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Rezension zu
Die Phileasson-Saga - Silberflamme

Spannender Wettlauf gegen die Zeit

Von: Nerd-Gedanken
13.02.2019

Nur einer kann den prestigeträchtigen Titel »König der Meere« erringen – entweder Asleif Phileasson oder Beorn Asgrimmson, genannt der Blender. Beide sind vor einiger Zeit zu einem legendären Wettstreit aufgebrochen, der sie quer durch Aventurien führt, um schneller als der andere die für den Sieg nötigen Rätsel zu lösen. Begleitet werden sie jeweils von ihren bunt zusammengewürfelten Ottajaskos aus Thorwalern, Geweihten, Glücksrittern und Abenteurern, welche genug Wissen und Können mitbringen, um sich jeder Gefahr stellen zu können. Doch Beorn der Blender hat einen unfairen Vorteil, wird er doch von der überaus mächtigen Elfe Pardona begleitet, die als Traviageweihte getarnt so manches Problem für ihn löst, dem sich Phileasson nur mit Verstand und Glück stellen kann. Nachdem sie aus dem Himmelsturm geflüchtet sind, kommen die beiden so unterschiedlichen Reisegruppen auf die Spur des nächsten mächtigen Artefakts, der Silberflamme, einem heiligen Schwert der Elfengöttin Orima. Dieses wurde den Wüstenelfen vor vielen Jahren von einem kaiserlichen Krieger geraubt und ging im Sog der Geschichte genau wie die Spur des Kriegers verloren. Zu dieser schwierigen Aufgabe gesellen sich jedoch noch Verrat und gärende Konflikte unter den Reisenden, die gerade Phileasson so einige Steine in den Weg legen. Und am Ende kann nur einer der beiden Wettstreiter das legendäre Artefakt und damit den Etappensieg erringen ... Der vierte Teil der »Phileasson-Saga« der deutschen Phantastik-Autoren Bernhard Hennen und Robert Corvus setzt die wilde Jagd zweier außergewöhnlicher Männer nach ewigem Ruhm fort und verlangt beiden harte Opfer ab. Die Erzählperspektive wechselt von Kapitel zu Kapitel zwischen einem genaueren Blick auf die Anführer oder deren Gefährten, wobei gerade jene Mitreisende bevorzugt scheinen, die einen Konflikt mit sich herum tragen oder deren Blickwinkel besonders interessant scheint. Vom um seine verlorene Liebe trauernden Praiosgeweihten über eine nivesische Wolfswandlerin hin zur Dämonen-Paktiererin und einer aufrechten thorwalschen Kriegerin ist alles mit dabei. Es wird dabei nie langweilig, die Gedankenwelt der jeweils handelnden Person zu erkunden, da sie sehr unterschiedliche Zielsetzungen und Wünsche haben. Das erlaubt auch einen tieferen Einblick in die Welt an sich, da es Hennen und Corvus gelingt, eine düstere, aber sehr lebendige Version von Aventurien zu entwerfen. Die aus dem Rollenspiel »Das schwarze Auge« bekannte Welt erhält von den beiden Autoren eine gute Portion bitteren Realismus verpasst: Lügen, Betrug und sonstige unfaire Mittel sind durchaus Teil des Wettkampfs, die gerade aus älteren Publikationen eher schwarz/weiß gezeichnete Welt beherbergt in Hennens und Corvus‘ Variante sehr viele Grautöne und Schatten. Eine der Gefährtinnen Phileassons wurde sogar in ihrer Jugend mehrfach von einer Gruppe Gleichaltriger vergewaltigt und sucht seitdem bittere Rache für dieses Erlebnis, ohne dass sie von den Autoren in eine Dauer-Opferrolle gezwängt wird. Stattdessen konzentrieren sich Hennen und Corvus auf den Zwiespalt in der Jung-Paktiererin, der durch ihren übermächtigen Rachedurst, aber auch den Wunsch nach Nähe zu ihrem Geliebten entsteht. Besonders interessant fand ich, wie der Praiosgeweihte mit seinen Gefährten umgeht. Oft verkommen gerade Diener des Gerechtigkeitsgotts zu nervtötenden Dauerbesserwissern und Regelaufstellern im Rollenspiel, die naturgemäß andauernd mit Magiewirkern aneinander geraten. Praioslob hingegen formuliert zwar gedanklich eine gewisse Skepsis und wenig Freude, wenn er mit Magiewirkern zu tun hat, stürzt sich aber mit diesen nicht in Diskussionen, da ihm bewusst ist, dass auch deren Fähigkeiten für die Reisegruppe von Nutzen sind und zum gemeinsamen Erfolg beitragen. So stellt er die Ziele der Gruppe vor seine eigenen Überzeugungen, ohne sich zu verbiegen oder seinen Gott zu verleugnen. Stattdessen bekommt ihr als Leser eine interessante Darstellung der Wirkung von göttlichen Mirakeln und Gebeten, die in ihrer schlichten Schönheit weitaus mehr beeindrucken als auffälliges Effektgewitter. "Silberflamme" beweist in vielen Randnotizen, dass auch Traviageweihte keineswegs langweilig sein müssen, diese im Rollenspiel oft nur klischeehaft und engstirnig dargestellten Diener der Göttin von Heim und Herd beweisen gerade auf langen Reisen, wie wichtig ein Gefühl von 'zuhause' fern der Heimat ist. Die Autoren widmen den magischen wie göttlichen Aspekten der Welt viel Liebe, Zauber werden detailreich beschrieben, selbst Zauberpannen erfahren in humorigen Beschreibungen eine gewisse Würdigung. Gerade Rollenspiel-Anfänger können durch die Beschreibungen so einige Anregungen für eigene Charaktere mitnehmen, wenn bildhafte Sprache am Spieltisch anstelle von purem Würfeln gefragt ist. Gute sechzig Seiten widmen die beiden Autoren der Einführung von Selflanatil, der Seelenflamme, und jener Geschichte, die der Entführung der Waffe zugrunde liegt. Hier hätte ich auch mehr als sechzig Seiten gelesen, da gerade die Beschreibung der Lebensrealität und des Blickwinkels der Shiannafeya, der Wüstenelfen, auf die restliche Welt sehr interessant dargestellt wurden. Die sich auf ganzen 650 Seiten entfaltende Geschichte hat zwar einige Längen, unterhält durch die häufigen Perspektivwechsel aber sehr gut. Auch die Beschreibung der bereisten Gebiete lässt diese gut vor dem geistigen Auge entstehen und bietet genügend Details, um sich an das Totenmoor sowie Städte wie Vallusa oder das vom Ogersturm verheerte Ysilia längerfristig zu erinnern. Für mehr Überblick bietet das Taschenbuch in der Klappbroschur eine Aventurien-Karte, anhand derer ihr die Reiserouten der beiden Gruppe nachvollziehen könnt, daneben gibt es im Anhang ein Personenverzeichnis. Diese ist für Leser, die erst mit diesem Band einsteigen, besonders wichtig, da sie eine eine Weile brauchen dürften, um sich an die Vielzahl der mitreisenden Ottajasko-Mitglieder zu gewöhnen. Sowohl Phileasson als auch Beorn der Blender reisen mit Gruppen um die zwanzig Personen, die alle sehr unterschiedliche Hintergründe mitbringen. Einige Male hatte ich angesichts der Gruppenzusammenstellung den Eindruck, die Autoren hätten sich an der Vielfältigkeit von realen Rollenspielgruppen orientiert, als es darum ging, die Ottajasko-Mitglieder zu entwerfen. Ein Nachteil ist das jedoch nicht, da auch Figuren, die nicht so häufig im Zentrum des Geschehens stehen, gut umrissen und eindeutig charakterisiert werden, jede Persönlichkeit ist wiedererkennbar. Nicht alle handelnden Personen sind sympathische Kumpelfiguren oder wollen es sein. Sehr gut gelöst ist, dass es in jeder Ottajasko Mitreisende gibt, die einem durch ihr Tun langsam ans Herz wachsen können, selbst wenn man sie zu Anfang eher skeptisch betrachtet hat. Trotz aller Feindschaft zwischen Phileasson und Beorn wird Letzterer nicht als blindwütiger Allestöter beschrieben, sondern erhält durch seine Sorge um die Gefährten wie auch Zweifel und die Beeinflussung durch Pardona eine tiefgreifende Persönlichkeit. Wenn ihr daran gewöhnt seid, Aventurien vor allem als Kulisse für eigene Abenteuer zu sehen, lohnt sich ein Blick in die »Phileasson-Saga« auf jeden Fall, da es den Autoren gelingt, diese so tiefgreifend ausgearbeitete Rollenspielwelt ganz selbstverständlich und vielfältig zu präsentieren. DSA-Neulinge könnten aber von der Fülle an Details erschlagen werden, ebenso ist der große Cast gewöhnungsbedürftig. Fans epischer Geschichten kommen bei dieser Episode des in zwei Hauptsträngen erzählten Abenteuers aber auf jeden Fall auf ihre Kosten. Fazit: Für DSA-Fans absolut lesenswert, alle anderen erhalten eine abwechslungsreiche Abenteuergeschichte mit einigen Längen. Acht von zehn möglichen Punkten.

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