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Rezension zu
Im Zeichen der Mohnblume - Die Schamanin

Interessante, faszinierende Welt, die Lust auf mehr macht

Von: Jenny
13.03.2020

Am meisten gefallen hat mir an diesem Buch das Worldbuilding – sowohl inhaltlich als auch handwerklich. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich überhaupt keine Ahnung von der Geschichte und der Kultur Asiens habe. Zumindest keine, die über die weitverbreiteten Klischees hinausgeht. R. F. Kuangs Welt, die zwar fiktiv, aber an reale Historie angelehnt ist, hat mich aber so für den mir kaum bekannten Kontinent begeistert, dass ich in nächster Zeit definitiv mehr Bücher von asiatischen Autoren lesen möchte. Es ist als hätte mir dieses Buch die Tür zu einer neuen, faszinierenden Welt geöffnet, die ich bislang einfach übersehen habe. Ich fand das ganze Worldbuilding unfassbar interessant und dieses Interesse hat sich sogar auf die reale Welt ausgebreitet, sodass ich jetzt unbedingt mehr über die Opiumkriege und die Geschichte Asiens lernen möchte. Ein absolutes Novum für mich, weil ich es bisher noch nie geschafft habe, mich in irgendeiner Weise für Geschichte zu interessieren. Beigetragen zu dieser Begeisterung hat wohl auch die Tatsache, dass ich nie mit Informationen überladen wurde. Geographie, Gesellschaftsstrukturen, Historie, Religion, Wertesysteme und politische Verstrickungen werden wohldosiert erläutert. Beschreibungen und Erklärungen sind immer mit der Handlung verknüpft. Beispielsweise lernt Protagonistin Rin bei ihrer Reise zur Akademie einiges über die Provinzen, die sie durchqueren, aufgrund der Demütigungen durch ihre Klassenkameraden mehr über die privilegierten Gesellschaftsschichten und im Unterricht viel über die vergangenen beiden Mohnkriege. Und selbst diese kleinen Informationshäppchen werden nicht in erläuternden Monologen geliefert, sondern interaktiv vermittelt. So bekommen die Schüler zum Beispiel im Strategieunterricht Aufgaben gestellt, die sie lösen, indem sie Vorgehensweisen aus den Schlachten der Mohnkriege ableiten. Dadurch bleibt die Handlung nie zugunsten weiterer Informationen stehen. Worldbuilding und Handlung sind so eng verwoben, dass ich praktisch alles über die Welt nebenbei gelernt habe. Erzählerisches Talent hat R. F. Kuang in meinen Augen aber nicht nur beim Worldbuilding bewiesen, sondern auch an vielen anderen Stellen. Besonders aufgefallen ist mir das an einer Stelle, an der sie mir ein Klischee so realistisch, authentisch und unausweichlich verkauft hat, dass ich es als wunderbare Charakterentwicklung wahrgenommen habe und nicht als ausgelutschtes Klischee. Das Rad lässt sich nicht neu erfinden und die meisten Bausteine werden von vielen Autoren benutzt. In meinen Augen besteht die Kunst darin, diese Bausteine so zu verpacken, dass sie als neu und spannend wahrgenommen werden. Das hat die Autorin auf jeden Fall geschafft. Weshalb ich trotzdem nicht vollkommen überzeugt bin von diesem Buch, ist einfach zu erklären: Am Anfang mochte ich die Charaktere, sowohl Protagonistin Rin als auch viele Nebenfiguren, sehr gern. Bis zur Mitte des Buches haben sie sich vielversprechend weiterentwickelt. Ab da ging es mit den meisten Figuren aber leider bergab. Einige von ihnen sind so vom Hass zerfressen, dass sie jeglichen Blick für die Realität verlieren. Ja, es ist authentisch, dass sie Schwächen haben. Und ja, es ist auch definitiv mal etwas anderes, dass die wichtigen Charaktere keine leuchtenden Moralapostel sind. Aber selbst mir, die ich grundsätzlich der Meinung bin, die Bösen sollten in Büchern nicht immer verschont werden, weil sie den Guten dann ja doch immer wieder in den Rücken fallen, wurde es irgendwann einfach zu viel. Gegen Ende habe ich in den zunehmenden Gewaltexzessen, die ein unfassbares Ausmaß annehmen, komplett die Bindung zu den Figuren verloren. Fazit Das Worldbuilding der Geschichte ist der Hammer. Ich finde die Welt unfassbar interessant und faszinierend, gerade weil Asien für mich ein vollkommen unbekanntes Gebiet ist. Außerdem waren die Erläuterungen immer wunderbar mit der Handlung verwoben, wohldosiert und interaktiv eingestreut, sodass es nie langatmig wurde. Auch sonst hat die Autorin viel erzählerisches Talent bewiesen, weil sie altbekannte Bausteine neu, spannend und authentisch verpackt. Am Anfang mochte ich zudem viele Charaktere wirklich gern. Leider habe ich im Laufe des Buches durch extrem unmoralische Entwicklungen komplett die Bindung zu den Figuren verloren, sodass ich an „Im Zeichen der Mohnblume 1: Die Schamanin“ nur vier Schreibfedern vergebe. Ich bedanke mich beim blanvalet Verlag für das Rezensionsexemplar.

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