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Rezension zu
Der erste Stein

Schwule Kirche?

Von: Sarah
23.07.2019

Katholische Kirche und Homosexualität passt nicht zusammen? Stimmt! Dass es diese Kombination aber dennoch gibt, sollte jedem, der nicht unter einem Stein lebt, klar sein. Vor allem da das selbstauferlegte Zölibat gut ein mögliches Outing kaschiert. Krzysztof Charamsa erzählt in seinem Buch "Der erste Stein" wie es ist ein schwuler Priester zu sein. Und schon auf den ersten Seiten wird klar wie menschenverachtend und weltfremd die katholische Kirche immernoch ist, wenn die These aufgegriffen wird, dass ein abwesender Vater und eine überfürsorgliche Mutter dazu führen, dass Männer verweichlichen, unmännlich und somit schwul, abnormal, sündig werden. (Unter uns liebe katholische Kirche: Viele Schwule die ich kenne sind ganz und gar nicht unmännlich, es geht bei Homosexualität gerade darum, dass Männer andere männliche Männer lieben 🤷‍♂️) Der Autor stellt auch ganz klar heraus, dass er von Geburt an homosexuell ist und es keine Prägung von Außen gab. Die Prägung die er hingegen erfahren hat, war die bezüglich seines Glaubens, welcher ihm anerzogen wurde, im konservativen Polen, vom strenggläubigen Eltern. Der ganze Anfang des Buches ist eigentlich nur die Biografie von Herrn Charamsa und irgendwie auch eine Rechtfertigung, warum er zur Kirche ging. Es klingt wie eine Entschuldigung: "Seht her, es war doch naheliegend Priester zu werden, aber Glaube ist cool, nur die Institution Kirche nicht". Auch ist das Buch durchzogen von Nationalstolz, Charamsa ist stolz auf Polen und den Papst den dieses Land hervorbrachte, ohne es auch nur kurz zu hinterfragen, denn alles schlechte was in Polen passiert, hat die Institution Kirche verschuldet. Leider ziemlich kurzsichtig. Eine Institution die laut Charamsa durchzogen wird von Homophobie, Misogynie und Intrigen. Nichts was mich beim Lesen überrascht hat, aber es wundert mich wie man freiwillig Teil dieser Institution werden kann, alles wofür sie steht verteufelt und trotzdem behaupten kann, sie hätte immer noch eine wichtige Rolle für die Gesellschaft? Anfangs bekommt man noch Mitleid mit dem Autor. Doch im Laufe des Buches fragte ich mich immer mehr, wie jemand der so viel Schuld auf die Kirche umwälzt auch nur einen Moment für diese arbeiten konnte? Das Buch ist auch noch eine schreckliche aneinander Reihung von haltlosen Klischees: Schwule sind sensibel, unsportlich, kunstaffin etc. Wenn man ein Buch gegen Diskriminierung schreibt, sollte man ein wenig mehr Toleranz erwarten können und nicht selbst in Schubladen denken und Schwule so als schwächliche Witzfiguren dastehen lassen. Schwule Priester sind im übrigen, laut eigener Aussage des Autors, auch die besseren Geistlichen, was für mich als Leser schon sehr von Selbstüberschätzung geprägt rüberkommt und der Autor schätzt zudem auch, dass mindestens 50% der Geistlichen homosexuell sind. Gewagte Zahl und These, meiner Meinung nach. Widersprüchlich reagiert Charamsa, indem er sagt die Menschen wären ohne die Kirche glücklicher, selbst aber nie ganz der Kirche abschwören konnte. Natürlich sind Glaube und Kirche getrennt zu betrachten. So langsam muss ich zum Fazit über dieses Buch kommen. Dass die katholische Kirche Homosexualität als Krankheit ansieht, voller Widersprüche, Misogynie, Heuchelei, Doppelmoral und Intrigen ist und der Gesellschaft mittlerweile mehr schadet als nutzt, sollte auch ohne dieses Buch bekannt sein, wer jedoch Zweifel daran hat, sollte das Buch mal lesen. Vom Stil her ist es eine Berichterstattung über das Leben im Vatikan, nichts literarisch anspruchsvolles, ich musste kämpfen da es Stellenweise schon arg langweilig war. Ob alles glaubwürdig ist? Wer weiß das schon? Ein wenig persönlicher Groll des Autors, der so von seiner Kirche enttäuscht wurde, steckt bestimmt auch in dem Buch, was man glauben kann und sollte, muss der Leser/die Leserin für sich entscheiden. Manche Einblicke fand ich ganz Interessant und wer sich für die Thematik, die Kirche und den Klerus interessiert, sollte das Buch auf seine Wunschliste setzen.

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