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Rezension zu
Im Zeichen des Raben

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Licht und Elend

Von: Phantastikon
28.12.2018

Noch vor einigen Jahren sah es so aus, als könnte die Grimdark-Welle nicht mehr aufgehalten werden. Mittlerweile findet man nur noch wenige relevante Werke in diesem Genre, weil die zunehmende Härte eben nicht bedeutet, dass eine eigene Idee bereits deshalb vernachlässigt werden kann. Ed McDonalds Debüt ist ein Lichtblick am düsteren Himmel der Masse an belanglosen Werken, die uns seit Jahren untergejubelt werden. Zwar haben wir hier auf den ersten Blick eine sehr einfach gestrickte Weltkarte vor uns, die Idee hinter diesem ersten Blackwing-Roman hat aber viel Potenzial für eine Serie, auf deren Entwicklung man gespannt sein darf, weil eben nicht schon alles im ersten Streich zur Gänze abgefeuert und auserzählt wird. McDonald wirft uns hier nicht in die obligatorische Mittelalterwelt, aber auch in keine andere, die ihren Bezugspunkt in einer unserer "realen Epochen" hätte. Am nächsten kommt ihr noch die postapokalyptische Vision, in der Magie von Technik nicht zu trennen ist. Karg ist sie und zweigeteilt. Auf der einen Seite die Stadtstaaten von Dortmark, auf der anderen ein Landstrich, den man Das Elend nennt, kaputte und verdrehte Erde, über der ein Riss im Himmel unheilvoll glänzt wie eine eiternde Narbe, die niemals verheilt. Orientierung ist hier fast unmöglich, nichts ist definitiv und die Gefahr geht von jedem Grashalm aus. Drei Monde in unterschiedlichen Farben sorgen für ein Licht, das wohl eher an einen Drogenrausch erinnert als an eine bewohnbare Welt. Und dieses Licht ist der rätselhafte Energielieferant einer seltsamen Maschine, die als Allheilmittel gegen die Könige aus der Tiefe angesehen wird. Wie diese Maschine jedoch funktioniert, weiß niemand so genau, seit ihr Erbauer verschwunden ist - einer der Namenlosen, die eine Opposition gegen die besagten Könige bilden, deshalb aber nicht weniger skrupellos und unzugänglich sind. Schwarzschwinge In diesem Roman folgen wir dem Kopfgeldjäger und Hauptmann der Schwarzschwingen, eine mysteriöse Organisation, die einer mächtigen alten Wesenheit dient, die zu den Namenlosen gehört. Durch eine Tätowierung auf Ryhalt Galharrows Unterarm kommuniziert sein Gönner Krähfuß mit ihm, um ihm Befehle zu erteilen. Das ist sicherlich kein Zuckerschlecken, denn immer wenn das geschieht, reißt Galharrows Unterarm auf und ein Rabe springt heraus, um seine Botschaft loszuwerden und danach zu verenden. Galharrow ist sicher niemand, den man kennen möchte; ein Säufer und Mörder, der Gnade nicht kennt. Das allein aber wäre kein Protagonist, der tragfähig durch die Geschichte führt. In deren Verlauf entdecken wir immer mehr Menschliches, das sich tief im Innern des Söldners verborgen hält, wir dringen erfolgreich hinter die Maske. Anfangs unterscheidet sich Galharrow nicht von anderen grimmigen Antihelden, aber McDonald hält bewusst eine Menge Details über ihn zurück, um ihn dann, wenn der Hauptkonflikt ins Spiel kommt, von der Leine zu lassen. Galharrow bekommt von Krähfuß den Auftrag, eine eigensinnige Adlige aufzuspüren, die sich in einem abgelegenen Außenposten im Elend versteckt. Als unser Protagonist jedoch an seinem Ziel ankommt, wird seine Crew von einem Angriff der Hörigen der Könige aus der Tiefe überrascht, der eigentlich aufgrund der Schutzmaßnahmen gar nicht möglich sein sollte. Am Ende rettet ihn diese Adlige, die eine der mächtigsten Lichtspinnerinnen ist, die es je gab. Wer den Klappentext gelesen hat, weiß natürlich, dass die beiden sich bereits seit ihrer Jugend kennen. Und beide haben sich seit diesen glücklichen Tagen stark verändert. Jetzt müssen sie gemeinsam die Geheimnisse ihrer Vergangenheit ergründen, um die Herausforderungen und Schrecken der Zukunft zu überleben. Vor einer blödsinnigen Romanze muss sich aber keiner fürchten, die gibt es hier nämlich nicht. Ezabeth Tanza und Ryhalt Galharrow umkreisen und bedingen sich auf eine Weise, die nicht auf eine peinliche Liebesgeschichte hinausläuft, obwohl es sich dennoch um eine handelt. Innerhalb dieses düsteren Settings kann sie aber eben nicht die Schatten anheben und vergangene Missgeschicke vergessen lassen. Das macht die Beziehung der beiden zueinander glaubhaft. Weltenbau, der mehr verspricht Ohne Zweifel ist das Highlight von Im Zeichen des Raben jedoch der Weltenbau. Das Setting fühlt sich fast wie ein Sammelsurium von Elementen aus einer Vielzahl von Genres an, was wahrscheinlich erklärt, warum es so viele verschiedene Interpretationsmöglichkeiten gibt. An die High Fantasy erinnern z.B. all die unglaublichen Magiesysteme, während die öde und karge Landschaft - wie bereits erwähnt - den Ton der Postapokalypse vorzeichnet. Vor allem das Elend ist ein interessanter Landstrich, von dem ich mir persönlich noch mehr versprochen hatte, als dann tatsächlich zu Papier gebracht wurde. Aber bereits die dargestellten Geräusche, Halluzinationen, Geister und Kreaturen führen dazu, auf mehr davon in den nächsten Büchern zu hoffen. Mit den Großen des Grimdark wie Abercrombie, Lawrence, Erikson, Martin oder Bakker kann McDonald noch nicht mithalten, aber er hat hier ein ordentliches Debüt vorgelegt, das Lust auf die nächsten Teile macht. Die Luft nach oben ist da und die Grundlagen sind vielversprechend. Stilistisch muss sich McDonald noch etwas festigen, aber er hat hier ein Repertoire an interessanten Figuren und einen Weltenbau, der einiges für die Zukunft verspricht, trotz der Tempo-Probleme, die der Roman an manchen Stellen nicht verleugnen kann. Blanvalet folgt beim Coverartwork dem englischen Original, was mir persönlich immer das Liebste ist. Deshalb gibt es auch hier nichts zu beanstanden. Die Übersetzung ist - zumindest in den Passagen, die ich verglichen habe - durchaus nah am Text, ein Umstand, der ja nun auch nicht mehr selbstverständlich ist.

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