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Rezension zu
Rachewinter

Typischer Gruber: Spannung in Deutschland & Österreich

Von: WolfgangB
14.10.2018

Ein komplexer Fall. Eine Sicht aus Deutschland. Eine Sicht aus Österreich. Das ist das Markenzeichen der Thriller von Andreas Gruber. In seinen beiden erfolgreichen Serien arbeiten jeweils eine deutsche und eine österreichische Hauptfigur an der Aufklärung einer Rihe von Verbrechen und stellen schließlich fest, dass sie denselben Mörder jagen. Die ursprünglich zusammenhanglosen Spuren erweisen sich erst in der Gesamtsicht als unterschiedliche Aspekte eines einzelnen Rätsels. Dieses Rätsel kann nur im Team gelöst werden, wenn beide Figuren ihr Wissen und ihre Stärken einbringen. So funktioniert auch "Rachewinter". Neue Figuren bringen frischen Wind Die kurzen Kapitel mit offenem Ende wechseln zwischen Leipzig und Wien, zwischen der Anwältin Evelyn Meyers und dem Kommissar Walter Pulaski. Zusätzlich zu dem hohen Tempo sorgen auch neue Figuren für frischen Wind. Pulaskis Tochter Jasmin ist ebenso schlau wie dickköpfig. Ihr Verantwortungsbewusstsein liegt in ständigem Wettstreit mit der Loyalität gegenüber ihrer Freundin Nina, die den Tod ihres Vaters aufklären will. Auf der anderen Seite fungiert der Konzipient Florian "Flo" Zock als Evelyns Sidekick. Er ist spontan bereit, für sie nächtelang zu recherchieren, nach Leipzig zu reisen, sogar sein Leben zu riskieren, ist nebenbei ehemaliger Polizeischüler und Profihacker ... und mit all diesen Attributen sehr nahe am Superhelden entworfen. So erklärt er beiläufig, wie er an die personenbezogenen Daten ihres Mandanten aus Meldeamt und Sozialversicherung gelangt: "(...) also ich knacke die Firewall, damit ich in die Netzwerke reinkomme. Mit einem Tool (...) fange ich die Administrator-Passwörter ab und habe damit Zugriff auf alle Server." (S. 266) Bedingt durch die personale Erzählperspektive finden sich zahlreiche umgangssprachliche Ausdrücke und Wendungen. Diese oft emotional gefärbten Formulierungen tragen außerdem zum Tempo der Geschichte bei. Dass jedoch Figuren aus Österreich in ihren Gedanken regionalspezifische Ausdrücke aus Deutschland (zB "Azubi", "Schubkarre") benutzen, dürfte am Ziepublikum liegen, auf das der Autor abzielt. Komplexität mit Konzept In Wien sucht Evelyns neuer Klient zunächst anwaltliche Hilfe, legt aber dann in Untersuchungshaft bereitwillig ein umfangreiches Geständnis ab. Die Anwältin und ihr Assistent stehen vor einem nahezu unlösbaren Rätsel. Auf der Suche nach einem Anhaltspunkt entwickeln sie in der hohen Kunst des logischen Schließens eine Fertigkeit, die Sherlock Holmes würdig wäre. Schließlich gelangen Evelyn und Flo zu einer Arbeitshypothese, die auf den ersten Blick unrealistisch und arg konstruiert wirkt. Dabei entsteht förmlich der Eindruck, als würde Andreas Gruber seinen Lesern ein verworrenes Knäuel aus dem Buch entgegenwerfen. Im weiteren Verlauf der Handlung wird dieses Knäuel aber vorsichtig entwirrt und geglättet, sodass am Ende ein einzelner reißfester Faden ausgerollt ist. Schließlich ist die innere Logik der Handlung erkennbar, die sich zuvor als unförmiges Durcheinander präsentierte. Ein Kammerspiel als Showdowm Auf der anderen Seite wollen Pulaskis Tochter Jasmin und ihre Freundin Nina den Mord an Ninas Vater aufklären. Als Kenner der Jugendbücher von Enid Blyton, Thomas Brezina und Co fürchtet man bereits, der Autor würde hier zwei mutige Jugendliche professionelle Polizeikräfte und abgebrühte Gauner überlisten lassen. Zum Glück sind die beiden verantwortungsvoll genug, rechtzeitig Pulaski ins Vertrauen zu ziehen - bis auf das letzte Mal. Für das obligate Finale müssen sich die beiden natürlich auf eigene Faust in Gefahr begeben. Dieses Finale ist wie ein Theaterstück sorgfältig choreographiert und gestaltet sich äußerst blutig und actionreich. Dabei wird das Kräfteungleichgewicht zwischen Helden und Schurken zu offensichtlich mit glücklichen Zufällen kompensiert, um das angepeilte Happy End zu erreichen. Bei öffentlichen Auftritten zum Vorgängerband "Racheherbst" streute der Autor gerne eine Anekdote über seine nicht ganz einfachen Recherchen in Nachtclubs ein. Seine unbeholfene Vorgangsweise entlarvte ihn dabei sogleich als das Gegenteil eines Stammgastes. Dass nun abermals eine Schlüsselszene in einem einschlägigen Etablissement spielt, lässt vermuten, dass Gruber sich abermals für Nachforschungen im Interesse seiner Leser aufgeopfert hat. Persönliches Fazit: Durch oft ausführlich geschilderte Sex- und Gewaltszenen richtet sich der Roman vorwiegend an eine Leserschaft mit Präferenz für das Thrillergenre. "Rachewinter" ist ein typischer Gruber: Hochspannung an Schauplätzen in Deutschland und Österreich.

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