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Rezension zu
Die vergessene Burg

Auf der Spur des verschwundenen Vaters

Von: Edith N.
10.01.2019

Kings Langley, Herfordshire, England 1867: Paula Cooper, 32, ist intelligent, kultiviert, sympathisch und durchaus ansehnlich. Aber man hat ihr von klein auf eingebläut, dass sie vom Leben nichts erwarten darf. Als mittellose Halbwaise wird sie es nämlich nicht bekommen. Keinen Mann, keine Kinder, keine Reisen, keinen erfüllenden Beruf. Sie ist dazu bestimmt – oder soll ich sagen: verdammt? — , ein Leben als devote Hausangestellte zu fristen, der nicht einmal so harmlose Vergnügungen zustehen wie ein Besuch von Wohltätigkeitsveranstaltungen der Kirchengemeinde. Seit zwölf Jahren pflegt Paula jetzt Harriet, eine Cousine ihrer Mutter. Die ist allerdings eher hypochondrisch als wirklich krank. Ein kleiner Schwächeanfall zur rechten Zeit, und Harriet steht im Mittelpunkt allen Interesses. Paula Cooper ist aber nicht das sanfte Lämmchen, das man sie darzustellen zwingt. Sie hat eigene Vorstellungen vom Leben. Das zurückgezogene Dasein in Kings Langley langweilt sie. Sie sitzt tagein, tagaus in verdunkelten Räumen am Krankenbett der Tante und verpasst den ganzen Spaß. Unbemerkt von ihrem Umfeld fallen die Tropfen, die das Fass zum Überlaufen bringen werden: Endgültig Schluss mit lustig ist, als Paula mitkriegt, dass Harriet und ihre Mutter einen Brief an sie unterschlagen haben. Sie besteht auf sofortige Herausgabe. Schließlich ist sie eine erwachsene Frau und niemand hat das Recht, ihre Post zu kontrollieren. Der Brief kommt aus Bonn von Rudolph Cooper, dem Bruder ihres Vaters, der seit Jahrzehnten dort lebt. Er schreibt, er sei gesundheitlich stark angeschlagen und wolle Paula noch einmal sehen. Was meint er mit „noch einmal“? Paula hat nie zuvor von Onkel Rudy gehört. Was verschweigt ihre Familie ihr sonst noch? Vielleicht weiß der Onkel ja etwas über den Verbleib ihres Vaters. Paula schmeißt Mutter und Tante den Krempel vor die Füße, wohl wissend, dass es kein Zurück mehr für sie geben kann, und reist allein nach Deutschland. Ihr Wagemut und die Entschlossenheit, mit der sie alle Brücken hinter sich abbricht, überraschen sie selbst. Aber es fühlt sich gut an. Onkel Rudy, ein freundlicher, etwas exaltierter älterer Herr, der in Bonn einen Andenkenladen betreibt, heißt sie herzlich willkommen. Alles, was er über das Schicksal seines Bruders sagen kann, ist jedoch, dass ihm zu spät Zweifel an dessen freiwilligem Verschwinden gekommen sind. Da war es für Nachforschungen seiner Meinung nach bereits zu spät. „Alle Fragen, die mich quälen, sind miteinander verbunden, und darum muss ich unbedingt herausfinden, was damals mit meinem Vater geschehen ist – für dich, für mich und für ihn“, sagt Paula zu ihrem Onkel. „Mein Vorhaben mag verrückt und aussichtslos erscheinen, aber ich werde keine Ruhe finden, ehe ich es weiß. Und wenn ich selbst auf Reisen gehen und seinen Spuren folgen muss, werde ich es tun.“ (Seite 277) Und genau das tut sie. Dieser Mix aus historischem Reisebericht, Familiendrama und Krimi ist natürlich ein besonderes Erlebnis, wenn man die Region kennt. Aber Ortskenntnis ist keine zwingende Voraussetzung. Auf ihrer Reise zu den Geheimnissen ihrer Familie legt Paula nach und nach die Einstellungen und Verhaltensweisen ab, die man ihr aufgezwungen hat und wird zu der selbstbestimmten und zielstrebigen Frau, die man sie nie hat sein lassen. Der Schluss ist überraschend und böse. Mit allem hätte ich gerechnet, aber damit nicht! Auch wenn die Protagonistin hier Detektivarbeit leistet: Wilde Action sollte man nicht erwarten. Paulas Reise durchs Rheinland, durch die Vergangenheit und zu sich selbst fließt im gemächlichen Tempo der damaligen Zeit. Diese Geschichte braucht keine moderne Hektik. Genau wie Paula will man als LeserIn unbedingt wissen, was aus William Cooper geworden ist.

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