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Rezension zu
Im Unterland

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Atemberaubende Reise in die Welt unter unseren Füßen

Von: Silke
17.04.2020

Robert MacFarlane gehört für mich zu den ganz großen Naturschriftstellern. Der 43-jährige Engländer, der oft in einem Atemzug mit John Muir und Edward Thomas genannt wird, schafft es, über Natur so zu schreiben, dass man das Gefühl hat, einen Krimi in der Hand zu halten. Sein aktuelles Werk, „Im Unterland. Eine Entdeckungsreise in die Welt unter der Erde “, nimmt uns mit auf eine Reise in die Welt unter uns. Im Unterland unter unseren Füßen Unterwelt, das klingt unheimlich. Wir verbinden es mit dem Totenreich, mit Dunkelheit und überhaupt mit allem, vor dem wir Angst haben. Und während der Mensch das Weltall erforscht hat und ziemlich genau weiß, wie es auf dem Mond aussieht, weiß er erschreckend wenig über das, was unter seinen Füßen liegt. „Schauen wir nach unten, sehen wir kaum mehr als Gras, Erde, Asphalt. Selten habe ich mich der menschlichen Sphäre ferner gefühlt als neun Meter unter ihr, gefangen im schimmernden Schlund einer Schichtfläche aus Kalk, die sich in Urzeiten auf dem Grund eines ehemaligen Meeres gebildet hatte“, schreibt der vielfach ausgezeichnete Autor. In der Höhle von Mendip Hills Genau in diese Welten unter uns nimmt uns Robert MacFarlane mit. Einige sind sichtbar, andere versteckt. Da gibt es die Begräbnisstätte von Mendip Hills in Somerset (Großbritannien), die 1797 von zwei Kaninchenjägern entdeckt wurde. Sie stießen bei der Verfolgung eines Kaninchens auf eine gewaltige Höhle voller Gebeine, die mindestens 10.000 Jahre alt waren. Großartiger Schreibstil Was das Buch so besonders macht, ist MacFarlanes großartiger Schreibstil. Einige Beispiele: An den Anfang setzt der Autor das Kapitel „Erste Kammer“, das mit dem Satz beginnt: „Der Weg ins Unterland führt durch den gespaltenen Stamm einer alten Esche.“ Und das letzte Kapitel, „Aufstieg“, beginnt ähnlich spannend: „Der Weg aus dem Unterland liegt dort, wo neun klare Quellen aus dem Fels treten.“ Begegnungen mit besonderen Menschen Sätze wie „Spätnachmittag, Frühherbst, unzumutbare Hitze. Flirrende Luft, brennend heiße Autotüren. Aber im Haus von Sean und Jane Borodale, im Schatten eines stillen Seitenarms des Nettlebridge Valley, ist es kühl wie in einer Vorratskammer“ versetzen den Leser direkt in dieses Haus, dessen Besitzer Sean Imker, Höhlenkletterer, Wanderer und Dichter ist. MacFarlane beschränkt sich im Buch nämlich nicht aufs Unterland, sondern beschreibt auch die Menschen, die ihm diese fremde Welt zeigen. So fühlt sich der Abstieg an Wem die dunkle Tiefe unheimlich ist, der findet sich in „Im Unterland“ bestätigt: „Der Einstieg ist mühsam – wir zwängen und winden uns in die Tiefe, bis ich jäh in einen Raum falle, der rundum geschlossen scheint, eine zylindrische Zelle.“ Wem jetzt nicht klaustrophobisch zumute ist, der muss selbst Höhlenkletterer sein. Unterwelten in vielen Regionen Europas Die Orte, die Robert MacFarlane in „Unterland“ besucht, liegen in unterschiedlichen Regionen Großbritanniens, in Paris, Italien oder Slowenien. Und im Norden, auf den Lofoten, in Norwegen und Grönland. Die Höhlen, die er beschreibt, beherbergen nicht nur Tote, sondern auch radioaktiven Müll. Und er stößt auch auf Insekten und anderes Getier, das kaum jemals einer zu Gesicht bekommt. Ein Grab für atomaren Müll Der Leser lernt das alles kennen, staunt über die grandiose Schönheit und erschrickt darüber, wie sehr der Mensch auch schon in der Tiefe eingegriffen hat. Am erschreckendsten ist tatsächlich das Kapitel über das atomare Endlager in Finnland. Es ist ein Grab, sicherer als ein Hochsicherheitsgefängnis. Und man hofft, dass das, was hier begraben liegt, dieses Grab niemals verlassen wird. „Wir wissen, wie wir mit Uran Strom erzeugen und Tod bringen können, aber wir wissen immer noch nicht, wie wir es entsorgen sollen, wenn es sein Werk getan hat“, so Robert MacFarlane. Er schätzt, dass weltweit zurzeit über eine Viertelmillion Tonnen hochradioaktiver Abfälle auf ihre Endlagerung warten. Und pro Jahr kommen etwa 12.000 Tonnen dazu. „Im Unterland“ ist spannend wie ein Krimi All das, das Schöne, das Unheimliche, das Spannende und das Erschreckende, beschreibt Robert MacFarlane auf eine so intensive, eindringliche Weise, dass man das Buch nicht mehr beiseitelgen möchte. Seine Sätze sind gedruckte Kunstwerke. Und so geschieht es, dass man das Buch mit seinen 560 Seiten, in einem Zug durchliest. Selten wurden Geschichten über Natur und Landschaften so spannend erzählt wie hier.

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