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Rezension zu
ICH ist manchmal ein anderer

Ein sehr intimes, direktes Buch, dass der Gesellschaft etwas gibt, von dem Keiner wusste, dass er es braucht.

Von: Eulenschrank_Bücherwand
27.10.2019

***** Rezension ***** Die nachfolgende Rezension soll sich um ein ganz besonderes Buch drehen: „ICH ist manchmal ein Anderer – Mein Leben mit Schizophrenie“ von Cordt Winkler. Das Buch erschien als Taschenbuch (235 Seiten) im März 2019 bei GOLDMANN und ist für 10,00€ im Buchhandel sowie im Internet erhältlich. Durch das schlichte, weiße Cover mit blauer und schwarzer Titelschrift hebt sich das Buch bereits von anderen ab. Mein Interesse weckte das Buch, weil es eine Selbstdarstellung einer psychischen Erkrankung beschreibt. Da ich als Altenpflegerin tätig bin und weil ich mich persönlich sehr für Erkrankungen jeglicher Art interessiere, weckte dieses Buch mein Interesse sofort. Der Klappentext (direkte Abschrift vom Buch) tat sein Übriges: Facebook fragt, ob ich mich kenne... Reise an die Grenze des Gewöhnlichen. Symptome, die er in frühen Kindertagen schon bei seinem Vater beobachtet hatte, entdeckte Cordt Winkler plötzlich auch an sich selbst: Das unkontrollierbare Abgleiten von Denken und Wahrnehmung, Panikanfälle, Verfolgungswahn, Ohnmacht, freier Fall. Ehrlich und mitreißend lakonisch schildert er die Dynamik einer psychotischen Krise und führt den Leser tief hinein in seine, von außen betrachtet, phasenweise verrückte Innenwelt. Meine Meinung: Cordt Winkler redet nicht lange drum herum. Bereits das Erste von Zwölf Kapiteln, beschreibt, wie er das Auftreten erster Symptome bei sich selbst erlebt. Zu Beginn des Buches, denkt man als Leser noch „er ist etwas neben der Spur“, doch schon bald lädt Winkler dazu ein, sich näher mit seiner Vergangenheit und der Krankheit Schizophrenie zu befassen. Je weiter er sich mit der Thematik auseinander setzt, desto deutlicher treten Übereinstimmungen auf. Ich hatte beim Lesen dein Eindruck, als würde Winkler sich und seinen Vater mit dem Lesen der Fachliteratur erstmals wirklich kennenlernen. Besonders beeindruckt hat mich, wie klar Winkler seine psychischen Episoden reflektieren konnte. Bisher ging ich davon aus, dass Betroffene eine Art Filmriss für diese Zeit wahrnehmen, auch Winkler beschreibt für extreme Phasen unwiderrufliche Gedächtnislücken. Er beschreibt, wie erste Anzeichen auftreten und er selbst wahrnimmt, dass er in seine eigene Wirklichkeit abdriftet. Zu lesen, wie er sich noch im Klaren darüber ist, jetzt Hilfe zu benötigen und dies vergisst, während er auf dem Weg zum Arzt ist, kristallisiert klar heraus, welche Ohnmacht Betroffene im Krankheitserleben verspüren müssen, während für Angehörige nur der Wahn sichtbar ist. Auch Winkler war einst nur Angehöriger eines Betroffenen. Bei seinem Vater brach die Krankheit aus, während Winkler selbst noch ein Kind war. Auch hierbei hält er kein Blatt vor den Mund und schildert, wie er seinen Vater wahrnahm. Später zieht er aus dem beobachteten Verhalten seines Vater Rückschlüsse auf seine eigene Behandlung und den Umgang mit der Krankheit. Im Verlauf des Buches gibt Winkler sehr intime Einblicke in sein tägliches Leben und Erleben, seine Beziehung zu Freunden, Familie und Partner. Er stellt selbst so realistisch dar, welchen Einfluss Medikamente auf ihn nehmen und wie schwer es ist, dies zu kommunizieren. In den letzten Kapiteln verdeutlicht er, dass es möglich ist mit der Diagnose ein weitestgehend normales Leben zu führen, wenn man Compliance zeigt und sich ein gewisse „Spielregeln“ hält. Mich hat das Buch sehr berührt. Durch Lesen dieses außergewöhnlichen Berichts entwickelt man ein intensiveres Krankheitsverstehen ohne trockene, wissenschaftliche Berichte zu lesen. Ein sehr intimes, direktes Buch, dass der Gesellschaft etwas gibt, von dem Keiner wusste, dass er es braucht.

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