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Rezension zu
Weißer Tod

Interessanter Fall, ermüdende Beziehungen

Von: Mikka Gottstein
22.01.2019

Der vierte Band der Reihe beginnt nicht mit einem Mordfall, sondern wartet stattdessen mit emotionalen Irrungen und Wirrungen auf. Der Fokus liegt nicht nur in den ersten Kapiteln deutlich auf dem Privatleben der Ermittler: Robin hätte ihren Verlobten Matthew wohl besser abgeschossen, statt ihn zu heiraten, derweil verstrickt Strike sich in eine Beziehung mit Lorelei, die ihm über das Körperliche hinaus wenig gibt. Beide gestehen sich selber nicht ein, dass zwischen ihnen noch ganz andere Gefühle im Spiel sind als nur kollegiale Freundschaft. Es gibt genug Drama für eine Vorabendserie auf RTL: Unglückliche Beziehungen. Partner, die sich gegenseitig nicht mehr ausstehen können. Menschen, die einfach mal miteinander reden sollten, statt sich immer wieder an den immer gleichen Konflikten aufzureiben. Matthew hier, Lorelei da, dann funkt auch noch Sarah dazwischen, mit der Matthew Robin einmal (zweimal, dreimal?) betrogen hat, selbst Strikes Ex Charlotte – oh Gott, ich dachte, wir wären sie los! – taucht noch mal aus der Versenkung auf… Irgendwann nervt das. Immer, wenn Matthew, Lorelei, Sarah oder Charlotte auftauchen, geht der Spannungsbogen erstmal in den Sinkflug und ich habe händeringend darauf gewartet, dass der Fall wieder an Fahrt aufnimmt. Für mich widerspricht das Verhalten von Robin und Strike auch ihrer bisherigen Charakterisierung, sie fallen meines Erachtens oft gänzlich aus der Rolle. Das Buch könnte in der Hinsicht eine drastische Straffung vertragen – weniger Drama, mehr Ermittlung. Nachdem ich mir das jetzt von der Seele geredet habe: ich mochte das Buch trotzdem. Ja, wirklich. Der Fall an sich ist nämlich durchaus sehr interessant – komplex, schlüssig konstruiert, mit gut geschriebenen unerwarteten Wendungen, spannend. Wenn das Buch in Fahrt kommt, dann ist es grandios. Es fängt mit dem verstörten jungen Billy an, der Strike aufsucht, weil er glaubt, als Kind einen Mord beobachtet zu haben, dann aber in Panik die Flucht ergreift. Bevor Strike sich versieht, wird er darüber hinaus von einem unerfreulichen Minister beauftragt, der erpresst wird, und bekommt es mit dessen kaputter Familie zu tun. Auch Billys Bruder Jimmy, der mehr ist als nur ein Olympia-Protestler, spielt eine wichtige Rolle. (Im Buch ist es noch 2012, und die olympischen Sommerspiele sorgen in London nicht nur für Begeisterung.) Und Robin, die inzwischen eine vollwertige Partnerin ist, muss Undercover ins House of Parliament gehen. Strike ist inzwischen so berühmt, dass er für unauffällige Ermittlungen nicht mehr der richtige Mann ist, und Robin ist keineswegs böse um die aufregenden Aufträge. Hier verbinden sich viele Handlungsstränge zu einem Gesamtbild, das Sinn ergibt und dennoch nicht vorhersehbar ist. Der tatsächliche Grund für die Erpressung des Ministers und die Aufklärung, was Billy als Kind gesehen hat und warum es geschehen ist, haben mich vollkommen überrascht – was bei einem Krimi auf jeden Fall ein Pluspunkt ist. Und Strike und Robin sind immer noch großartige Charaktere. Auch wenn ich sie manchmal anschreien wollte, sind sie dennoch glaubhaft und vielschichtig, und man kann trotz ihrer Fehler gut mit ihnen mitfühlen. Einige der Nebencharaktere sind ebenfalls sehr gut geschrieben – nur diejenigen, die anscheinend ausschließlich existieren, um Beziehungsdrama in die Geschichte zu bringen, konnten mich nicht überzeugen. Der Schreibstil ist für einen Krimi recht anspruchsvoll. Im englischen Original enthält der Text tatsächlich einige Wörter, die ich noch nicht kannte oder zumindest nicht oft lese. In der deutschen Übersetzung ist das Buch deutlich eingängiger zu lesen! Alles wird sehr detailliert und ausführlich beschrieben, wirkt in meinen Augen dabei aber nicht schleppend oder hölzern. Robert Galbraith alias JK Rowling ist gut darin, Atmosphäre aufzubauen – und ganz nebenher feine Sozialstudien der britischen Gesellschaft einzubauen. FAZIT Die Reihe rund um Cormoran Strike und Robin Ellacott geht in die vierte Runde. Ein psychisch kranker Mann glaubt, als Kind einen Mord beobachtet zu haben, ein Minister wird erpresst, die Olympischen Sommerspiele sorgen in London nicht nur für freudige Aufregung… Obwohl mir der Fall an sich sehr gut gefiel, ist “Weißer Tod” für mich der bisher schwächste Band der Reihe. Für meinen Geschmack hat die Geschichte spürbare Längen und es geht zu viel um die problematischen Beziehungen der Protagonisten – dennoch würde ich das Buch im Großen und Ganzen empfehlen, denn es hat ansonsten viel zu bieten. Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Buchblog: https://wordpress.mikkaliest.de/2019/01/22/rezension-robert-galbraith-weisser-tod/

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