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Rezension zu
Pechmaries Rache

Lokalreporterin auf Mörderjagd

Von: Edith N.
14.02.2020

Eigentlich will Lokalreporterin Ira Wittekind, 54, auf dem Hellberger Hof in Bad Oeynhausen nur einen jungen Mann interviewen, der ein stillgelegtes Sägewerk zu einem Innovationszentrum umbauen möchte. Das Gespräch mit ihm und seiner Mutter, der Möbelrestauratorin Marilena Heiland, verläuft angenehm und unauffällig – bis Ira ein Foto von der Stelle machen möchte, an der der Borstenbach unter dem Sägewerk durchfließt. Das lehnt Simon Heiland vehement ab. Ähnlich massiv wird er, als Ira mit seiner Mutter, der Besitzerin des Hofs, sprechen möchte. Nein, das gehe nicht. Lilo Wolf sei krank, da könnten sie jetzt nicht hin. Diese übertriebenen Reaktionen machen die routinierte Reporterin stutzig. Irgendwas stimmt hier nicht! Dass Lilo Wolf schwer krank war, hat offenbar der Wahrheit entsprochen. Am selben Tag wie Iras Artikel über Simon erscheint die Todesanzeige seiner Großmutter in der Zeitung. Wenige Tage darauf wird Marilena tot im Borstenbach gefunden. Suizid, heißt es. Das hält Ira Wittekind aus nachvollziehbaren Gründen für vollkommen ausgeschlossen. Statt sich um die Vorbereitungen für ihre Hochzeit zu kümmern, verbeißt Ira sich in den „Fall Bachleiche“ und dreht die Vergangenheit der bis aufs Blut zerstrittenen Familie Heiland auf links. Und wie das so ist bei verkorksten Familiengeschichten: Je tiefer man gräbt und je genauer man hinschaut, desto gruseliger und unappetitlicher wird es. Die düstere Familiengeschichte wird aufgelockert durch die markigen Sprüche der beiden alten Tanten. Sophie und Frieda Weyer rauchen Zigarre, trinken Schnäpschen, lieben deftiges Essen und sind in ihrer Wortwahl nicht zimperlich. Diese zwei bodenständigen Frauen sind nicht nur wegen ihres umfassenden Hintergrundwissens über die einheimischen Familien ein unverzichtbares Element in den Ira-Wittekind-Krimis. Ich mag Ira Wittekind, weil sie so normal ist. Sie recherchiert und schreibt über Personen im Ausnahmezustand und gibt keine Ruhe, bis sie „die Geschichte hinter der Geschichte“ gefunden und verstanden hat. Oberflächliche Berichterstattung ist ihre Sache nicht. Stets will sie genau wissen, wie alles zusammenhängt und was die Menschen zu ihren Taten getrieben hat. Aber wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt, ist Familienleben (mit Hund) angesagt und zum Glück keine depressive Nabelschau wie bei vielen anderen Krimi-Ermittler*innen. Als Reporterin, die diesen Job seit 30 Jahren macht, weiß sie, wie sie die Leute nehmen muss, um ihr Vertrauen zu gewinnen und ihnen Informationen zu entlocken, die sie eigentlich nicht preisgeben möchten. Dass sie es dabei mit der Wahrheit und den Vorschriften nicht immer so genau nimmt, gehört zum Job. Aber wenn das Jagdfieber sie mal gepackt hat, dann gibt’s eben kein Halten mehr. Ich glaube, so taff wie in diesem Band haben wir Ira Wittekind noch nie erlebt. Aber eigentlich dürfte uns nicht überraschen, dass sie die gesamte Klaviatur ihres Jobs beherrscht. Wie sonst hätte sie sich 3 Jahrzehnte lang erfolgreich ihrem Beruf halten können? Der Krimi ist spannend, weil man, genau wie die Reporterin, herausfinden will, was in dieser schrecklichen Familie vor sich gegangen ist und was schließlich zum Tod von Marilena Heiland geführt hat. Lustig wird’s, sobald die zwei betagten Tanten auf den Plan treten und im Dialekt ihren Senf zu Iras Recherchen geben. Ein bisschen ärgerlich ist’s, dass man ab gut der Hälfte des Buchs ahnt, wie der Hase läuft, weil der Buchtitel spoilert. Sobald im Roman das Wort „Pechmarie“ fällt, ist im Grunde klar, was passiert sein muss. Es bleibt jedoch die Frage offen, ob dieser Plan auch wunschgemäß aufgeht. Deswegen lohnt sich das Weiterlesen auf jeden Fall. Mir liegt dieser Mix aus Spannung, Tragik und Humor, und ich würde mich freuen, wenn es ein Wiedersehen mit Ira gäbe. Aber jetzt lassen wir sie erst mal in Ruhe ihren Andy heiraten.

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