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Rezension zu
München

Ein hübsch ausgeschmücktes Sachbuch, aber sicher kein Polit-Thriller

Von: Krimisofa.com aus Wien
23.01.2019

Robert Harris steht für umfassendes historisches Wissen, egal ob es um das antike Rom unter Cicero geht, oder um Hitler, bei jedem von Harris Bücher hat man das Gefühl, dass Harris wirklich Ahnung hat. Es ist nicht nur ein Gefühl, der ehemalige Cambridge-Student hat Literatur studiert und danach bei der BBC und etlichen namhaften britischen Zeitungen gearbeitet. Sein erster Thriller war „Vaterland“ - und eben jenes Buch war auch mein erstes von ihm, das ich gelesen habe. Damals war er noch fiktiv unterwegs, denn das Buch beschreibt ein Deutschland im Jahr 1964 – ein Deutschland, das den Zweiten Weltkrieg gewonnen hat. „München“ spielt etliche Jahre davor und beschreibt die Geschichte des Münchner Abkommens. Es gibt in „München“ etliche Auftritte von historischen Persönlichkeiten – Hitler zum Beispiel. Ein Mensch mit bleichem Gesicht, der ständig nach Schweiß riecht und dem man die Texte auf einer speziellen Schreibmaschine, die größere Buchstaben schreibt, schreiben muss, damit er sie leichter lesen kann. Oder der britische Premierminister Neville Chamberlain, ein sturer und gleichzeitig komplett uncharismatischer Mensch, der mich im Buch mit seiner Beschwichtigungspolitik und seinem „Herr Hitler" (ich hab noch nie jemanden gesehen, der dem „Hitler" ein „Herr" vorangestellt hat) fast wahnsinnig gemacht hat. Oder Benito Mussolini, Ernst von Weizäcker, Joachim von Ribbentrop, und etliche mehr. Eigentlich stehen die fiktiven Charaktere gefühlt klar in der Minderheit. Robert Harris zeichnet die Geschichte rund um die Ausfertigung und Unterzeichnung des Münchner Pakts 1938, wo es um den Einmarsch Hitler-Deutschlands in die Tschechoslowakei geht, genauer um die Eroberung des Sudetenlandes. Und wir dürfen dies anhand zweier (fiktiver) Charaktere miterleben: Einerseits anhand des Privatsekretärs des britischen Premierministers Chamberlains, Hugh Legat, und andererseits an Paul von Hartmann, Beamter im deutschen Außenministeriums. Die zwei kennen sich, haben zwei Jahre gemeinsam studiert. Nun treffen sie nach sechs Jahren wieder aufeinander und wollen etwas Schwung in die Verhandlungen bringen, denn von Hartmann ist, obwohl er in der NSDAP ist, keineswegs ein Fanatiker von Hitler – das genaue Gegenteil ist der Fall. Generell erfahren wir über Paul von Hartmann aber ziemlich wenig. Von Legat ist es dann doch etwas mehr, wenngleich sich Harris auch bei ihm nicht gerade verausgabt. Ich mag Harris' Art, wie er uns Geschichte näherbringt, es macht Spaß und ist auch noch lehrreich. Ich hätte Harris gerne als Geschichtslehrer gehabt, das merkte ich bereits bei „Intrige“, wenngleich man dessen Handlung auch auf Wikipedia nachlesen könnte. Bei „München“ gelingt ihm dann doch etwas, was mich fasziniert hat: Er zieht den Leser mit seinen ausführlichen Beschreibungen nicht nur zurück ins Jahr 1939, der dadurch nicht nur das Gefühl bekommt, live dabei zu sein - Harris gewährt dem Leser auch einen Blick hinter die Kulissen der Politik, er gewährt uns Einblick in die Verhandlungsräume der ganz großen Politik. Und das macht Spaß. Wenngleich… ...man bekommt nicht alles mit, bei Weitem nicht. Bis wir nach München an den Verhandlungstisch kommen, dauert es dazu auch noch seine gut 200 Seiten. Dazu kommt, dass das Buch zwar interessant ist, aber weit weg von einem Thriller – denn Spannung sucht man lange und findet sie doch nicht. Manchmal denkt man sich „Jetzt, JETZT passiert etwas Wichtiges, da kommt jetzt der Plot-Twist!“ - nope, Sir. Das ist immens schade, denn Harris baut sich mehrmals eine Rampe für den großen Höhepunkt, sprengt sie aber im selben Atemzug wieder in die Luft.

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