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Rezensionen zu
Das Trauma von der Seele schreiben

Stephan Konrad Niederwieser

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€ 18,00 [D] inkl. MwSt. | € 18,50 [A] | CHF 25,50* (* empf. VK-Preis)

Vorab: das Buch ist kein Ersatz zu einer Therapie bei schwerer Depression! Das macht es auch ganz klar. Wenn du an Hilfe brauchst und nicht weiter weist wende dich an deine Freunde, Arzt oder an zum Beispiel die Telefonseelsorge 0800 1110111 Das Buch selbst ist eine gute Ergänzung zur Therapie oder leichten Traumata. Ich selbst spreche hier aus Erfahrung. Jedoch muss ich sagen, dass der praktische Teil etwas kurz kam. Der Großteil des Buches beschäftigt sich mit der Theorie des Traumas und dessen Definition und so weiter. Ich hätte mir mehr konkrete Umsetzungsbeispiele und Techniken gewünscht. Es profitiert aber eindeutig von den persönlichen und ehrlichen Schilderungen des Autors. Interessant ist es alle Mal.

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Was zeichnet eine*n gute*n Schriftsteller*in aus? Er oder sie kann schreiben. Stimmt. Aber vielmehr noch: Er oder sie kann beschreiben und Schreiben ist für diese Menschen ein Drang. Sie können gar nicht anders. Er oder sie muss (be-)schreiben. Das Führen von Stift auf Papier, die klackernden Tastenanschläge auf dem Keyboard – sie sind ein Bedürfnis wie Essen und Atmen. Ausdruck und einen Ausweg finden Die Arbeit an einem Projekt hat damit stets etwas von einem Befreiungsschlag. Die Worte müssen raus. Sonst wirst du unausgeglichen, launisch, schlicht und einfach unerträglich. Wer Schreiben liebt, hasst es daher auch. Hassliebe. Filme leben uns auf der Leinwand schon mal romantisierte Formen von Kreativität vor. Doch der kreative Prozess gleicht in den seltensten Fällen einem argentinischen Tango. Meistens kämpfen wir Kung-Fu mit unseren Synapsen. Aber wozu das Ganze? Tatsächlich hatten einige Autor*innen eine zunächst recht zweckmäßige Beziehung zum Schreiben. Das Schreiben half ihnen. Dem verstummten Ortheil kamen so zum Beispiel die Worte wieder. Doch auch für den Laien kann Schreiben Werkzeug und Ventil sein. Erst vor kurzem habe ich von Ronnie O’Sullivan und seinem „Chimp“ berichtet. Durch Tagebuchschreiben hat er begonnen, die fiese Stimmen in seinem Kopf zu reflektieren und nicht mehr ganz so ernst zu nehmen. Heilschreiben – eine Form der Selbstheilung Schreibtherapie gewinnt neben anderen Ansätzen wie Verhaltenstherapie an Bedeutung. Stephan Konrad Niederwieser hat ein Buch darüber geschrieben: „Das Trauma von der Seele schreiben. Eine neue Methode zur Selbstheilung“*. Bei seiner Schreibtherapie geht es jedoch nicht darum, regelmäßig Tagebuch zu schreiben. Beim Heilschreiben wird nicht chronologisch, sondern themenorientiert gearbeitet – an einem Trauma oder mehreren Traumata. Dazu erklärt er eingangs: Was ist ein Trauma überhaupt? Welche Arten gibt es – z. B. Schocktrauma, Monotrauma und Entwicklungstrauma? Wichtige Fragen in diesem Zusammenhang sind auch: „Bedeutet jede überwältigende Erfahrung ein Trauma?“ Zwischen Problem und Trauma gibt es eben einen Unterschied. Damit ein Problem oder eine schwierige Situation zum „Trauma“ wird, müssen mehrere Faktoren zusammenkommen: - Alter, als es passiert - Passert es einmalig oder häufen sich die Ereignisse? - Beziehung zur traumatisierenden Person - Ist der/die Betroffene mit der Situation allein oder ist eine Vertrauensperson vorhanden? - Gibt es Verständnis für das Erlebte oder nicht? - Hilft jemand? Viele der genannten Punkte deuten darauf hin, dass Einsamkeit nicht nur häufig eine Folge von Traumata ist (und bspw. ein Symptom von Depressionen), sondern Einsamkeit auch Traumata befördern kann. Wenn das familiäre oder freundschaftliche Sicherheitsnetz fehlt, ist es viel wahrscheinlicher, dass sich eine überwältigende Situation zum Trauma auswächst. Traumata, vor allem in jungen Jahren, prägen das Selbstbild und die eigene Wahrnehmung. Betroffene entwickeln Überlebensstrategien, mit denen sie sich in traumatischen Situationen schützen, sich aber später im Leben selbst im Weg stehen. Das Thema „Scham“ spielt hier eine Hauptrolle. Vielleicht kennen Sie Gedanken wie diese: „Das kann ich nicht. Die wollen nur kluge Menschen. So attraktiv werde ich nie …“ Diese Glaubenssätze können als innere Stimmen wahrgenommen werden. Manche Menschen lassen sich davon einschüchtern, treffen aufgrund dessen Lebensentscheidungen. Überzeugungen schränken ein, dämpfen die Lebensfreude. Offenheit, Neugier und Lust verhallen zugunsten von Gleichgültigkeit. Der Mut, auf andere zuzugehen, Neues in Angriff zu nehmen oder das eigene Potenzial zu leben, ist versperrt. Diese Überzeugungen bilden sozusagen unser Betriebssystem, das unser Erleben in bestimmte bevorzugte Bahnen lenkt. Sind wir überzeugt, hässlich zu sein, interpretieren wir Blicke anderer bevorzugt so: „Er schaut mich an, weil ich hässlich bin.“ Das ist aber schwer zu ertragen. Um dennoch irgendwie lebensfähig zu bleiben, entwickeln wir eine Reihe von Strategien. Eine auf Scham basierte könnte sein, dass man sich zurückzieht, andere meidet oder sich in Lebensumfelder flüchtet, in denen das Aussehen kein Thema ist. Versucht man so eine Überzeugung mit Stolz zu kompensieren, könnte man den Körper im Fitnessstudio trainieren, sich liften lassen oder Operationen an sich vornehmen lassen, in der Hoffnung dadurch attraktiver zu werden. (S. 34 f.) Die Folge: Wir entwickeln ein stark verzerrtes Selbstbild. Häufig spüren wir uns schlechter, nehmen unsere Gefühle nicht mehr richtig war, merken nicht, wann wir erschöpft sind und vieles mehr. Warum heilt ein Trauma nicht von selbst? Verletzungen der Haut heilen selbstständig, Knochen wachsen wieder zusammen. Aber die Folgen von Psychotrauma scheinen sich hartnäckig der Heilung zu verweigern. Warum eigentlich? (S. 53) Heißt es nicht, Zeit heilt alle Wunden? Wenn jemand als Kind traumatisiert wurde und den Schmerz, den Schrecken und die Angst von sich fernhält, ist es so, als würde er dieses verletzte, verschreckte Kind in einen Keller sperren: Er will mit diesem Kind nichts mehr zu tun haben. Er nimmt es nicht länger wahr. Er kriegt nicht mit, wie es sich fühlt, was in ihm vorgeht, worunter es leidet. Ähnlich wie ein Kind aus Fleisch und Blut, das ohne Kontakt und Ansprache geistig und emotional verkümmert, wird sich auch dieses innere Kind nicht weiterentwickeln. Es wird allenfalls ab und zu aufbegehren und je nach Möglichkeit schreien, weinen, traurig sein oder auf andere Weise seine Not kundtun. Sie kennen das vielleicht: Menschen, die emotional in Stress geraten, sprechen plötzlich wie Kinder. Der Dialekt ihrer Kindheit bricht durch, die Sätze werden einfacher konstruiert, Kunstwörter tauchen auf, oft wird auch die Stimme höher. (S. 53) Aber was macht man nun mit diesem „Kellerkind“ des Unterbewusstseins? Haut verheilt, wenn man sich der Wunde bewusst wird, sie anerkennt, sie reinigt und pflegt – wenn man also Umstände schafft, in denen sie heilen kann. Mit einem Psychotrauma verhält es sich ähnlich. Wenn Sie den Rahmen zur Heilung seelischer Wunden schaffen, lassen sich auch deren Folgen heilen. Zu diesem Rahmen gehört: - Wahrnehmen: Sie spüren, dass etwas nicht stimmt. - Erkennen: Sie spüren nach, was sich nicht stimmig anfühlt, und suchen nach der Bedeutung. - Anerkennen: Sie stellen sich Ihrer Wunde: Es ist meine, sie gehört zu mir. - Erforschen: Sie finden heraus, was alles dazugehört. Welche Identifikationen liegen meiner seelischen Wunde zugrunde? - Transformieren: Sie suchen nach dem Gegenmittel. (S. 55) Die Transformation ist sicherlich der langwierigste Prozess. Doch bereits das Wahrnehmen ist eine enorme Hürde. Es bedeutet nämlich, den Schmerz zuzulassen. Es bedeutet aber auch, sich im Hier und Jetzt zu spüren, Selbstreflexion zu üben. Dabei kann etwas helfen, was auch Hanns-Josef Ortheil in „Der Stift und das Papier“ beschreibt. Sein Vater erinnert ihn stets daran, genau zu beschreiben. Vor allem das präzise Beschreiben von Empfindungen kann Klarheit im Kopf und in der Seele schaffen. Nicht selten überlagern wir das eigentliche Gefühl mit einem anderen. Kennst du den Spruch: „Lache, wenn es nicht zum Weinen reicht“? Tatsächlich erzählen manche Menschen mit einem schrägen Lächeln auf den Lippen von furchtbaren Dingen, die ihnen widerfahren sind. Das Lächeln ist wie eine Mauer. Es ist undurchdringbar. Der eigentliche Schmerz bleibt hinter der Fassade. Im Queen-Song „The Show Must Go On“ heißt es ja auch: „Inside my heart is breaking. My makeup may be flaking but my smile, still, stays on.“ Heilschreiben kann sehr effektiv sein, diese Fassade zu durchbrechen und Knoten platzen zu lassen. Das klingt befreiend, ist aber auch nicht ohne Risiko. Jede Form der Psychotherapie birgt die Gefahr der erneuten Traumatisierung, weil das Unbewusste, das Sie ans Tageslicht heben, Sie überfluten kann. So auch das Heilschreiben. (S. 70) Vielleicht möchtest du dich vorab mit deinem Thema im Allgemeinen etwas vertrauter machen. Der Teil ab S. 168 gleicht einem Glossar und verschlagwortet Themen wie „Angst“, „Hass“, „Geschlechtlichkeit“, „Krankheit“, „Scham“ und „Wut“, um nur ein paar zu nennen. Wenn so eine Welle heranrauscht, kannst du dir diesen Satz vors innere Auge holen: „Feelings are much like waves, we can’t stop them from coming but we can choose which one to surf.“ Allein das beruhigt mich häufig schon. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Perspektive zu wechseln. Wenn dich die Gefühle zu übermannen scheinen, dann besinne sich auf deinen Körper. Versuche dich auf deinen Atem zu konzentrieren oder auf die Stelle, wo die Füße den Boden berühren – statt auf die belastenden Gefühle. So kannst du dich wieder zurück ins Hier und Jetzt holen, dich erden. Weitere Notfalltipps findest du ab S. 136. Schreiben – ob Heilschreiben oder „nur so“ – brauche ich wie die Luft zum Atmen. Wenn ich zum Beispiel Konzentrationsschwierigkeiten habe, sich mein Gedankenkarussell im Kreis dreht, hilft mir Schreiben. Ich schreibe auf, was da im Dachstübchen gerade vor sich geht. Dann ist es raus und ich habe wieder Platz für andere Ideen. Tipps, wenn du mit dem Heilschreiben anfangen möchtest Stephan Konrad Niederwieser liefert mit seinem Buch wertvolle Erklärungen rund um Traumata und, dazu passend, praktische Übungsanleitungen, um sie mit Stift und Papier zu verarbeiten (grün unterlegte Textteile). Du kannst aber auch jetzt gleich, ohne das Buch, einen Einstieg wagen. - Nimm dir täglich 15 Minuten Zeit für dich zum Schreiben. - Lies das Geschriebene stets nach ein paar Tagen noch einmal durch. Wie geht es dir damit? Vielleicht möchtest du auch das aufschreiben. - Mit Tastatur oder Papier: Probier es einfach aus. Schreibe, wie du es gewohnt bist oder womit du dich am wohlsten fühlst. - Scheiß auf Orthografie! - Streng geheim: Deine Unterlagen sollte niemand je lesen (daher ist auch die Rechtschreibung egal). - Lass dich auf dich und deine Gefühle ein. - Such dir einen ungestörten Ort zum Schreiben. - Stell dir brennende Fragen (Think big!): Desto schneller machst du Fortschritte. - Durchhalten: Schreiben ist ein Ausdauersport. Also, bleib dran! Du kannst mit der Literaturgattung experimentieren. Es gibt keine feste Form für das Heilschreiben. Du kannst deine Einträge zwar als Tagebuch anlegen, musst du aber nicht. Denkbar sind auch folgende Formate: - Dialog - Brief - Dankesrede - alternatives Ende für deine Geschichte - die Erzählperspektive wechseln Wie gehst du mit unangenehmen Gefühlen oder Erlebnissen um? Ist Schreiben für dich eine Freizeitbeschäftigung oder sogar mehr – ein Werkzeug, um lockere Schrauben an der Seele wieder anzuziehen?

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