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Rezension zu
Verfolgung

"Millenium" Reihe geht weiter - Knastgewalt und medizinische Experimente

Von: Eva Krafczyk
21.01.2019

Mit seinen drei Millenium-Romanen und die punkige Hackerin Lisbeth Salander und den investigativen Journalisten Mikael Blomquist wurde Stieg Larsson nicht nur in seiner schwedischen Heimat Kult-Autor. Mit dem frühen Tod Larssons schien die Millenium-Serie auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs schon vor dem Aus zu stehen - das wollten denn auch die Verleger nicht. David Lagercrantz übernahm das kultige Duo und seine Fälle, in denen es immer auch um Gewalt gegen Frauen, um menschenverachtende Politiker, Unternehmer mit Dreck am Stecken und teils exzentrische Nebencharaktere aus der Hackerszene handelt. Mit "Verfolgung", dem nunmehr fünften Band der Millenium-Serie und dem zweiten von David Lagercrantz, steht für mich fest: Lagercrantz hat es geschafft, sowohl quasi bruchlos das Ruder zu übernehmen und die Charaktere kontinuierlich weiter zu führen, dabei aber auch eigenes geschaffen und muss sich hinter seinem Vorgänger Larsson nicht verstecken. Einige von den früheren Romanen bekannte Erzählstränge wie Lisbeths Kindheit in der Psychiatrie, die Vorgeschichte mit dem brutalen Vater und der misshandelten Mutter, tauchen wieder auf. Gleichzeitig bringt Lagercrantz neue Themen ein, die gleichwohl an den roten Faden der Salander-Romane anknüpfen. Wer sich etwa gefragt hat, was es mit Salanders Drachen-Tattoo auf sich hat, bekommt in "Verfolgung" endlich die Erläuterung. "Verfolgung" beginnt im Frauengefängnis Flodberga, wo Salander eine kurze Haftstrafe absitzen muss. Lisbeth, die auch in Freiheit den Kontakt zu den meisten ihrer Mitmenschen auf das Allernötigste reduziert, lebt auch im Gefängnis ein wenig wie auf ihrer eigenen Insel - so lange sie ihre Bücher studieren und mathematischen Rätseln nachgehen kann, ist eigentlich alles okay. Nur die erzwungene digitale Diät nervt die Hackerin. Doch vollkommen kann sich Salander der Parallelgesellschaft des Knasts nicht entziehen. Teilnahmslos, wie sie erscheint, bekommt sie doch die Machtspiele mit, allen voran die Gewalt, die eine aus Bangladesch stammende junge Frau durch die Gang von Benito, einer psychopatischen Gefangenen auszustehen hat. Da muss die kampfsporterfahrene Lisbeth dann doch einschreiten. Doch eigentlich geht es bei dem Schicksal von Faria Kazi nicht um Machtsspiele im Knast, sondern um Gewalt in der Familie, um ein fatales Verständnis von Ehre, um islamistische Radikalisierung und ein Frauenbild, dass ihr den untersten Platz in der Familienhierarchie zugewiesen hat. In "Verfolgung" geht es aber auch um Lisbeths Vergangenheit. War sie kein Einzelfall eines Kindes, das obskuren medizinischen Experimenten ausgesetzt war? Noch aus dem Gefängnis heraus setzt Lisbeth Blomquist auf einen Finanzanalysten an, hält sich wie üblich mit Erläuterungen zurück. Schon bald zeigt sich, dass es Menschen gibt, die die Geheimnisse der Vergangenheit unter allen Umständen zu bewahren versuchen. So ist auch "Verfolgung" wie seine Vorgänger ein Roman, der Spannung mit Gesellschaftsanalyse verbindet, der Wertvorstellungen hinterfragt und die düsteren Tiefen unter dem Firniss bürgerlicher Rechtschaffenheit sucht. Die Millenium-Reihe entwickelt sich weiter - Trolle, Misinformation und Manipulation bekommen einen neuen Stellenwert und das Ende lässt vermuten: Es wird auch einen sechsten Milleniums-Band geben.

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