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Rezension zu
Jahre wie diese

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Sadie Jones - Jahre wie diese

Von: Mareike/Herzpotenzial
16.03.2015

William Shakespeare sagte einst: Die Welt ist eine Bühne und alle Frauen und Männer bloße Spieler, sie treten auf und gehen wieder ab. Immer, wenn ich einen Roman lese, der von der glitzernden Welt des Theaters handelt, muss ich an dieses berühmte Zitat denken. Für mich bedeutet es auch, dass die größten Dramen, die eigentlichen Geschichten abseits der Theaterbühne passieren. Das Leben selbst ist ein großes Schauspiel und wir alle suchen nach unserer Rolle darin. Diesen Gedanken vermittelt Sadie Jones in ihrem neuen Roman perfekt. "London in den Siebzigern: Luke, Leigh und Paul sind jung, talentiert und voller Hoffnungen. Sie gründen eine eigene Theaterkompagnie, um den großen Produktionen im glitzernden West End Konkurrenz zu machen, und feiern bald auch erste Erfolge. Doch dann lernt Luke Nina kennen, den neuen Stern am Londoner Theaterhimmel. Als er der labilen Schauspielerin mehr und mehr verfällt, droht nicht nur seine Freundschaft zu Leigh und Paul zu zerbrechen …" Buch beginnt mit einem Ausschnitt aus Lukes Kindheit: Gemeinsam mit seiner psychisch labilen Mutter plant er deren Ausbruch aus der Anstalt, um für einen Tag nach London zu reisen. Unbemerkt und vollkommen unspektakulär gelingt es ihnen die Anstalt zu verlassen. In London angekommen gerät Lukes Mutter zunehmend in Panik – zu viele Menschen, Geräusche, Eindrücke, dass sie schließlich vor der National Gallery zusammenbricht. Genau in diesem Moment verlässt die junge Nina gemeinsam mit ihrer Mutter das Museum. Es wirkt wie eine schicksalhafte Begegnung, doch Luke und Nina nehmen sich kaum wahr, sie sprechen nicht, sehen sich nur aus der Entfernung.Es ist mehr ein Fingerzeig für den Zuschauer/Leser, der Erwartungen auf Großes aufbaut. Erst Jahre später begegnen sie sich zum ersten Mal richtig, als Nina bereits ihren Durchbruch gefeiert hat und Luke an seinen ersten eigenen Stücken schreibt. Auch wenn der zu Romantik neigende Leser nun überzeugt ist, dass ihre Wege vorherbestimmt sind, eine große romantische Liebesgeschichte folgt und alles recht vorhersehbar ist, wird überrascht werden. Der neue Roman von Sadie Jones ist vor allem eins: Vielschichtig. Nicht umsonst spielt das Buch in einer Zeit des Umbruchs und der Unsicherheit. Die Londoner Theaterwelt der 70er Jahre scheinen vor Energie und arnarchischem Denken förmlich zu vibrieren. Neue Kunstformen und Themen werden ausprobiert, kleine alternative Theater – wie das von Luke und seinen Freunden – entstehen und junge Schauspieler und Theatermacher drängen in den Vordergrund. Man richtet sich nicht mehr ausschließlich an ein elitäres Bildungsbürgertum, sondern auch ganz bewusst an die Arbeiterklasse. In genau diese dynamische Zeit setzt die Autorin den talentierten jungen Arbeiter aus der Provinz, der in Paul einen besten Freund und angehenden Produzenten findet und Leigh, eine willensstarke Feministin, die sich selbst noch nicht gefunden hat, doch von der Theaterwelt magisch angezogen wird. Sie und Luke verbindet eine ganz besondere Freundschaft und als sie schließlich mit Paul zusammenkommt, bilden die drei eine ungewöhnliche wie auch kreative Wohngemeinschaft. Diese drei kreativen jungen Menschen bilden das Zentrum des Romans. Sie probieren sich aus, versuchen neue Wege in einer jahrtausendealten Theatertradition zu finden, nähern sich einander an und verlieren sich wieder. Die junge Schauspielerin Nina wirkt dabei wie eine Kraft von Außen auf diese Freundschaft ein, wie eine Naturgewalt ohne Willen und doch zerstörerisch. Wenn man das bei 400 Seiten überhaupt sagen darf: Der Roman war mir an einigen Stellen zu kurz. Gefühlt erfährt man enorm viel über Ninas Vergangenheit, obwohl ihr Verhalten recht schnell aus der emotionalen Abhängigkeit zur lieblosen Mutter erklärt werden kann. Weitaus komplexere Charaktere, wie Leigh, die ebenfalls stark von ihrer von der Männerwelt enttäuschten Mutter geprägt wurde, aber mit der Zeit ein ambivalentes Verhalten zu den Einstellungen der Mutter entwickelt, rückt zu oft in den Hintergrund. Über ihre Figur, ihre Kindheit, aber auch ihr Träume und ihren beruflichen Werdegang hätte ich gern mehr gelesen. Auch musste ich mich etwas über die Darstellung des mehr oder wenig latent homosexuellen Ehemann von Nina wundern. Während alle anderen Figuren sehr differenziert und facettenreich dargestellt wurden, bleibt sein gequälter Charakter fast unbeleuchtet. Dass er seine eigenen Qualen und seinen Selbsthass an Nina abarbeitet erscheint dadurch fast sadistisch. Er wirkt dadurch wie das Klischee des bösen (gehörnten) Ehemanns. Sehr schade. Fazit Ein Roman über die Theaterwelt im Umbruch und die Freundschaft junger kreativer Menschen, die ihren Platz auf der Bühne der Welt suchen. Selbstdarsteller, Exzentriker, verwundete Seelen und Rebellen treffen hier aufeinander und erzählen auf sehr unterhaltsame Weise von einem pulsierenden London der Siebziger. Eure Mareike

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