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Rezension zu
Nichts, was uns passiert

Ein bewegender und reflektierter Roman zu einem sensiblen Thema

Von: -Leselust Bücherblog-
15.02.2020

Kurzmeinung Nichts, was uns passiert von Bettina Wilpert hat mich sehr beeindruckt. Die Autorin nimmt sich des sensiblen Themas Vergewaltigung an und macht daraus einen spannenden, reflektierten und bewegenden Roman. CN: Vergewaltigung Meine Meinung: Dieses Buch hat mich sehr bewegt und noch lange in mir nachgehallt. Immer wieder musste ich beim Lesen Pausen machen und über den Inhalt nachdenken. Gleichzeit hat es mich aber auch so gefesselt, dass ich es sehr schnell durchgelesen hatte. Zunächst möchte ich die vielen interessanten Perspektiven betonen, in denen diese Geschichte erzählt wird. Zunächst wird abwechselnd die Sicht von Anna und Jonas geschildert, später kommen auch weitere Zeugen zu Wort, Freunde, Familie und Bekannte. Aber Erzähler ist eine unbekannte dritte Person. Das ist zunächst etwas ungewöhnlich zu lesen, dann habe ich mich aber daran gewöhnt und fand diesen Stil sehr interessant. Es macht diesen Text besonders und passt auch zum Thema. Es schafft unweigerlich eine größere Distanz zu den Personen und dem Geschehen, und das ist bei so einem sensiblen Thema vielleicht auch ganz gut so. Sehr gelungen sind auch die unterschiedlichen Sichtweisen und Interpretationen dargestellt. Wenn man nur die Perspektive einer Figur kennt, ist man schnell „auf deren Seite“, nimmt die Schilderungen als gegeben hin. Durch die zweite (und mehrere andere) Perspektiven führt die Autorin den Leser:innen vor Augen, wie vielschichtig soziale Interaktionen sind und wie viele Sichtweisen und Interpretationen es für die selbe Situation geben kann. Das Thema an sich ist natürlich sehr sensibel. Man sollte sich vorher darüber im Klaren sein und wissen, worauf man sich einlässt. Allerdings finde ich den Umgang damit in diesem Roman sehr gelungen. "Vergewaltigung? Die hatte sie sich anders vorgestellt: Ein Mann, der einen nachts auf dem Nachhauseweg überfällt, oder der Onkel, der die Nichte als Kleinkind missbraucht. Oder der Nachbar. Aber kein Doktorand, den man kennt, zu dem man Vertrauen aufgebaut hat. Ein Geliebter. Ein Freund." (Aus: Nichts, was uns passiert. S. 65) Die Autorin lässt uns an den Gefühlen der Protagonistin teilhaben. Zweifel, Angst, Schuld. Hätte sie es verhindern können? Sich mehr wehren müssen? Die Zweifel, ob sie eine Anzeige machen soll. Und schließlich die Wut. Die Wut, die sie doch zur Anzeige bringt. Die Wut über den Polizisten, der fragt, was sie anhatte, mit wie vielen Männern sie schon geschlafen habe. Sie mit den Worten verabschiedet, sie solle doch nicht so viel Alkohol trinken. Klar ist nicht jeder Polizist so. Aber allein zu wissen, dass so etwas vorkommt macht mich so unfassbar wütend. Frauen, die sowieso schon vulnerabler sind, dann auch noch mit so einem unangemessenem Verhalten zu konfrontieren. Victim Blaming, als würde sich die Protagonistin nicht schon schuldig genug fühlen. Gleichzeitig wird auch die Rolle der gesellschaftlichen Strukturen, in denen wir leben, betont. "Dass wir in einer Rape Culture leben. Vergewaltigung war ein strukturelles Problem – kein persönliches. Die Gesellschaft ist patriarchal. (...) Nie wurde als Erstes gefragt: Ist er schuldig? Sonder: Hat sie gelogen?" (Aus: Nichts, was uns passiert. S. 137) Daneben kommt aber auch der vermeintliche Täter zu Wort. Wie er mit den Anschuldigen umgeht, wie die Anzeige und die Gerüchte sein Leben verändern, seinen Alltag, seine Freundschaften, seine Hobbys und seinen Arbeitsplatz. Fazit: Nichts, was uns passiert von Bettina Wilpert war ein großes Highlight für mich. Ein Buch, das mich bewegt hat. Das mich zum Nachdenken gebracht hat. Das es mir nicht leicht gemacht hat. Es gibt dort kein schwarz-weiß, keine einfachen Entscheidungen. Kein "Sie hat recht", kein "Er ist der Böse". Das Thema Vergewaltigung wird von vielen Seiten betrachtet und, wie ich finde, sehr gelungen dargestellt. Mit all den Konsequenzen für das vermeintliche Opfer, den vermeintlichen Täter und den Einfluss der Gesellschaft.

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