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Rezension zu
Abgeschminkt

Nur nicht aufgeben ...

Von: Thomas Lawall
25.02.2019

Erst als ich das Buch aufschlug, ergab sich die zweifellos etwas verspätete Frage, weshalb ich dieses Buch eigentlich lesen will. Wenn mir dereinst bei eher versehentlichen Besuchen eines bestimmten Fernsehsenders "Cindy aus Marzahn" begegnete, wechselte ich ebenso naserümpfend wie umgehend das Programm. Weshalb also? Die Neugier, mich auf unbekanntem Terrain lesenderweise zu bewegen, trieb mich aber, wie so oft, an und siehe da, die Lektüre konnte umgehend "zünden". Da erzählt jemand aus seinem Leben und beginnt sofort, vor der eigenen Tür zu kehren. Das macht neugierig. Lesen soll ja klüger machen, erzählt man sich. Jedes einzelne Buch auf diesem Planeten soll gewissermaßen brauchbar sein. Und wenn nicht, gäbe es mindestens eine einzige Formulierung, von der man etwas lernen könnte, behaupten kluge Menschen. Stimmt, und in diesem Sinne hat "Abgeschminkt" einiges zu bieten, denn hier gibt es viele solcher Zeilen. Sehr viele sogar. Insofern geht Ilka Bessin weit über den eigentlichen Themenbereich einer Autobiografie hinaus. Mit "Botschaften" ist das ja immer so eine Sache. Wenn diese aber derart bodenständig rüberkommen, können sie gar etwas bewirken. Zum Beispiel die Erkenntnis, dass nicht immer Eltern und das gesamte Umfeld das eigene Elend begründen. Sie fördern es zwar, aber eine positive, selbstkritische Einstellung und Distanz können die Dinge ins Gegenteil umkehren und nutzbar machen. Was zu beweisen war ... Wer also einmal hinter die Kulissen des "Erfolgs" blicken möchte, und in diesem Fall nicht den gleichen Klamauk erwartet, den Cindy damals im unsäglichen Unterhaltungssektor sowie den Randgebieten und Reservaten für humoristische Sozialhilfeempfänger/innen geboten hat, wird hier nicht nur überraschend gut unterhalten, sondern erfährt viel von der Frau hinter der damaligen Maske. Fähigkeiten und Talente ebenso wie all ihre Fehler und Unzulänglichkeiten werden gnadenlos unterstrichen. Höchst interessant und sehr spannend sind hierbei Entwicklung und kleine Ereignisse, die sich als Bausteine für die spätere Karriere erkennen und verwenden lassen. Vermeintliche Kleinigkeiten, Episoden aus ihrem Leben, die sich in ihrer Ausbildung zur Köchin und Hotelfachfrau, der Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff, der sechzehnjährigen Arbeit als Kellnerin und der sich anschließenden Arbeitslosigkeit ergeben haben, welche sehr schmerzlich waren und doch wichtig für die weitere Entwicklung. Auch die negativen Folgen des Erfolgs spart sie nicht aus. Man kann sich plötzlich Dinge erlauben, an die man früher nicht im Traum dachte oder jene dekadenten Verhaltensmuster allenfalls zickigen Superstars zuordnete. Doch nicht nur deshalb war mir Cindy aus Marzahn damals auf Anhieb unsympathisch. Nach der Lektüre von "Abgeschminkt" hat sich dies allerdings nachhaltig ins Gegenteil gewandelt. Und übrigens: Nett (auf)geschrieben, Sabine Jürgens. Ja klar, wer schreibt seine Bio heute noch selbst? Andererseits ist es völlig unerheblich, wer beispielsweise die flotte Idee hatte, das Buch mit einer Danksagung zu beginnen. Man muss bei "Abgeschminkt" eh in der Lage sein, mit unkonventionellem Denken und den damit verbundenen, ständigen Überraschungen klarzukommen. Wie dem auch sei: Ganz hervorragende Haltungsnoten für die "kleine dicke Nervensäge". Und das letzte Wort gehört Ilka Bessin: "Nur wer aufgibt, hat verloren."

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