveau sind. Die Mutter arbeitete als Wäscherin, der Vater fuhr in die ehemalige DDR um auf einer Großbaustelle Rohre zu verlegen. Die Angst abgeschoben zu werden, bereitet den Eltern permanent Kopfzerbrechen. Saša trifft sich währendessen mit anderen ausländischen Jungs an einer Tankstelle, die zum Jugendtreffpunkt wird. Der Wille, die deutsche Sprache perfekt zu erlernen, hilft dem Jungen nach dem Abitur eine Zulassung an die Uni zu erhalten. Ein verständiger Sacharbeiter bei der Ausländerbehörde erteilt ihm das Bleiberecht und in späterer Folge die deutsche Staatsbürgerschaft, während seinen Eltern diese später verwehrt wird und sie nach Bosnien zurückkehren müssen. Višegrad in Bosnien-Herzegowina, nur acht Kilometer von der serbischen Grenze entfernt, ist der Geburtstort des Autors und bleibt neben Heidelberg und Hamburg, wo es Saša Stanišić später hinführt, als Hauptsetting bestehen. Denn ein Besuch in seiner ehemalige Heimatstadt lässt den Autor wiederholt in Gedanken zurückkehren an den Ort an der Drina. Dabei gibt es immer wieder große Zeitsprünge. Manchmal weiß man nicht, in welcher Zeit man sich gerade befindet, was aber nur ganz kurz andauert. Es sind Momentaufnahmen. Stanišić vermischt dabei reale Begebenheiten mit fiktiven Visionen. Gedankensprünge aus dem Hier und Jetzt in die Vergangenheit und wieder zurück begleiten den Leser die ganzen 368 Seiten über. Darauf muss man sich einlassen können. Die innige Beziehung zu seiner Großmutter Kristina, die an Demenz leidet und auf die Rückkehr ihres bereits vor zwanzig Jahren verstorbenen Mannes wartet, half Saša Stanišić noch vor der Erkrankung bei der Erforschung seiner familiären Herkunft. Je mehr sie ihre Erinnerungen verliert, desto mehr muss er sie sammeln. Saša Stanišić fabuliert mit einer Liebe zur deutschen Sprache über seine Herkunft zu einem Land, das es nicht mehr gibt. Dabei spielt auch das Märchenhafte immer wieder eine Rolle. Kritisieren muss ich jedoch die oftmals fehlende Spannung. Der Start war für mich etwas zäh, aber sobald man in der Geschichte drinnen ist, möchte man gerne weiterlesen und mehr erfahren. Ich hatte allerdings nie den Drang unbedingt sofort weiterlesen zu müssen. Obwohl das Thema eher schwer ist, baut der Autor viele humorvolle Metapher ein. Unwillkürlich vergleicht man beim Lesen die Erzählungen und die Flüchtlingsproblematik von damals und heute und entdeckt leider nicht wirklich viel Unterschied. Die essentielle Frage "Nach welchen Kriterien lässt sich die Herkunft bestimmen?" ist dem Autor wichtig. “Jedes Zuhause ist ein zufälliges: Dort wirst du geboren, hierhin vertrieben, da drüben vermachst du deine Niere der Wissenschaft. Glück hat, wer den Zufall beeinflussen kann. Wer sein Zuhause nicht verlässt, weil er muss, sondern weil er will.” Doch Heimat ist nicht immer Herkunft. Für die letzten Kapitel bzw. den letzten Abschnitt, den er "Der Drachenhort" nennt, hat sich der Autor noch etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Er lässt den Leser zwischen verschiedenen fantastischen Erzählungen wählen, wie die Geschichte ausgehen soll. Diese Variation kenne ich nur aus einem Kinderbuch (Mats und die Wundersteine), bei dem sich die Kinder ihr eigenes Ende aussuchen dürfen. Ich bin nicht wirklich ein Freund davon und mochte diese Varianten schon beim Vorlesen der Kindergeschichte nicht....aber jeder wie er möchte. Schreibstil: Der Schreibstil ist sowohl poetisch und fließend, als auch stakkatomäßig. Der Autor baut viele humrvolle Methapher ein, einiges erscheint märchenhaft. Die Kapitel sind kurz gehalten. Fazit: Ein Roman, der viel Autobigraphisches enthält. Eine Ansammlung von Gedanken und Rückblienden, sowie der Frage nach Herkunft und Identität. Interessant und unterhaltsam, nachdenklich und leider auch mit einigen kleinen Längen versehen. Trotzdem bin ich froh das Buch gelesen zu haben

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