Von:
Stefan Kleinknecht
08.12.2019
Wer an Obdachlose und Penner denkt, hat schnell Bilder, Gedanken und Vorurteile im Kopf. Wer das Buch "Der Straßen-Doc" von Gerhard Trabert gelesen hat, hat nach der Lektüre plötzlich ganz andere Bilder, Gedanken und Urteile über diese Menschen. Trabert erzählt in seinem Buch eindrucksvoll, welche Schicksale Menschen in die Obdachlosigkeit getrieben haben. Egal ob es Arbeitslosigkeit, Gewalterfahrungen, psychische Erkrankungen oder Asyl-Probleme sind - Trabert kann zu allen Schicksalsschlägen viele persönlich erlebte Geschichten erzählen. Und diese schildert er eindrucksvoll, berührend und mit sehr viel Würde und Respekt. Nebenbei zeigt er auch gesellschaftliche Probleme und bürokratische Hürden auf und äußert deutliche Kritik.
Traberts persönliche Geschichten sind auf jeden Fall die ganz große Stärke des Buches und lassen den Leser den obdachlosen Menschen plötzlich ganz nahe kommen. Und so weicht dann ein Vorurteil hin zu Verständnis und Mitleid, wie meist, wenn man nicht nur mit Vorurteilen an Menschen vorbeigeht, sondern einen tiefen Einblick in ihre Lebensgeschichte bekommt.
Überspringen kann man meiner Meinung nach den viel zu lang geratenen Einstieg. Zudem sind Aufbau und Strukturierung des Buches teilweise etwas durcheinander.
Doch das sind nur kleine Kritiken am Rande und kein Grund, dieses tief bewegende und interessante Buch nicht zu lesen. "Der Straßen-Doc" ist absolut zu empfehlen und sollte eigentlich eine Pflichtlektüre für alle Menschen sein.