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Rezensionen zu
Kein Roman

Jenny Erpenbeck

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Ich gestehe: es gibt Bücher, die lege ich ungern aus der Hand. Die mag ich einfach nicht zu Ende lesen. Da schlage ich immer wieder weiter vorne auf, blättere herum, lese diese oder jene Seite noch einmal, mache mir Notizen, denke nach, lasse wirken. Erzähle anderen davon. Greife ein Thema auf, das es wert ist weiter zu denken, zu diskutieren. Lass mir einen Satz oder Absatz auf der Zunge zergehen, schreibe ihn mir auf. Lasse mich inspirieren, beflügeln. Solche Bücher wachsen mir ans Herz, werden Wegbegleiter… Eines dieser Bücher ist eindeutig: Kein Roman. Texte und Reden. Von Jenny Erpenbeck. Ich gestehe, es ist das erste Buch, das ich von dieser bekannten deutschen Autorin in Händen halte. Davor schon habe ich auf „Gehen, ging, gegangen“ spekuliert, ihren 2015 erschienenen preisgekrönten Roman, der mit seinem aktuellen Thema durch die Medien ging – von mir vorerst aber (noch) ungelesen blieb. Jetzt endlich habe ich begonnen mich mit dieser außergewöhnlichen Autorin auseinanderzusetzen. Kein Roman ist kein Roman. Es ist eine Sammlung von Texten, die einen breiten Querschnitt durch das bisherige Leben und Schaffen dieser Schriftstellerin, Regisseurin, Denkerin und vielfachen Preisträgerin vermittelt. Die Hintergründe ausleuchtet, Persönliches preisgibt. Ein buntes Potpourri an Texten – kurze, kaum zwei Seiten, längere, lange. Quer durch die vielfältigen Lebensbereiche dieser ungemein begabten Frau. Ein üppiger Strauß an Texten. Preis- und Dankesreden, Abhandlungen, Überlegungen zu einem Drehbuch, Unterlagen für eine Poetik-Vorlesung, ein offener Brief, Bildbeschreibungen, Reden, persönliche Erinnerungen. In feinste Worte gefasst, offen und direkt, klar und deutlich. In wunderschöne Sprache verpackt, mit eingängiger Sprachmelodie. Kein Wunder, hat Jenny Erpenbeck doch erst Theaterwissenschaft studiert und wechselte dann, 1990, zum Studium der Musiktheater-Regie zur Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin. Nach dem erfolgreichen Abschluss dieses Studiums 1994 arbeitete sie einige Zeit auch als Regieassistentin am Opernhaus Graz. Neben ihrer Regiearbeit schlug Erpenbeck in den 1990er Jahren die schriftstellerische Laufbahn ein. 1999 erschien ihr Debüt „Geschichte vom alten Kind“… Aber zurück zu Kein Roman. In sechs Abschnitten versammeln sich auf über 400 Seiten prächtige Wortgemälde, gebündelt zu Kategorien wie: Leben. Musik. Schreiben und Literatur. Gesellschaft… Jenny Erpenbeck greift Worte und Gedanken bekannter Künstler auf, spinnt sie weiter, setzt sich mit deren Werken auseinander, stellt Bezüge her zum hier und heute. Seien es die Brüder Grimm oder Wagners »Götterdämmerung«, Thomas Mann, Heimito von Doderer oder Hans Fallada. Sie äußert sich zu Politik, Geschichte, zum aktuellen Weltgeschehen. Stets so, dass sie Gedanken aufwirft, durcharbeitet, dreht und wendet – und anbietet zum weiteren Gebrauch. Einen kurzen Streifzug durch ihr schreibendes Leben schildert Jenny Erpenbeck eindrucksvoll bereits im Vorwort. Da schreibt sie dann: „Damals machte ich zum ersten Mal die Erfahrung, dass auch ein Anderer einem die Tür zum eigenen Nachdenken aufmachen kann“. Mit diesem, ihrem Buch hat sie nun gewiss sehr vielen Menschen sehr viele Türen zum Nachdenken geöffnet. Danke dafür! Jenny Erpenbeck: Kein Roman. Texte 1992 bis 2018. Erschienen: September 2018. Verlagsgruppe Random House. ISBN: 978-3-328-60029-9 Zur Autorin: Jenny Erpenbeck, geboren 1967 in Berlin, ist Regisseurin und Schriftstellerin. Und Tochter des Physikers, Philosophen und Schriftstellers John Erpenbeck und der Arabisch-Übersetzerin Doris Erpenbeck. Ihre Großeltern väterlicherseits sind die Autoren Fritz Erpenbeck und Hedda Zinner. Jenny Erpenbeck verbrachte ihre Kindheit in Ostberlin, wo sie auch ihr Abitur machte und den Fall der Mauer „verschlief“. Sie debütierte 1999 mit der Novelle »Geschichte vom alten Kind«. Es folgten zahlreiche Veröffentlichungen, darunter Romane, Erzählungen und Theaterstücke. Seit 2001 erhielt sie unzählige Preise (GEDOK Literaturförderpreis, Solothurner Literaturpreis, Heimito von Doderer-Literaturpreis, Hertha Koenig-Literaturpreis, Thomas-Valentin-Literaturpreis, Thomas-Mann-Preis, Usedomer Literaturpreis etc.)

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In ihrem Werk "Kein Roman", lässt uns die Autorin Jenny Erpenbeck ein wenig hinter ihre Kulissen schauen. In sechs verschiedene Teile ist das Buch gegliedert: „Leben“, „Wege“, „Schreiben und Literatur“, „Musik“, „Bilder“ und „Gesellschaft“ Hier finden sich verschiedenste Texte und Reden, die zum einen zeigen, wie wahnsinnig sprachgewandt Jenny Erpenbeck ist, diese gleichzeitig aber auch in gewisser Weise greifbar machen und es dem Leser ermöglichen, zumindest ansatzweise Jenny Erpenbeck Art zu Denken und ihre Inspirationsquellen nachzuvoll ziehen. Essays zur Reflexion von Geschehenem und vor Allem sich selbst.

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Jenny Erpenbeck ist ein Unikum. Ich kenne keine Autorin (und keinen Autor) der auf so feine, distinktive Art und Weise den Dingen beim Schreiben auf den Grund geht, sie abtastet und um Ecken herum falsifiziert und gleichermaßen zur Faszination emporhebt. Dies vorweg, um klar zu machen, dass meine Bewunderung für die Autorin schon vorher bestand – und durch diesen Band bestätigt und nicht im Mindesten erschüttert wurde. Gegliedert ist das Buch in sechs Teile mit den Titeln: „Leben“, „Wege“, „Schreiben und Literatur“, „Musik“, „Bilder“ und zuletzt „Gesellschaft“. Der erste Abschnitt enthält (wie auch der dritte) viele Reden, die Erpenbeck zur Aufnahme bei Institutionen oder bei der Verleihung von Preisen gehalten hat. Es sind aber nicht die allzu üblichen, manierlichen Ausbreitungen oder ästhetisch-prinzipielle Höhenflügen, die wir von ihr zu hören/lesen kriegen, sondern Selbstbefragungen, Überlegungsbahnen, auf denen sie kreist, und die mehr an Gewissheit abstoßen, entgehen lassen, als sie anziehen. Erpenbeck macht zumeist früh klar, dass sie im Unauslotbaren schwimmt und auch nicht tiefer tauchen kann als andere, es nur regelmäßiger tut – es zieht sie in die Tiefen, aber auch sie ist nicht die natürliche Bewohnerin dieser Tiefe, auch sie ist nur Besucherin, Taucherin. Der Trend der Selbstbefragung zieht sich durchs ganze Buch. Die Texte erweisen sich nicht als Wegweiser, sondern als Labyrinthe ohne Sackgassen, aber auch ohne Ausgang; als Verästelungen, die mit der Zeit, durch ihre Sprache, durch ihre Feinheit, eine große einnehmende Kraft erzeugen, die einen zu allen Erscheinungen in diesen Texten hinzieht. Man merkt schon, dass mir meine Sprache kaum ausreicht und ich habe das Gefühl, meine Worte werden den Worten Erpenbecks, die sie so gut und gleichsam ohne Rücksicht zu wählen weiß, nicht gerecht. Ihre Sprache ist nicht artistisch, aber so gewunden und direkt, dass sie in ihren Auswüchsen plötzlich schmerzt und gleichsam vollendet zu zieren scheint. „Kein Roman“ ist ein Buch, dessen Reichtum aus jedem einzelnen Text neu hervorgeht. Wer ein paar klare Thesen will, der ist hier falsch aufgehoben. Erpenbecks Sprache geht nicht den Weg der offenkundigen Widerstände und Debatten, sondern der Anklänge, des Unwägbaren, des nicht Abgeholten. Beeindruckend, berückend, bedrückend mitunter, ist die Erfahrung, faszinierend und fesselnd.

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