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Rezension zu
Kill Your Friends

Ein Abstieg in die Abgründe eines entfesselten, hypermaskulinen Bewusstseins.

Von: Bücherphilosophin
17.04.2015

“Kill your friends” ist kein Roman für schwache Mägen, sondern ein Abstieg in die Abgründe eines entfesselten, hypermaskulinen Bewusstseins und somit oft auch ein Heidenspaß. Niven schreibt so wie ihm die Tippfinger gewachsen sind und als Leser merkt man förmlich, dass er es genießt literarisch über die Stränge zu schlagen und die krassesten Szenen und Plotwendungen zu komponieren. Der Roman liest sich so, als lache sich der Autor permanent ins Fäustchen und dieses schelmische Grinsen ist irgendwie ansteckend. So ansteckend sogar, dass man als Leser geneigt ist über kleine Unzulänglichkeiten hinweg zu sehen und sich nach einer Weile auch nicht mehr ständig über Hauptfigur Steven Stelfox aufregt, sondern sich einfach nur berieseln lässt. Trotzdem ist Steven Stelfox wohl der unsympathischste Erzähler, der mir je über den Weg gelaufen ist. Erst versuchte ich noch ihn zu mögen, hatte darauf gehofft, dass etwas in ihm steckt, abgesehen von unerbittlichem Zynismus. Doch da wurde ich enttäuscht, denn schnell wird klar – Steven Stelfox versucht gar nicht erst ernsthafte Künstler unter Vertrag zu nehmen, statt dessen versucht er aus Scheiße Gold zu machen und was das tollste daran ist, das gelingt ihm sogar manchmal. Letztlich hieß es für mich, lehn dich zurück und genieße diese Achterbahnfahrt. Denn einen Erzähler, der so außer Kontrolle gerät wirst du sonst wohl nur in Bret Easton Ellis “American Psycho” finden – ein Buch, das übrigens ebenfalls auf meiner Leseliste steht ;) Abgesehen von dem Horrortrip, der Stelfox Karriere in der A&R Branche ist, erfährt man als Leser auch einige interessante Dinge über die Musikindustrie, die man als Musikliebhaber ja gerne mal etwas romantisiert. John Niven packt sein Insiderwissen aus und übertreibt dabei sicher ein bisschen, aber ganz sicher nicht so sehr, wie man zunächst denkt. All die gecasteten Hupfdohlen ohne Singstimme und die Art und Weise auf die Stelfox das Publikum zu manipulieren versucht, um maximale Gewinne einzufahren – es ist überzeichnet dargestellt, verdreht und verzerrt durch Stelfox ewig geilen, zugekoksten Blick. Doch irgendwie kann ich nicht anders, als John Niven zu glauben, denn als ehemaliger A&R Manager (der angeblich Coldplay abgelehnt haben soll) weiß er sicher wovon er schreibt. Das was John Nivens Romane für mich auszeichnet ist sein trockener Humor, der in jeder Szene, jedem Dialogfetzen mitschwingt. Es scheint so als mache er sich innerhalb der Welt des Romans über den Roman selbst lustig und als Leser genieße ich diese Dimension sehr. Denn wenn sie nicht wäre, dann wäre “Kill your friends” lediglich “Rohypnol” von Andrew Hutchinson mit Musik – nichts als ein Schockroman ohne ernsthaftes Anliegen. Natürlich ist auch John Niven nicht gerade ritterlich in seinen Absichten, aber er liefert doch immer wieder ein paar echte Einblicke in die Marketinghölle Musikindustrie, in der Verkleidung seiner Hauptfigur zwar, aber die Kritik an der Sache, an den Methoden und der Tatsache, dass es Berufsfelder gibt in denen es die miesesten Typen nach ganz oben schaffen, scheint trotzdem durch und wirkt dabei durchaus authentisch. “Kill your friends” ist kein Roman für zartbesaitete, noch ist er die richtige Wahl für Leser, die sich nur kurz oberflächlich amüsieren wollen. Die Geschichte des Steven Stelfox verlangt ein großes Maß an Ironieverständnis, ein Interesse an der Sache ( in diesem Fall der Musikindustrie) und die Bereitschaft einen Antihelden so zu nehmen, wie er ist – sexistisch, drogensüchtig, karrieregeil, mordlustig, etc. Dann wird man als Leser von “Killy our friends” auf seine Kosten kommen und dabei sogar großen Spaß haben. Um dies nun nochmal auf mich zu beziehen – Ja, ab und zu wollte ich Steven Stelfox den Hals umdrehen und John Niven gleich mit, aber letztlich konnte ich das Buch dann doch nicht aus der Hand legen. Denn “Kill your friends” hat definitiv Suchtpotenzial und ist somit meiner Meinung nach John Nivens bisher bester Roman – keine Frage.

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