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Interview mit Lisa Wingate zu ihrem Roman »Die Glasperlenmädchen«

Lisa Wingate: Die wahre Geschichte zu »Die Glasperlenmädchen«

Nach dem weltweiten Millionenerfolg von »Die Libellenschwestern« endlich der neue mitreißende Roman von Lisa Wingate!

Bitte erzählen Sie uns etwas über sich und die wichtigsten Stationen in Ihrem Leben.
Es war einmal … ein Gedicht, ein großer Bruder, eine Hummel, ein Ozean, und ein blaues Band. Für ein kleines Mädchen, dass in den Siebzigern in Florida aufwächst, kann das Schriftstellerleben mit so vielen Dingen beginnen. Als jüngster Sprössling der Familie verbrachte das Mädchen die meiste Zeit damit, hinter ihren zwei älteren Brüdern nachzujagen, von denen einer eines Tages mit einer blauen Siegerschleife und einem selbstverfassten Gedicht von der Schule nach Hause kam, das den Titel trug: The [Bumble] Bee Went Under The Sea. Es war ein glorreiches Stück Literaturgeschichte (auch wenn de facto nicht sehr realistisch), in dem eine Hummel die Tiefen des Ozeans erforscht und vielen interessanten Fischarten begegnet. Nachdem er es rezitiert hatte, klatschten die Erwachsenen, mein Bruder verbeugte sich, und die Augen der kleinen Schwester waren auf magische Weise geöffnet worden. Sie hatte erkannt, dass Schreiben ein glorreiches Unterfangen sein konnte, angereichert mit Lob, Reichtum und … naja, blauen Siegerschleifen. Sie rannte sofort in ihr Zimmer, legte mehrere Blätter Papier übereinander und machte sich daran, eine Geschichte zu verfassen und zu illustrieren: The Story of a Dog Named Frisky. Was sie an korrekter Rechtschreibung missen ließ, machte sie mit anatomisch korrekten Zeichnungen des Hundewelpen Frisky wieder wett.
Das literarische Publikum war nur mittelmäßig beeindruckt, und es gäbe noch mehr über diese Geschichte zu erzählen, aber ich überspringe das, um Sie nicht mit meiner peinlichen Mittelschulzeit und meiner Faszination für Star Wars zu langweilen. Kurz gesagt: Frisky bildete nur den Auftakt zu vielen Ausflügen in die Welt der Fiktion, die mich schließlich zu meinem ersten Populärroman führte, nämlich Tending Roses. Das Buch, eine Kombination aus Fiktion und Lebensweisheiten meiner Großmutter, wurde bei NAL Penguin Putnam veröffentlicht, fand weltweit Anklang und hat mir viele wunderbare Leserbriefe beschert. Es diente darüber hinaus dazu, Erwachsenen das Lesen beizubringen und die Alphabetisierung von Frauen in Indien voranzutreiben.
Ich schätze die Beziehungen, die eine Geschichte zwischen den Menschen herstellen kann, und die Veränderung, die so eine einfache Sache wie einem Buch hervorzurufen vermag. Eine Story ist unsere einzige Möglichkeit, in den Kopf, in das Herz und in den Körper einer anderen Person zu schlüpfen. Geschichten haben nicht nur die Kraft, uns zu unterhalten, sondern auch uns aufzuheitern, zu trösten, Orientierung zu geben, uns zu erhellen, die Einsamkeit erträglicher zu machen, Mitgefühl zu erzeugen, alte Freundschaften zu vertiefen und neue einzugehen. Es gibt nichts Vergleichbares, als – in Buchform – mit jemandem die dunkle Seite der Seele zu beschreiten, den man sonst nie kennengelernt hätte. Nach zweiunddreißig Büchern und zwanzig Jahren als Schriftstellerin bewundere ich immer noch das weltverändernde Potenzial, das Büchern innewohnt. Hauptsächlich aber bin ich dankbar dafür, dass das Leben einer kleinen Schwester mit einer wilden Vorstellungskraft und einem Talent, Tiere lebensecht zu zeichnen, eine Bestimmung gefunden hat.

Welche Ausbildung haben Sie, was haben Sie studiert und üben Sie einen Beruf neben dem Schreiben aus?
Meine gesamtes Erwachsenenleben war ich als Autorin tätig. Ich habe Computerwissenschaften und Technische Redaktion an der Oklahoma State University studiert.

Bitte erzählen Sie uns ein wenig über sich selbst – Ihre Hobbys, wie Ihr Leben im Moment aussieht, was Sie noch für Ziele im Leben haben.
Ich versuche, präsent zu sein und in der Gegenwart zu leben. Es bringt nichts, die Schmerzen und Ärgernisse der Vergangenheit wieder aufzuwärmen, es verlängert nur das Leiden. Es bringt aber ebenso wenig, vorzugreifen und zu versuchen, die Zukunft kontrollieren zu wollen; bei dem Versuch nährt man nur die Sorge, das Unmögliche erreichen zu wollen. Solche Bestrebungen sind erst recht angesichts des Corona-Virus und einer Zukunft, die so ganz anders aussieht als erwartet, schwerer zu erreichen denn je.
Und mehr als je zuvor sehne ich mich danach, meine Zeit draußen zu verbringen, bar aller technischen Gerätschaften, die Kommunikationszwecken dienen, verloren in der Natur. Zu meinen Hobbys gehört die Fotografie – und wer meinem Facebook-Account folgt, wird dort unzählige Fotos finden, von riesigen Bergpanoramen bis hin zu kleinen Wundern am Wegesrand, die man leicht übersieht. Ich liebe es, das Leben durch die Linse einer Kamera zu beobachten. In diesen Tagen erinnern mich diese Schnappschüsse und Videos an Momente des Friedens und der Schönheit in einer komplizierten und manchmal aus dem Gleichgewicht geratenen Welt.

Was macht Sie wütend?
Grausamkeit, Vorurteile, Desinformation, die dazu dient, Hass zu sähen, und Sorglosigkeit angesichts der Bedürfnisse und dem Wohlbefinden seiner Mitmenschen.

Wenn Sie ein Lebensmotto haben – wie lautet es?
Der Weg der Liebe ist der bessere Weg.

Beteiligen Sie sich an karitativen Tätigkeiten oder unterstützen Sie Hilfsorganisationen?
Ja, im Verlauf der Jahre habe ich mit Jugend- und Mentorenprogrammen zusammengearbeitet wie auch mit Ernährungsprogrammen. Seit Ausbruch der Pandemie ist in den USA der Bedarf an Lebensmittelhilfen exponentiell gewachsen. Wir haben das Buch Die Glasperlenmädchen mit einem #ReadTogetherFeedTogether-Programm veröffentlich, dass Tafeln im ganzen Land unterstützt. Daneben unterstütze ich auch Büchereien und Alphabetisierungsprogramme.

Erzählen Sie uns bitte fünf Dinge, die wir noch nicht über Sie wissen:
1. Ich bin nicht in meiner Heimat geboren, während viele meiner Bücher in die Sprache meines Geburtslandes übersetzt worden sind. Leider kann ich die Übersetzungen nicht lesen, da ich im zarten Alter von einem Jahr in die USA auswanderte. Aber ich habe Spaß daran, die deutschen Ausgaben durchzublättern und mal zu schauen, wie viele Wörter ich übersetzen kann.

2. Ich schrieb mein erstes Buch, bevor ich in den Kindergarten kam. The Story Of a Dog Named Frisky war ein kunstfertig illustriertes literarisches Werk, das großes Ansehen genoss und von Manila Paper sowie von Stapler Publishing House publiziert, sprich auf einigen Blättern Packpapier geschrieben und zusammengetackert wurde. Das Buch verkaufte sich sehr gut auf dem Großelternmarkt und ist offizieller Grundstein für meine literarische Karriere.

3. Es gab mal eine Zeit, da war ich eine Rodeo-Königin. Wirklich, kein Scherz! Ich trug eine Krone, eine Schärpe und alles, was dazu gehört.

4. Als Mutter von Jungs sind meine Outdoor-Survival-Fähigkeiten ziemlich ausgeprägt. Ich kann Grashüpfer lebend einfangen, den Köder auf einen Angelhaken spießen, Eidechsenfallen bauen und vieles mehr. Ich gehöre wahrscheinlich zu den Leuten, die man kennen möchte, wenn die weltweite Infrastruktur zusammenbricht.

5. Ich habe nie mehr als nur meine halbe Lebenszeit in der realen Welt verbracht, was erklärt, warum ich mich nur halb so alt fühle, wie ich tatsächlich bin.

Warum haben Sie mit dem Schreiben begonnen?
Der Kopf schwirrte mir schon immer vor Geschichten. Ich habe immer gern geredet. Ich habe Menschen schon immer gemocht. Und Schreiben ist eine Kombination aus allen drei Eigenschaften. Meine Lehrerin in der ersten Klasse versicherte mir, dass ich mal Schriftstellerin werden würde, und ich glaubte ihr. Und abgesehen davon bin ich ein Erwachsener, der niemals seinen imaginären Freunden aus der Kindheit entwachsen ist. Mal ehrlich, warum sollte man das tun?

Was inspiriert Sie? Woher nehmen Sie Ihre Ideen und Geschichten?
Von überallher. Wo immer man im Leben hinkommt, überall liegen »Geschichtskiesel« entlang der Strecke. Manchmal sieht man sie fast unscheinbar am Wegesrand, manchmal stolpert man förmlich über sie. Der Trick besteht darin, lange genug innezuhalten und sie eingehend zu untersuchen. Der Geist eines Schriftstellers fängt an dieser Stelle an zu arbeiten, und so ein Kiesel kann sich als wahrer Goldnugget entpuppen. Darin liegt das Vergnügen, das ist der Punkt, an dem das Magische geschieht. Nichts ist so magisch wie die Magie einer Geschichte.

Bitte skizzieren Sie den Inhalt Ihres aktuellen Buches in wenigen Sätzen.
Die Glasperlenmädchen wurde auf Anhieb ein New-York-Times-Bestseller und hielt sich dort über sechs Wochen. Die Geschichte folgt in der Vergangenheit einem ungleichen weiblichen Trio – Hannie, Lavinia und Juneau Jane –, das sich auf eine gefährliche Reise durch das wiederaufgebaute Louisiana und Texas macht, und in der Gegenwart einer Lehrerin in einer Kleinstadt in Louisiana, der deren Geschichte wiederentdeckt. Die Story wurde inspiriert von tatsächlich erschienen, sogenannten »Lost Friends«-Vermissteninseraten, mit der Familien, die durch die Sklaverei voneinander getrennt wurden, ihre verlorenen Liebsten im Chaos nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg versuchten wiederzufinden. Eine Leserin und freiwillige Helferin von der Historic New Orleans Collection kontaktierte mich und präsentierte mir ihre riesige Sammlung von 2500 Inseraten, die die herzzerreißende und hoffnungsvolle Suche getrennter Familien wiederspiegelten. Diese wurden schließlich die Grundlage für die Geschichte der achtzehnjährigen Hannie Gossett.

Welche Szene fiel Ihnen am schwersten beim Schreiben?
Über die Geschichte der Sklaverei kann man, als Ganzes betrachtet, nur sehr schwer schreiben. Die für mich vielleicht schwierigste Szene kommt gleich zu Beginn des Romans, in der die junge Sklavin Hannie, die schon als kleines Kind von vielen ihrer Familienmitglieder getrennt wurde, realisiert, dass der Tag gekommen ist, an dem ihr auch ihre Mutter entrissen wird.

Haben Sie eine Lieblingsszene?
Hannies Szenen mit Gus McKlatchy gehören zu meinen Lieblingsszenen.

Haben Sie einen Lieblingscharakter?
Mein Lieblingscharakter ist Hannie, aus deren Perspektive hauptsächlich erzählt wird, und unter den Nebenfiguren ist es Gus McKlatchy.

Gibt es irgendwelche Handlungsorte im Roman, zu denen Sie eine besondere Beziehung haben?
Als jemand, der aus einer Pädagogenfamilie stammt, liegen mir besonders die Erfahrungen der jungen Lehrerin Benny Silva am Herzen, die bei dem Versuch strauchelt, ihre Schüler an einer schlecht ausgestatteten Schule in Louisiana zu inspirieren.

Basiert Ihr Buch auf tatsächlichen Gegebenheiten?
Das Buch basiert auf der wahren Begebenheit der »Lost Friends«-Vermissteninserate, die von den 1870-ern bis um die Jahrhundertwende in einer Zeitung geschaltet wurden, die von New Orleans aus Verbreitung in das Hinterland eines im Aufbau befindlichen Staates fand.

Wie haben Sie für Ihr aktuelles Buch recherchiert?
Ich habe für diesen Roman mehr als nur Geschichtsbücher und historische Karten gewälzt; ich wollte in das zeitgenössische Narrativ eintauchen – die authentischen Stimmen jener Leute hören, die die Sklaverei überlebt hatten wie auch den Tumult des Wiederaufbaus. Ich wollte Erfahrungen aus erster Hand. Bücher, die in dieser Zeit geschrieben wurden, und die Erzählungen aus den WPA-Archiven, die im letzten Jahrhundert aufgezeichnet wurden, eröffneten intensive persönliche Einblicke in die Schicksale, die die Verfasser der »Lost Friends«-Inserate mitgemacht haben (mochten). Ich las über hundert von ihnen, um herauszufinden, wie wohl Hannies alltägliche Gedanken, Gefühle und ihre endlose Arbeit in den Jahren vor dem Ende der Sklaverei ausgesehen hätten, aber auch um einen Eindruck zu bekommen, wie ihr Leben danach verlaufen wäre, als sich die Plantagen hin zu einer Pächterwirtschaft entwickelten.
Die Bedingungen, die den ehemaligen Sklaven offeriert wurden, um sie zum »Weitermachen« nach dem Ende der Sklaverei zu bewegen, fielen sehr unterschiedlich aus und hingen von der finanziellen Situation des Landbesitzers, dem Gebiet und zweifellos auch von der Gefühlswelt jener ab, die das Land zuvor bearbeitet hatten. In den meisten Fällen sahen sich die schwarzen Pächter bald in Knebelverträgen gefangen und waren noch dazu bettelarm und bis über beide Ohren verschuldet.

An einem gewissen Punkt beim Schreiben eines Romans unternehme ich eine Reise zu den Schauplätzen, um die Recherchearbeit zu komplettieren, selbst wenn ich das Gebiet gut kenne und eine erste Rohfassung des Textes bereits steht (wie es bei »Die Glasperlenmädchen« der Fall war). Wenn ich mir Orte durch die Augen einer Figur ansehe, erkenne ich unterschiedliche Details – dasselbe Phänomen übrigens, was dem Leser beim Lesen des Romans passiert. Wenn Sie die Schauplätze nach der Lektüre von Hannies und Bennys Geschichte besuchen würden, stehen die Chancen gut, dass Sie Dinge sehen würden, die Ihnen zuvor gar nicht aufgefallen wären. Meine Recherchen führten mich westlich von Dallas weiter in Richtung Süden durch Louisiana, genau entgegensetzt des Weges, den Hannie, Lavinia und Juneau Jane auf ihrem Trek folgen.
Der Trip führte mich durch Sumpflandschaften und dann zur Old River Road, die dem Mississippi von Baton Rouge bis nach New Orleans folgt. Nach einiger Zeit kreuzte ich die Straße zur Whitney Plantation. Diese historische Stätte ist zwar nicht die größte oder beeindruckendste der Plantagen, die entlang der Old River Road überlebt haben, aber sie widmet sich exklusiv einer anderen Facette in der Geschichte der großen Plantagen – den Erfahrungen der als Sklaven ausgebeuteten Menschen. Es ist ein Ort, an dem eine kraftvolle Geschichte erzählt wird.
Von der Old River Road ging es weiter in Richtung Norden. Ich machte Station am Cane River Creal National Historical Park, wo Matt Housche mich am Tor empfing und mir eine unglaubliche Führung durch die Magnolia Plantation gab – und mir alles vom Pankha (ein Fächerwedel und eine Art Vorkriegsversion des Deckenventilators) im Esszimmer bis hin zur Küche aus den 1950er-Jahren zeigte, die von nachfolgenden Generationen »modernisiert« wurde, bevor die Magnolia Plantation in den Besitz des Nationalpark-Systems gelangte. So viele Details von dort entsprachen jenen, die ich mir für Goswood House ausgemalt hatte. Matt zeigte mir sogar, wo sich diverse Luken im Boden befanden, durch die die Sklaven auf der Plantage sozusagen von der Unterkellerung in verschiedene Räume gelangen konnten. Eine führte vom Souterrain in die Kinderstube. Die Amme oder Tagesmutter musste jedes Mal nach oben klettern, um die Babys zu stillen oder sie zu beruhigen.
Das Treffen mit dem Parkranger Matt gehörte zu den Höhepunkten der Reise. Hilfsbereite, zuvor fremde Menschen gehören zu den großen Annehmlichkeiten, wenn man eine Reise zu den Schauplätzen unternimmt. Ich freue mich jedes Mal aufs Neue über die Bereitschaft der Leute, sich darauf einzulassen und mir zu helfen, ein fehlendes Puzzleteil zu finden.

Was sollen Ihre Leser lernen oder mitnehmen, wenn Sie Ihr Buch lesen?
In erster Linie möchte ich, dass die Menschen die Geschichten um die »Lost Friends«-Vermissteninserate kennen lernen, und dass diese Lebenserfahrungen nicht nur durch ihre Briefe für den Kurator verfügbar sind, sondern für jeden, vom Genealogen bis zum Lehrer, vom Forscher bis zum Historiker, und natürlich für all jene, die etwas über die tatsächlich erlebte Geschichte von Zeitzeugen lernen möchten. Ich bin der festen Überzeugung, dass es die größte Respektsbekundung gegenüber einer Person ist, wenn man sich dessen Geschichte anhört. Die zweitgrößte ist, diese Geschichte weiterzuerzählen. Wenn unsere Geschichten verstummen, wenn sie nicht länger erzählt werden, gehen möglicherweise all die darin enthaltenen Lektionen für unser Leben für immer verloren.

Haben Sie andere Texte publiziert?
Mit Co-Autorin Judy Christie habe ich Before and After geschrieben, ein nichtfiktionaler Folgeband zu Libellenschwestern. Das Buch wurde im Oktober 2019 in den USA. von Random House/Ballantine veröffentlicht.

Haben Sie irgendwelche Preise oder Auszeichnungen für Ihr Werk erhalten?
Libellenschwestern gewann den Goodreads Reader’s Choice Award im Jahre 2018 in der Kategorie »Historischer Roman«. Der Titel wurde in 35 Sprachen übersetzt und weltweit 2,5 Millionen Mal verkauft. Die (nicht-fiktionale) Fortsetzung Before and After schaffte es 2019 in die Endausscheidung des Goodreads Reader’s Choice Awards.

Möchten Sie Ihren Leser*innen noch etwas mitteilen?
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Inserate in diesem Buch sind real. Sie wurden verfasst von Tausenden von Waisen und deren Müttern und Vätern, die alles außer die Hoffnung aufgegeben hatten, jemals ihre geraubten Söhne und Töchter wiederzusehen.
Für Jahrzehnte sind ihre Schicksale in der Geschichte verschwunden.
An einem perfekt-gewöhnlichen Frühlingstag hörte ich zum ersten Mal von den »Lost Friends«-Vermisstenanzeigen. Eine freiwillige Mitarbeiterin der Historic New Orleans Collection schickte mir eine E-Mail, in der sie mir mitteilte, dass sie gerade Libellenschwestern gelesen hatte und dachte, ich sollte mir da mal etwas anschauen. Angehängt waren sehr alte Zeitungsinserate, deren Inhalt sie in eine genealogischen Datenbank erfasste – ergreifende, herzzerreißende Briefe an den Herausgeber von ehemaligen Sklaven, die verzweifelt nach ihren Angehörigen in einem Amerika suchten, dass nach dem Bürgerkrieg im Chaos versank. Ihre Gesuche erschienen in einer Kolumne, die »Lost Friends« genannt wurde.

Plötzlich war ich nicht mehr allein auf meiner Veranda hinter dem Haus. Die »Lost Friends« besuchten mich – eine alte Frau, ein junger Mann, ein Mädchen an der Grenze zum Erwachsenenalter, eine Frau, die mit fünfzig Lesen und Schreiben gelernt hatte und die ihre Mutter suchte, die man verkauft hatte, als die Frau selbst erst drei Jahre alt war. Inmitten des sanften Geraschels des Windes, der durch die Frühlingsblätter wehte, sprachen all diese Menschen zu mir. Ich hörte ihnen stundenlang zu, als ich mich durch die »Lost Friends«-Datenbank durcharbeitete. Schriftsteller sind vor allem Zuhörer. Die Geschichten müssen gehört werden, bevor man sie erzählen kann.

Die »Lost Friends« überwältigten mich, mit ihrer standhaften Liebe, ihrer Beharrlichkeit, ihrem Einfallsreichtum, aber vor allem mit ihrer Hoffnung. Aus ihren Geschichten entstanden jene von Hannie und Benny, zwei miteinander verflochtene Suchen, getrennt durch über ein Jahrhundert, jede für sich gefährlich, riskant und lebensverändernd.

Es ist mir ein Vergnügen, Ihnen deren Geschichten zu präsentieren, zusammen mit einigen der »Lost Friends«. Ich hoffe, dass es Sie ähnlich in die Geschichte hineinsaugt wie mich an diesem glorreichen Tag auf der Veranda. Wenn Sie diese Art von Magie bei der Lektüre meines Buches spüren, dann teilen Sie bitte das Buch mit jenen, die ihre Lebens- und literarische Welt begleiten. Eine Geschichte ist niemals fertig erzählt, sondern erst, wenn sie weitergegeben wird.

Danke, dass Sie dabei helfen, Die Glasperlenmädchen zu Ende zu schreiben.

Ihre
Lisa Wingate

GENRE