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Rezension zu
Der Winter unseres Missvergnügens

Nun ward der Winter unseres Missvergnügens…

Von: Exlibris JMalula
17.12.2018

Eine Kleinstadt auf Long Island zu Zeiten Eisenhowers. Dank des anhaltenden Wirtschaftsaufschwungs entwickelt sich im Schatten des Kalten Krieges der Kapitalismus, die Blüten der Wohlstandsgesellschaft sollen die Traumata der vergangenen Weltkriege vertreiben, das Streben nach Reichtum und Macht wird zur höchsten Tugend deklariert, der moralische und kulturelle Untergang in Kauf genommen. Ethan Hawley, Spross einer der ältesten und angesehen Familien des Ortes, die jedoch durch Misswirtschaft und Fehlinvestitionen inzwischen verarmt ist, fristet sein Dasein als angestellter Verkäufer in einem Lebensmittelladen, dessen Besitzer zu allem Überdruss ein eingewanderter Italiener ist. Einzig das prächtige, alte Familienanwesen, das Haus seines Vaters und Großvaters, ist als Bastion vergangener Zeiten geblieben. Während sich Ethan mit dem „Alltag seines Missvergnügens“ abgefunden hat und ganz „alte Schule“ ethische Werte und Bildung hochhält, wird er von außen immer wieder und zunehmend dringlicher mit der Unansehnlichkeit seiner gegenwärtigen Existenz konfrontiert. Nicht zuletzt sind es seine Frau und die halbwüchsigen Kinder, die ihn drängen Moral und Anstand hintenanzustellen und unlautere Mittel in Kauf zu nehmen, um die Familie wieder zu Wohlstand und Ansehen zu führen. Das Netz der Versuchungen um Ethan verdichtet sich immer mehr und sein innerer Zwiespalt spitzt sich zu: „Einmal angenommen, ich würde für eine begrenzte Zeit nicht nur einige wenige, sondern sämtliche Regeln abschaffen: Könnten sie dann nicht, sobald das Ziel erreicht war, allesamt wieder in Kraft treten? (...) Wurde eines der großen Vermögen, die wir bestaunen, je ohne Rücksichtlosigkeit erlangt? Mir fällt keines ein.“ „Der Winter unseres Missvergnügens“, veröffentlicht 1961, war das letzte Werk John Steinbecks und nicht zuletzt Anlass für die Verleihung des Literaturnobelpreises, den Steinbeck 1962 erhielt. Der Manesse-Verlag hat nun diesen lange in Vergessenheit geratenen Roman in einer Neuübersetzung und sehr ästhetischer Aufmachung wieder ans Licht geholt. Großartig dabei auch das Nachwort von Ingo Schulz, das insbesondere auf die zahlreichen literarischen Bezüge von der Bibel über Shakespeare bis Melville erhellend eingeht. An diesem Werk zeigt sich, was große Literatur ausmacht – eine vorausschauende, klarsichtige Darstellung der Verhältnisse der Zeit, literarisch so umgesetzt, dass eine zeitlose Betrachtung ermöglicht wird. Und so scheint das Thema des Romans auch bei heutiger Lektüre aktueller den je.

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