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Rezension zu
Unvollkommene Verbindlichkeiten

Klug und authentisch

Von: Zeilentänzer
17.10.2018

Unvollkommene Verbindlichkeiten ist ein Roman von Lena Andersson aus dem Frühjahr 2017. Der Vorgänger Widerrechtliche Inbesitznahme erschien zwei Jahre zuvor und befasst sich ebenso wie sein Nachfolger mit Ester, welche sich unglücklich verliebt und doch nicht loslassen kann. Ester Nilsson ist inzwischen Mitte dreißig und seit ihrer unglücklichen Affäre mit dem Künstler Hugo Rask sind fünf Jahre vergangen. Die junge Frau hat sich von der großen Enttäuschung erholt und verliebt sich neu. Wieder ist ihr Auserwählter wesentlich älter als sie und verheiratet. Und wieder verfällt Ester diesem Mann auf ganz ähnliche Weise wie Jahre zuvor. Auch Olof scheint es mit ihr nicht ganz ernst zu meinen. Die Protagonistin befindet sich in Unvollkommene Verbindlichkeiten am gleichen Punkt wie in Teil eins. Erneut hat es ihr ein vergebener Mann angetan, der künstlerisch tätig ist und der um einiges älter ist als sie. Auch Olof nimmt Ester den Sinn für rationales Denken und lässt in ihr immer wieder Hoffnung auf mehr reifen. Lena Andersson schreibt unterhaltsam und klug, beschreibt Esters Unruhe und Liebeskummer auf subtile Weise und nimmt der Verliebtheit seinen Zauber. Ester ist eine erfolgreiche, intelligente Schriftstellerin, die über einen stabilen Freundeskreis verfügt und fest im Leben steht – mag man meinen. Wenn sie sich verliebt, beginnt sie, sich selbst zu täuschen. Sie baut innerhalb kurzer Zeit Gefühle zu einem Mann auf, stellt Erwartungen an ihn, die dieser nicht erfüllen will und deshalb ist sie tief gekränkt. Ähnlich wie bei Hugo, ist Ester auch bei Olof fest überzeugt davon, dass sie beide füreinander geschaffen sind und das, obwohl Olof mit Ebba verheiratet ist. Sich selbst in Sicherheit wiegend, geht Ester fest davon aus, das Olof seine Ehefrau verlassen wird. Umso größer ist jedes Mal aufs Neue die Enttäuschung, wenn dieser es wieder nicht getan hat. Andersson schmückt ihre Formulierungen mit Geist und Raffinesse, sodass es ein wahres Vergnügen ist, in die Gedanken von Ester einzutauchen, aber auch zu lesen, was die Erzählstimme meint. Auch in diesem Roman wird schnell klar, dass Ester für Olof bestenfalls eine Freundin ist, mit der man Spass haben kann, aber nicht mehr. Wie besessen ist diese aber sicher, bald die Position von Ebba einzunehmen. Auch der Freundinnenchor spielt in Unvollkommene Verbindlichkeiten eine einnehmende Rolle. Ihre Freundinnen oder viel mehr deren Meinung ist Ester wichtig. Zumindest, so lange sie wohlwollend mit Olof sind. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger haben sie in diesem Band Namen und äußern sich sehr viel differenzierter, vehementer und kritischer. Scheinbar ohne Scham bezieht Ester auch völlig Fremde in ihren Liebeswahn mit ein, sodass niemand von ihrer Beziehungskiste verschont bleibt. Ester existiert und das tut sie vor allem durch Olof. Sich selbst gibt sie immer mehr auf und verliert erneut den Zugang zu ihrer Selbstbestimmung. Angetrieben von dem Wunsch, die Richtige für Olof zu sein, lebt sie nach seinen Terminen und seinen Versprechen, um am Ende doch wieder den Kürzeren zu ziehen. Psychologisch ausgereift, authentisch und sehr menschlich erzählt Andersson auch hier von den Folgen unglücklicher Liebe und dem Verzicht auf das eigene Leben. Sprachlich beeindruckend, geistreich und heftig beschreibt sie Esters emotionale Lage und die damit einhergehenden Schwierigkeiten. Mit ihrem neuen Werk bleibt sich die Autorin treu, sodass man nichts Neues erwarten sollte. Der Plot bleibt der gleiche. Beide Romane können unabhängig voneinander gelesen werden. Ich kann jedoch empfehlen, zunächst Widerrechtliche Inbesitznahme zu lesen und dann Unvollkommene Verbindlichkeiten. Es lohnt sich.

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