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Rezension zu
Cherry

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein ungeschönter Blick oder Schreiben als Therapie

Von: Elke Heid-Paulus
28.04.2019

„Cherry“ speist sich aus der Biografie des Autors. Allerdings bleibt es dessen Geheimnis, inwieweit die geschilderten Episoden seinen eigenen Erlebnissen entsprechen. Aber man darf davon ausgehen davon, dass er den Großteil dessen, was er schildert, genau so erlebt hat. Aufgewachsen in einer amerikanischen Mittelklasse-Familie, kommt Nico Walker bereits als Jugendlicher mit Drogen in Kontakt. College in Cleveland, Abbruch, danach Army. Knapp zwanzigjährig wird er in den Irak geschickt, heiratet vor der Abreise seine Freundin und leistet seinen Militärdienst an der Front bei über 250 Einsätzen in einem Sanitätskorps ab, wofür er zahlreiche Auszeichnungen erhält. Diese Zeit geht nicht spurlos an ihm vorüber. Opiode und Drogen betäuben. Nach seiner Rückkehr findet er sich im Alltag nicht mehr zurecht, kämpft mit posttraumatischen Belastungsstörungen. Heroin hilft, und so wird er abhängig. Die Sucht will finanziert werden, also beschafft er sich das Geld durch Banküberfälle, wobei die erbeuteten Summen überschaubar sind. Er wird geschnappt und zu elf Jahren Haft verurteilt. Seine Entlassung steht für November 2020 an. „Cherry“, Army-Slang für Frischlinge, ist sicherlich keine große Literatur, sondern eher der Versuch des Autors, Erlebtes mittels Schreiben zu verarbeiten. Eigentherapie, sozusagen. Obwohl die Sprache simpel ist, gewinnt das Buch spätestens dann an Tiefe, wenn Walker seine Erlebnisse im Irak-Krieg schildert. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass er nach der Rückkehr in die Heimat von Erinnerungen heimgesucht wird, die sich in PTBS manifestieren. Und hier zeigt sich dem Leser auch ein ungeschönter Blick auf ein Amerika, das seinen Veteranen nichts, aber auch gar nichts zu bieten hat und sie mit ihren Problemen, ganz gleich, ob gesundheitlicher oder finanzieller Natur, allein lässt. Die medizinische Betreuung erschöpft sich im Verschreiben von Medikamenten, die Abhängigkeit generieren. Und zu der Opiod-Krise geführt haben, die mittlerweile die gesamten Vereinigten Staaten überzieht. Der Roman ist authentisch. Geschrieben von einem, der das Grauen er- und überlebt hat und glücklicherweise geschnappt wurde. Wer weiß, ob er sonst noch leben würde. Positiv vermerken muss man die Tatsache, dass Walker sich nicht in Selbstmitleid suhlt, sondern seine „Karriere“ mittlerweile aus der Distanz sieht und beschreibt. Bleibt zu hoffen, dass er auch nach seiner Entlassung einen großen Bogen um Drogen machen wird. Die Filmrechte sind mittlerweile verkauft, für die Hauptrolle ist der englische Schauspieler Tom Holland im Gespräch.

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