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Kristina Valentin: »Ein Sommer und ein ganzes Leben«, Roman, Diana Verlag

Kristina Valentin im Interview zu »Ein Sommer und ein ganzes Leben«

»Ich denke, wir brauchen mehr Romane und Filme, in denen die ganze Bandbreite des Lebens mitspielen darf«

Kristina Valentin über ihren Roman »Ein Sommer und ein ganzes Leben«, die Hauptprotagonisten, Liebe und Angst

Kristina Valentin
© Traumstoff
Worum geht es in Ihrem Roman?
Kristina Valentin: Um die Liebe. Die Liebe, die völlig unerwartet in unser Leben schneit und alles durcheinanderbringt, was man doch gerade erst mühsam sortiert hat. Und es geht um Angst. Weil Liebe und Angst immer auch zusammengehören. Es geht um Abschiede und mutige Neuanfänge.

Wie kamen Sie auf die Idee für die Geschichte?
Kristina Valentin: Der Roman handelt von Katharina und David. Katharina ist alleinerziehend, David Rollstuhlfahrer. Die Idee zu einem Protagonisten im Rollstuhl hatte ich schon vor langer Zeit, weil ich das Gefühl habe, dass Menschen mit Behinderungen in Filmen oder Romane selten vorkommen, und wenn doch, werden sie entweder am Ende geheilt, dienen als Projektionsfläche für Leid und Drama oder sterben. Nicht schön. Und einfach nicht wahr. Die Menschen mit Behinderung in meinem Bekannten- und Freundeskreis führen Beziehungen, haben Familien, Kinder, Freunde und Hunde.
Ich denke, wir brauchen mehr Romane und Filme, in denen die ganze Bandbreite des Lebens mitspielen darf, ungeachtet ob schwul, lesbisch, schwarz, lila, weiß, behindert, nicht behindert. Ohne dass das Anderssein bis ins letzte Molekül zerlegt und bespielt wird.

Wie würden Sie Katharina in drei Eigenschaften beschreiben?
Kristina Valentin: Stets bemüht, voller Liebe, aber mit einem gehörigen Schuss Angst vor dem Leben.

Katharina hat einen schweren Verlust erlitten. Wie geht sie damit um?
Kristina Valentin: Man geht ja im Allgemeinen von einem Trauerjahr aus. Das ist gesellschaftlich anerkannt, so lange darf man mit verheulten Augen durch die Gegend laufen. Danach möge man dann aber sein Leben bitte wieder in die Hände nehmen. Für Katharina war das aber viel zu wenig. Was ist bitte schön ein Jahr? Sie brauchte länger und war in dieser Zeit so beschäftigt mit ihrer Selbständigkeit und ihren beiden Kindern, dass sie erst allmählich begreift, dass sie das tiefe Tal irgendwann doch durchschritten hat.

Was gefällt Ihnen an David am besten?
Kristina Valentin: Er ist äußerst schlagfertig und charmant. Das mag ich an Männern. Er hat aber auch eine sehr dunkle Seite, die immer dann zum Vorschein kommt, wenn er mit irgendetwas, vorzugsweise Gefühlen, überfordert ist. Beim Schreiben war er mir sehr nah. Er ist ziemlich wortgewandt und hat mich mit seinen Aussagen manchmal selber überrascht.

Wie war es beim Schreiben für Sie, sich in David hineinzuversetzen?
Kristina Valentin: Das waren die intensivsten Recherchen in meinem bisherigen Autorenleben. Ich wusste von Anfang an, dass ich durch Lektüre allein nicht in die Figur finden würde, denn Informationen vermitteln zwar ein gutes Gesamtbild, aber kein Gefühl. Um über Davids Lebensrealität und seinen Alltag mit Rollstuhl schreiben zu können, reichte es auch nicht aus, jemanden zu fragen oder ein YouTube-Tutorial zu schauen. Für dieses Buch brauchte ich einen echten Perspektivwechsel. Also habe ich meine Leserin Susanna besucht, die ebenfalls Rollstuhlfahrerin ist, und habe mit ihr gemeinsam ein Rollstuhltraining absolviert. Oder besser gesagt sie mit mir. Das war großartig und hilfreich und ich habe viel verstanden.

Haben Sie eine Lieblingsszene in dem Roman?
Kristina Valentin: Einige. Besonders mag ich die Szene am Flughafen, fast am Ende. Als Katharina sich den Dämonen der Vergangenheit stellen will und erstaunt begreift: Die Dämonen sind schon lange weg. Sie waren zwar noch da, aber nur noch als Erinnerung. Das gibt plötzlich so viel Raum für Nähe. Und mir gefällt, wie David Katharinas sprachliche Selbstverständlichkeiten zum Thema Behinderung infrage stellt.

Wo schreiben Sie?
Kristina Valentin: In meinem Büro. Manchmal muss ich im Zug schreiben, das ist sonderbar. Ich spreche nämlich oft mit mir selbst oder recke die Faust, wenn mir eine wirklich gute Formulierung eingefallen ist. Das kann für meine Mitreisenden durchaus irritierend sein. Deshalb sitze ich besser in meinem Büro und mache die Tür zu.

Wie verbringen Sie am liebsten den Sommer?
Kristina Valentin: Draußen. Im Sommer mache ich durchaus Ausnahmen von meiner »Ich schreibe nur im Büro«-Regel und arbeite auch mal unter freiem Himmel. Im Garten sieht mich ja keiner. Außerdem kann man dann fix ins Beet klettern und Beikräuter zupfen, wenn das Hirn noch keine passenden Worte ausspucken will. Oder barfuß über den Rasen laufen. Oder einfach den Amseln beim Nestbau zugucken. Das kann alles fürchterlich inspirierend sein.

Wie sieht für Sie ein perfekter Sommertag aus?
Kristina Valentin: 32 Grad. Sonne aus allen Knopflöchern. Eiscreme in ausreichender Menge im Kühlfach. Keine Termine und ein gutes Buch. Perfekter geht eigentlich gar nicht.

Haben Sie ein Lebensmotto?
Kristina Valentin: Ich habe sogar zwei!
Wo Kuchen ist, da ist Hoffnung!
Frei nach Dean Koontz. Leider kann ich nicht backen, kenne aber Menschen, die dieses außergewöhnliche Talent besitzen und mich am Ergebnis ihrer Fähigkeiten teilhaben lassen. Und wir haben einen sehr guten Bäcker in der Nähe!
Und:
Das Leben ist nichts als Veränderung, sprach der Stein zur Blume und flog davon.
Der Verfasser ist unbekannt, muss aber sehr klug gewesen sein. Eine zauberhafte Vorstellung, oder? Der Stein spricht und fliegt. Eigentlich unmöglich, aber es ist immer alles möglich.

Kristina Valentin lebt und arbeitet in Norddeutschland. Sie verbringt jede freie Minute damit zu schreiben und liebt es, Geschichten zu erfinden. Sie veröffentlicht auch unter den Namen Kristina Steffan und Kristina Günak.


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