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Rezension zu
Eine Frau wird älter

Eine Frau wird älter

Von: Rabenfuss sucht Tintenfass
25.12.2018

„(Auch) Frauen dürfen älter werden. Auch Frauen gewinnen mit zunehmenden Alter. Genau. Daran ist allerdings noch zu arbeiten…“ besagt die Rückseite des neuesten Buches von Ulrike Draesner. Die deutsche Autorin, Lyrikerin und Essayistin, Jahrgang 1962, hat sich das Thema Älterwerden vorgeknöpft. Was ursprünglich nur als mündliches Erzählprojekt für eine Hör-CD geplant war, hat sich zu einem literarischen Essay ausgeweitet. In „Eine Frau wird älter“ erzählt Ulrike Draesner, sehr persönlich, aus ihrem eigenen Leben und von ihren Erfahrungen, die sie mit unterschiedlichen Recherchen zum Thema verknüpft. Die Autorin geht zurück in ihre Kindheit, berichtet, wie sie aus Kindersicht ältere Menschen wahrgenommen hat. Sie schreibt über das Leben ihrer Großeltern, väterlicher- und mütterlicherseits, speziell aber von Oma Käthe, die im Alter aus der klassischen Frauenrolle ausbricht und „zum ersten Mal Nein sagt“. Die nur noch „macht, was ihr jetzt guttut: Ich bleibe in meiner Wohnung. Ich kleide mich, wie ich will. Ich werfe den Kaffeesatz zum Fenster hinaus. Ich drehe das Radio auf. Ich tanze in der Küche…“ Draesner erzählt von ihrer Mutter, ihrer ureigenen Entwicklung, dem (Er-)Leben ihrer Tochter. Sie besucht andere Frauen und befragt sie nach deren Lebensgeschichten bzw. ihren jeweiligen Frauenleben mit zunehmendem Alter. Die Autorin unternimmt Ausflüge in andere, alte Kulturen: „Das Bild von Aufstieg, Blüte und Verfall existiert in Kulturen, die in Wiedergeburtszyklen denken, nicht. Hier bewegt man sich mit seinem gesamten Leben in jeder Altersstufe gleichermaßen durch eine mit diesem Leben gestellte Herausforderung“. Sie empfiehlt: „Lasst den Berg als Modell für das Altern einmal sein… Nicht Aufstieg und Abstieg also, sondern ein planes Fortschreiten in der Zeit als die Möglichkeit, als Mensch Facette um Facette ins Leben zu treten.“ Immer wieder klingt doch auch ein wenig Wehklagen durch: über das unsichtbar werden, nicht mehr gesehen werden als Frau im Alter, die körperlichen Veränderungen, die vorherrschenden Frauenbilder, die so viel Druck erzeugen. Nicht immer kann ich mich wiederfinden in den Texten, manchmal bin ich einfach traurig oder entsetzt über so viel konformes, eingezwängtes Leben einst- und manchmal auch jetzt. Dennoch: die über 30 Kapitel zeugen letztlich doch von einem sehr vielseitigen, bunten Strauß an Möglichkeiten, Freiheiten, Unterschiedlichkeiten. Alter wird von jedem Menschen vermutlich anders erlebt, jede/r geht mit Normen und Anforderungen von außen anders um, auch die eigenen Anforderungen, wer man und wie zu sein hat, mögen anders sein. Trotzdem gibt es natürlich spezielle Altersbilder, einen Trend zu Jugendlichkeit und Schön-sein-müssen, den Ulrike Draesner immer wieder aufzeigt, hinterfragt, mit Humor nimmt („Zugespitzt gefragt: Warum wurden Frauen, die nicht mehr bluteten, nicht einfach gegrillt?“). Ulrike Draesner sucht Antworten, findet brauchbare Lösungsansätze, interessante neue Wege, ungewöhnliche spannende Bilder. Nahrung für Kopf und Seele auf jeden Fall. Insgesamt ein gut zu lesendes Buch, vielseitig und abwechslungsreich, durch die vielen Kapitel angenehm gegliedert, so dass man immer wieder leicht ins Thema hineinfindet. Ein wirklich sehr persönliches, aufrichtiges Buch, das dennoch viel Hintergrundwissen bereithält (historisch, kulturell, literarisch). Ein wichtiger Denkanstoß zum Thema Älterwerden als Frau – und überhaupt. Es hat mich auf jeden Fall neugierig gemacht auf andere Bücher der Autorin, die ich noch nicht kenne, nun aber kennenlernen möchte! Ulrike Draesner: Eine Frau wird älter. Penguin Verlag, Oktober 2018. ISBN: 978-3-328-60002-2 Zur Autorin: Ulrike Draesner, geboren 1962 in München, lebt heute gemeinsam mit ihrer Tochter als freie Schriftstellerin in Oxford und Berlin. Sie hat fünf Gedichtbände, fünf Romane, mehrere Erzähl- und Essaybände und Hörspiele veröffentlicht, arbeitet als Übersetzerin und beteiligte sich an zahlreichen intermedialen Projekten. (Anm.: Das Buch wurde dankenswerterweise vom Verlag für eine Rezension zur Verfügung gestellt).

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