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Rezension zu
Denn es will Abend werden

eine posttraumatische Geschichte

Von: Brunzema, ULjana aus Bonn
21.08.2019

Anna Enquist "Denn es will Abend werden" Anna Enquist, die niederländische feinsinnige Autorin, die schon über 30 Bücher geschrieben hat, legt mit dem Roman "Denn es will Abend werden" ein neues sehr berührendes Buch vor. Es wird besonders die Leser ansprechen, die schon Enquists vorausgegangenes Buch "Das Streichquartett" gelesen und geschätzt haben, es ist aber auch eigenständig, ohne Vorkenntnis der letzten Geschichte, ein faszinierendes nachdenklich machendes Leseerlebnis. Die Geschichte des Streichquartetts, zweier musizierender Ehepaare, die sich regelmäßig auf einem Hausboot in Amsterdam getroffen hatten, wird hier weitererzählt. Es geht um das Beziehungsgewebe der vier Personen zueinander, posttraumatisch, nach einem Unfall, einer Geiselnahme, nach einer Explosion auf dem Hausboot. Die Instrumente sind zerstört worden, die Seelen der Musiker lädiert, dass eine der Protagonisten, Carolien, ihren kleinen Finger dabei verloren hat, ist nur ein Pars pro Toto. Jeder der vier entwickelt seine eigene Überlebens- und Verarbeitungsstrategie. Carolien gibt ihren Arztberuf auf, ihr Partner entwickelt Zwänge, was Sicherheit und Abschließen betrifft. Helen verausgabt sich plötzlich im Fitnessstudio und Hugo geht weit weg nach China, versucht zu vergessen und neue Horizonte zu finden. Alle vier bleiben wage im Kontakt und versuchen Nähe und Distanz auszuloten, ihre lange intime musikalische Freundschaft, die nunmehr belastet ist durch die gemeinsam erlebten Verletzungen. Eine große Trauer lastet über dieser Gegenwart und Anna Enquist erzählt unprätentiös, mit Ruhe, bodenständig, gelassen und einfach reif, am Leben gereift. Doch ein kleiner Licht- und Hoffnungsstreif leuchtet am Horizont: "Der Sehnsucht Zeit zum Wachsen lassen, das war es". Dies ist sicher einer der Schlüsselsätze des Romans. Und die Wege dieser Sehnsucht sind so unterschiedlich wie die Menschen, die hier unterwegs sind. Paradigmatisch und sehr bildlich die Szene, wo Carolien nach China fliegt, hoch in der Luft, und realisiert wie sie sich zwischen zwei Welten und zwischen zwei Leben befindet. Am Ende finden sich alle Protagonisten bei der Gerichtsverhandlung wieder, wo es um die Bestrafung des Täters und vor allem geht, wie man den Grad der Verletzung der Beteiligten quantitativ fassen kann. Man kann es nicht. Und der größte Verlust ist der Verlust des Vertrauens aller. Und so ist das Ende der Geschichte unglaublich tröstlich, wie ein feiner Diamant, voller Zartheit und Einfachheit. Mehr soll hier nicht verraten werden. Eine reife, unaufgeregte, feinsinnige Geschichte für lebenserfahrene Leser, die die feine Mischung aus Psychologie (der Psychoanalytikerin Anna Enquist) und der Muße einer Musikerin (der Konzertpianistin Anna Enquist) zu schätzen wissen.

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