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Rezension zu
Die Spuren der Stadt

Entschleunigte Milieustudie aus der Nachkriegszeit

Von: Kati liest
10.02.2020

Mit „Die Spuren der Stadt“ gelingt Christensen eine interessante Milieustudie, die im Oslo der Nachkriegszeit verortet ist. Ich habe gut hundert Seiten gebraucht, um mich an das eher langsame Tempo und die ruhige, unaufgeregte, teils melancholische Erzählweise zu gewöhnen. Zu Beginn störten mich dabei vor allem die Protokolle der Sitzungen des Roten Kreuz, die jedem Kapitel nachgelagert sind. Im Laufe der Lektüre lernte ich sie als weiteres Stilmittel zur Entschleunigung immer mehr zu schätzen, denn sie geben dem Roman einen zeitlichen Rahmen, helfen bei der Einordnung der Geschehnisse und vermitteln einen Eindruck vom Wandel und den Bedürfnissen in den Jahren nach dem Krieg. Im Verlauf der Erzählung lernt der Leser nicht nur die Stadt – ich war bisher leider noch nie in Oslo –, sondern auch die Charaktere immer wieder neu und aus anderer Perspektive kennen. Dabei beeindruckte mich vor allem der stets fließende Übergang zwischen den Figuren innerhalb einzelner Abschnitte. Jede Begegnung und jeder Weg, der sich kreuzt, wird so zu einem erzählerischen Element, denn sie sind immer auch mit einem Perspektivwechsel verbunden. Alle Figuren eint der Einfluss der Kriegsjahre, ein Schwanken zwischen altem und neuem Leben. So wie der 7-jährige, hochsensible Jesper Kristoffersen sich erst im Leben zurecht finden muss, suchen auch seine Mutter Maj, Vater Ewald oder Witwe Frau Vik zwischen den Sorgen des Alltags und in den Wirrungen eines neuen Zeitalters nach Fixpunkten. Auch wenn einen die Lebensgeschichten der Figuren nicht immer direkt packen, schafft Christensen es gleichzeitig mit seiner scharfen Beobachtungsgabe das Bild einer Stadt zu zeichnen, über die der Leser mehr erfahren möchte. Dabei zeigen nicht nur Platz, jede Straße oder jedes Lokal zeigen Norwegens Hauptstadt immer wie neu und anders, sondern auch die Jahres- und Tageszeiten bestimmen die Wahrnehmung einer Stadt, die gelebt und erlebt werden will. Für Oslo-Fans und diejenigen, die es noch werden wollen, ein Muss. Für alle anderen eine entschleunigende Lesereise mit Höhen und Tiefen. Lieblingszitat: „Sie sind noch Kinder, doch der Krieg, an den sich kaum einer von ihnen noch erinnert und den sie dennoch nicht vergessen können, hat einen Schatten auf sie geworfen, der ihr Alter vollkommen durcheinander bringt.“

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