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Rezension zu
Über Literaturkritik

Kritisieren wir einen Kritiker

Von: C. Widmann
27.10.2018

Lieber Leser, warum muss sich ein Kritiker rechtfertigen? Warum sind so viele Leser beleidigt, wenn jemand ein schlechtes Buch schlecht nennt? Warum trauen sich überhaupt so wenige, einen Verriss zu schreiben? Die Frage ist nicht neu. Marcel Reich-Ranicki zitiert in diesem Aufsatz Kritiker und Autoren aus dem achtzehnten, neunzehnten, zwanzigsten Jahrhundert, und alle schreiben dasselbe: Die Literaturkritik in Deutschland (und im Rest der Welt, aber bei uns besonders) ist leere Lobhudelei. Wer sich nicht traut, einen Verriss zu schreiben, der sollte überhaupt nicht über Bücher schreiben. Aber in den letzten fünfzig Jahren hat sich nichts geändert. Jeder mittelmäßige Roman hat Unmengen an Sternchen auf Amazon, und der Kulturteil der großen deutschen Zeitungen entdeckt jedes Jahr den neuen Autor des Jahrhunderts. Wahrscheinlich wird es so bleiben. Fragen wir einmal aus der Sicht der Autoren: Wozu überhaupt Kritiker? Marcel Reich-Ranicki sah es als Teil seiner Pflicht, "Epidemien zu diagnostizieren und Totenscheine auszustellen." Der Vergleich gefällt mir. Ansonsten gibt der Aufsatz nicht viel her. Ein Zitat nach dem anderen, die ganze Geschichte der deutschen Literatur und -kritik entlang, aber worauf der Autor hinauswill, erfährt man nicht. Wollte er sich rechtfertigen, ohne zu klingen wie einer, der sich rechtfertigt? Reich-Ranicki scheint zwar den knappen, deutlichen Ausdruck zu bewundern, aber selbst schreibt er knochenstaubtrocken. Dass er 1920 geboren wurde, mag so einen Stil erklären; entschuldigen kann es ihn nicht. Außerdem konnte er es besser. Was Marcel Reich-Ranicki für die Zeitung schrieb, klang nicht halb so altertümlich. Der Aufsatz Über Literaturkritik war lediglich ein Vorwort zu Reich-Ranickis Buch Lauter Verrisse. Wozu hat man ihn herausgerissen und ihn, Jahrzehnte später, einzeln veröffentlicht? Um aus dem Namen Reich-Ranicki so viel Geld herauszuquetschen wie möglich, solange noch jeder Deutsche von ihm gehört hat? Mit diesem Bändchen hat weder die deutsche Literatur noch ihre Kritik etwas gewonnen. Hochachtungsvoll Christina Widmann de Fran

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