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Rezension zu
Regenbeins Farben

"Regenbeins Farben" von Kerstin Hensel

Von: Fraggle
16.04.2020

Fazit: Würde ich meine Rezensionen noch mit einer Überschrift versehen, die über die Nennung des Titels und der Autorin hinausgeht (warum tue ich das eigentlich nicht mehr?), so hätte diese Überschrift hier „Das Sterben der Anderen“ gelautet, und ich wäre angemessen stolz darauf gewesen. Aber eigentlich tut das hier nichts zur Sache, viel wichtiger ist es, eingangs positiv hervorzuheben, dass es sich bei „Regenbeins Farben“ um einen Novelle handelt, die endlich mal den Mut hat, sich auch als eine solche zu bezeichnen, und die nicht, wie so viele andere Werke überschaubaren Umfangs, vorgibt, ein Roman zu sein. Wobei mir natürlich bewusst ist, dass es neben dem Umfang noch aussagekräftigere Kriterien für die Einordnung als Novelle gibt, dennoch: Eine Novelle ist eine Novelle ist eine Novelle und darf gerne auch so genannt werden. Und im vorliegenden Fall ist es sogar eine recht gut gelungene Novelle, deren Inhalt sich zeitlich von Ostern bis Ostern erstreckt, weswegen es nur zu passend war, dass ich sie auch an Ostern gelesen habe. Kerstin Hensel gehe mit ihrem Buch „den Verflechtungen deutsch-deutscher Biografien auf den Grund“, heißt es im Klappentext und mit dieser Einordnung ist „Regenbeins Farben“ tatsächlich treffend beschrieben. Die drei Protagonistinnen sowie der Galerist Eduard Wettengel, der das literarische Element darstellt, das das Verhältnis zwischen den drei Damen in Ungleichgewicht bringt, werden mit ihren Hintergründen und Biografien detailliert dargestellt, und das sehr gelungen, ohne dabei die Handlung im Hier und Jetzt zu vernachlässigen. Schön zu lesen ist dabei, wie Stück für Stück herausgearbeitet wird, dass der Lebensweg der Menschen, die sich da auf dem Friedhof in der Einflugschneise (ein übrigens überaus charmanter Einfall, wie ich finde) treffen, bereits zusammenhing, bevor sie sich dort regelmäßig getroffen haben. Die Schilderung der Hintergrundgeschichten der Figuren, der „Verflechtungen deutsch-deutscher Biografien“, bildet dann auch das Kernelement der Novelle. Und dieses Kernelement ist richtig gut gelungen. Wenn man berücksichtigt, welch überschaubarer Umfang Kerstin Hensel zur Verfügung stand, um gleich vier Figuren mit Leben zu füllen, dann kann man nur den Hut ziehen. Von der Künstlerin Karoline Regenbein, die zwischen dem Drang, zu malen und ihren Selbstzweifeln und der Überzeugung, nicht gut genug zu sein, gefangen ist bis zur Industriellengattin auf selbstdestruktiver Sinnsuche, die Figuren sind ausnahmlos sehr gut gezeichnet. Hinsichtlich des Stils lässt sich festhalten, dass man schon auf der ersten Seite merkt, dass „Regenbeins Farben“ in eher elaboriertem Code gehalten ist. Ich denke zwar, dass die Novelle niemanden überfordern sollte, allenfalls muss man mit Begriffen wie „megärenhaft“ zurechtkommen. Insgesamt, so war jedenfalls der Effekt bei mir, wirkt das auf Dauer allerdings eher ermüdend, auch weil es so einen gezwungenen Eindruck macht. Aber das mag man gerne anders sehen. Und inhaltlich? Nun, es ist eine Novelle, sollte ich also anfangen, wesentliche Aspekte der Story auszuplaudern, hätte ich als alsbald das gesamte Buch erzählt, was in niemandes Sinne sein kann. Deswegen muss sich die geneigte Leserschaft mit der kryptischen Formulierung begnügen, dass „Regenbeins Farben“ auch im Bereich der eigentlichen Handlung überzeugt. Punkt. Wer gerne Novellen liest und/oder an detaillierten Charakterzeichnungen Freude hat, dürfte mit „Regenbeins Farben“ zufrieden sein. Und da ich mir ein Zitat des Buches markiert habe, das ich niemandem vorenthalten möchte, weil es inhaltlich so wahr ist, erlaube ich mir, meine Ausführungen mit eben folgendem Zitat auch zu beenden: „Talent wird jedem Kind bescheinigt, sobald es Kringel malen kann, oder einer Hausfrau, die sich das öde Leben bunt aquarelliert. Frauen, die Großes leisten, besäßen Talent, Begabung oder eine besondere Fähigkeit. Männern hingegen spräche man Genie zu. (S. 151)

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