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Rezension zu
Politischer Islam

Von den Wurzeln des Salafismus und den Dschihad-Fans der Moderne -

Von: Eva Krafczyk
20.10.2019

"Stresstest für Deutschland" lautet der Untertitel des Buches "Politischer Islam" der Ethnologin Susanne Schröter. Wer jetzt galubt, es gehe um eine polemische Aufarbeitung mit "dem" Islam oder "den" Muslimen, dürfte sich allerdings getäuscht sehen. Schröter leitet seit nahezu fünf Jahren das Forschungstentrum Globaler Islam an der Frankfurter Goethe-Universität und befasst sich dort unter anderem mit den islamistischen Strömungen, mit der Frage, wo und warum sich junge Muslime radikalisieren bis hin zur Entscheidung, sich Gruppen wie der Terrormiliz Islamischer Staat anzuschließen. In "Politischer Islam" geht es denn auch nicht um diejenigen Muslime, die in Deutschland ihren Glauben praktizieren oder aber säkulär leben, die das Grundgesetz als die auch für sie geltende Grundordnung verstehen und denen Gewalt fern liegt. "Der politische Islam stellt eine Sonderform des Islam dar und sollte nicht als charakteristisch für die gesamte Weltreligion gesehen werden", betont Schröter gleich auf den ersten Seiten ihres Buches. Gleichwohl ist er auch hierzulande problematisch - nicht erst, wenn sich radikalisierte junge Menschen entschließen, ins Kampfgebiet des IS zu reisen oder sich irgendwo anders auf der Welt dem Dschihad anzuschließen. Religiöses Mobbing an Schulen etwa, die Versuche, auch schon kleine Mädchen im Grundschulalter zum Kopftuch zu zwingen, Gewalt gegen Frauen im Namen einer vermeintlich verletzten Ehre, antisemitische Angriffe und Beleidigungen - die Liste der Konfliktpunkte durch ein Erstarken des poltischen Islam ist lang. Ehe Schröter auf die Problemfelder der Gegenwart in Deutschland und anderen europäischen Staaten eingeht, gibt sie einen ausführlichen Überblick über die Vorgeschichte des politischen Islam, über die geistig-religiösen Strömungen, die ihn geprägt haben und ihre Unterschiede zu anderen Formen des Islam. Wahabismus und Salafismus werden im besonderen näher beschrieben, aber auch die Rolle, die andere Staaten oder islamische Organisationen bei der Verbreitung der Ideen des politischen Islam in Deutschland spielen. Hassprediger, die längst nicht mehr nur in bestimmten Moscheen, sondern über das Internet ein großes Publikum finden. Ausführlich befasst sich Schröter mit dem Frauenbild im poltischen Islam, wobei auch sie keine Antwort findet auf die Frage, was junge Frauen einer modernen Gesellschaft zu einer Gruppe führt, in der sie nur eine Rolle als Ehefrau und Mutter haben, deren Wort nicht so viel gilt wie das eines Mannes und die völlig der Kontrolle erst ihrer männlichen Verwandten und dann ihres Ehemanns untersteht. Auch die Konfliktzone Schule, wo im Klassenzimmer und auf dem Schulhof gerade in Stadtteilen mit einem großen Anteil muslimischer Schüler Welten zusammenprallen, werden ausführlich erläutert. Nachdrücklich warnt die Autorin vor radikalen Agitatoren, die etwa bei enttäuschten und desillusionierten Flüchtlingen leichtes Spiel hätten, wenn die rosigen Versprechungen von Schleusern nicht einträfen und die schwierige Anfangsphase in einer neuen Gesellschaft zu Frustrationen führe. Scharf kritisiert Schröter Untätigkeit und Verharmlosung in Verwaltungen, Kommunen und Schulen - ob es um regligiöses Mobbing, antisemitische Vorfälle oder Versuche einer Aufhebung von Koedukation geht., Es müsse schneller als bisher reagiert werden, fordert Schröter. Dies gelte ganz besonders, wenn im Rahmen falsch verstandener Toleranz Zwangsehen oder Gewalt gegen Frauen im Namen der Religion mit Verständnis begegnet werde: "Frauen haben in Deutschland lange und ausdauernd für ihre Rechte gekämpft und vieles erst vor wenigen Jahren durchgesetzt", schreibt Schröter. "Rückschritte in Namen einer falschen Toleranz darf es nicht geben." "Politischer Islam" verschafft einen guten Überblick über die Ursprünge des Islamismus und die mit ihm verbundenen Problemfelder in der Gegenwart.

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