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Rezension zu
Zartbittertod

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein Buch, das einen noch lange bewegt

Von: FrauRedlich
17.10.2018

Eben war Mia noch in der Chocolaterie ihrer Eltern in Meißen und auf den Spuren ihrer Familiengeschichte und plötzlich steckt sie mittendrin im Schlamassel. Eigentlich will Mia ja Journalistin werden und glaubt in der Geschichte ihrer Familie eine Story zu finden, die ihr die Türen zur renommierten Journalistenschule öffnet. Deswegen begibt sie sich nach Lüneburg, denn dort ging ihr Urgroßvater Jakob Arnholt bei der berühmten Chocolatiersfamilie Herder in die Lehre. Das Besondere daran: Jakob wurde von seinem weißen Lehnsherr aus Namibia mit nach Deutschland gebracht. Insofern ist seine Geschichte außergewöhnlich. Aber ihre Familie ist sehr schweigsam, was die Details über Jakobs Leben angehen. Also nimmt Mia Kontakt zu den Nachfahren Herders in Lüneburg auf. Kaum dort angekommen, erfährt sie vom plötzlichen Tod ihres Gesprächspartner und glaubt damit auch alle Antworten auf ihre Fragen verloren. Doch es kommt alles anders. Und auch ihr Aufenthalt in Lüneburg ist damit noch lange nicht zu Ende. „Zartbittertod“ ist nicht nur ein toller Krimi, sondern auch ein hervorragendes Stück Kolonialgeschichte, ist man doch immer wieder überrascht, was man alles nicht wusste über dieses doch sehr düstere Kapitel in unseren Geschichtsbüchern. In Tagebuchauszügen berichten die Vorfahren von Mia und Herders Enkel Will vom Alltag in Deutsch-Südwestafrika und der Grausamkeit mit denen sie doch gezwungen sind gegen die Einheimischen vorgehen. Krass sind hierbei die Gegensätze des doch sehr hasserfüllten Herders und der Fassungslosigkeit Arnholts. Und natürlich kommt man beim Lesen, bzw in meinem Falle beim Hören, nicht um das Thema Schokolade herum. Die Beschreibung der Herstellung, der Zutaten und Geschmacksnuancen lässt einem permanent das Wasser im Munde zusammenlaufen. Jedoch bleibt es nicht bei dieser „romantischen“ Betrachtung, sind doch auch die wirtschaftlichen und ökologischen Zusammenhänge ein wesentlicher Teil des Buches, aber ohne auch nur ein einziges Mal langatmig zu werden. Die Charaktere sind alle sehr detailliert und überzeugend, was ein Kunststück ist bei der Komplexität ihrer Geschichte und die damit einhergehenden Gefühlswelten. Laura Maire liest Mias Geschichte mit all den nötigen Nuancen, so dass man gar nicht aufhören möchte ihr zu lauschen. Ich habe jedenfalls beim Hören sehr viel Zeit auf unserem Parkplatz verbracht um die Spannung und das Hörerlebnis nicht zu unterbrechen. Die Nachbarn haben teilweise echt schräg geguckt. Insofern habe ich direkt einen komischen Ruf weg in der neuen Nachbarschaft, aber was tut man nicht alles für seine Leidenschaft. 😉 Und trotz der Ernsthaftigkeit des Buches, überzeugt sie eben auch in der Darstellung der etwas unsicheren und tollpatschigen Mia, die eben aber auch an ihrer Aufgabe und dem Erlebten wächst. Große Hör- oder Leseempfehlung für „Zartbittertod“, denn es bleibt doch einiges nachhaltig hängen und man beginnt sich mit einem Kapitel der Deutschen Geschichte zu beschäftigen, dass so voller Grausamkeit und Terror ist, dass man sich fragt, wie nur einige Jahrzehnte später das Morden von vorne begann. Und der Hass auch heute wieder aufflammt. Lernen wir denn jemals aus der Geschichte? Trotzallem ist „Zartbittertod“ aber absolut zielgruppengerecht verpackt und insofern auch als Lektüre nicht ungeeignet um einen lebendigen Einstieg in die deutsche Kolonialgeschichte zu bekommen. Ich hätte jedenfalls jetzt schon eine Menge Ideen für eine ganze Projektwoche zu dem Buch.

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