Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Nach dem Winter

Guadalupe Nettel

(2)
(0)
(0)
(0)
(0)
€ 17,99 [D] inkl. MwSt. | € 17,99 [A] | CHF 25,00* (* empf. VK-Preis)

„Jede neue Freundschaft, vor allem wenn eine gewissen Anziehungskraft besteht, bedeutet eine Reise in eine unbekannte Dimension oder zumindest in Parzellen der Wirklichkeit, mit denen wir nicht vertraut sind.“ (Zitat Seite 139) Inhalt: Aufgewachsen in Kuba, lebt Claudio nun in New York. Er arbeitet als Lektor und Übersetzer in einem Verlag und auch als Lektor. Er ist mit der Designerin Ruth befreundet, lebt jedoch allein. Sein Tagesablauf folgt einem festen Ritual, was ihm Sicherheit gibt. Cecilia hat Mexiko verlassen, um in Paris Literaturwissenschaften zu studieren und schreibt an ihrer Magisterarbeit. Sie lebt sehr zurückgezogen in einer Wohnung mit Blick auf einen Friedhof. Nur zwei Menschen können sie immer wieder aus ihrer Isolation holen, ihre Freundin Haydée und ihr Wohnungsnachbar Tom. Claudio kennt Haydée schon seit der gemeinsamen Jugend in Kuba und als er für einige Tage nach Paris kommt, trifft er sie. Haydée bringt Cecilia zu diesem Treffen mit und Claudio und Cecilia verlieben sich auf den ersten Blick. Weihnachten verbringen die beiden in Paris, dann fliegt Cecilia zu Claudio nach New York. Doch es gibt immer noch Ruth und Tom … Thema: Dieser Roman handelt von Problemen, die nicht aufgearbeitet wurden und daher das Verhalten der Protagonisten auch Jahre später noch beeinflussen. Ein weiteres Thema sind Depressionen und die Art der Menschen, damit umzugehen. Es geht aber auch um Migration und die damit verbundene Einsamkeit in einer Großstadt, was sowohl bei Claudio in New York, als auch bei Cecilia in Paris zu einer Isolation führt, die jedoch in beiden Fällen gewollt ist. Gerade dieses bewusste Leben als zurückgezogene Einzelgänger stellt beide vor völlig neue emotionelle Herausforderungen, als sie im anderen eine verwandte Seele finden und sich verlieben. Charaktere: Claudio verlässt Kuba nach einem traumatischen Erlebnis, das er mit den Jahren verdrängen kann, das aber dennoch seine Persönlichkeit prägt. Daher verlaufen seine Beziehungen zu Frauen, bevor er Cecilia trifft, auf Distanz. Mit Ruth, die fünfzehn Jahre älter ist, trifft er sich daher niemals in seiner eigenen Wohnung, schafft es aber auch nicht, sich definitiv von ihr zu trennen. Er ist kein Protagonist, den man als Leser ins Herz schließen möchte, obwohl man sein Verhalten im Kontext nachvollziehen kann. Cecilias Mutter verlässt die Familie, als Cecilia ein kleines Kind ist. Dieses Erlebnis prägt sie und sie beginnt früh, sich für Friedhöfe zu begeistern. Mit fünfzehn gehört sie zur Literatur- und Gothic-Szene und auch als erwachsene Frau in Paris hält sie sich gerne auf Friedhöfen auf. Sie hat Phasen in ihrem Leben, in denen sie sich völlig von der Außenwelt abschottet. Sie braucht eine wichtige Aufgabe, um aus ihrer Isolation aufzutauchen. Schreibstil: Die Autorin erzählt die Geschichte in der Ich-Form, wobei es zwei Ich-Erzähler gibt, Claudio und Cecilia. Als zusätzliches Stilmittel lässt sie jene Passagen des Romans, welche die Beziehung zwischen Claudio und Cecilia betreffen, doppelt erzählen, dieselbe Situation jeweils aus der Sicht von Claudio, dann, wie Cecilia es sieht. Durch dieses betonte Schildern erhält der Leser einen tieferen Einblick in die unterschiedlichen Denkweisen der beiden, wodurch sich das jeweilige Verhalten nachvollziehen lässt. Rückblenden in Form von Kindheits- und Jugenderinnerungen erklären Probleme, die in der Vergangenheit liegen, aber auch in der Gegenwart Auswirklungen auf die Persönlichkeit der Charaktere haben. Die Spannung ergibt sich nicht so sehr aus den Geschehnissen, sondern aus den unterschiedlichen, möglichen Entscheidungen der Hauptprotagonisten, als Leser überlegt man zuvor, wie es weitergehen wird und danach, wie man selbst vielleicht entschieden hätte. In erster Linie ist es jedoch eine Erzählung, die uns über eine bestimmte Zeitspanne am Leben von Claudio und Cecilia teilhaben lässt. Die anspruchsvolle Sprache liest sich flüssig, sie beschreibt, verdichtet dort, wo es um die jeweiligen Gedankengänge geht, verzichtet jedoch auf Metapher. Fazit: Trotz des Textes auf der Buchrückseite „ … ein berührender Roman über die heilende Kraft der Liebe“ sollt man bei dem vorliegenden Buch keinen romantischen Wohlfühlroman erwarten, denn dann wird man enttäuscht. Es ist eine sehr realistische Schilderung von Menschen, die in der Anonymität der Großstadt untertauchen, geprägt von Kindheits- und Jugenderlebnissen und wie sie mit den Herausforderungen einer Beziehung umgehen. Interessant ist dabei, dass die wichtigsten Entscheidungen nicht von ihnen selbst getroffen werden, sondern sie durch nahestehende Dritte gleichsam in die Entscheidung gedrängt werden. Die Autorin überlässt es dem Leser, über andere Varianten, das bekannte „was wäre, wenn“ nachzudenken. Ein Roman, auf den man sich einlassen muss, doch wenn man dies tut, legt man ihn erst aus der Hand, wenn die letzte Seite umgeblättert ist.

Lesen Sie weiter

Eine Geschichte über das Leben und die Liebe

Von: Marakkaram aus Lingen

28.03.2018

Ich wurde Ruths Liebhaber, weil ich überzeugt davon war, in Sachen Liebe behindert zu sein. Claudio hat nach einem tragischen Verlust, seiner Heimatstadt Havannah den Rücken gekehrt und arbeitet seit einigen Jahren als Lektor in New York. Er ist ein ruhiger, kontrollierter, egozentrischer Mensch, der sehr zurückgezogen lebt. Cecilia hat ihre Kindheit in Mexiko verbracht und studiert seit ein paar Monaten in Paris. Der Umgang mit Menschen fällt ihr aus unerklärlichen Gründen sehr schwer, dafür hat sie umsomehr ein Faible für ruhige Friedhöfe. Als die beiden sich über gemeinsame Freunde begegnen, sind sie voneinander angetan und obwohl beide jeweils in einer Art Beziehung stecken, schreiben sie einander und Cecilia beschliessst nach New York zu fliegen um Claudio zu besuchen.... * ~ * ~ * Die mexikanische Journalistin Guadalupe Nettel legt mit ihrem Debut "Nach dem Winter" einen sehr ruhigen, fast schon melancholischen und trotzdem auf seine Art sperrigen Roman vor. Nach einem großartigen Einstieg hätte es für mich im Mittelteil ein paar Seiten weniger gebraucht. Gefühlt tritt die Geschichte ein wenig auf der Stelle, was auch mit Sicherheit so beabsichtigt ist, weil es zum Leben von Claudio und Cecilia dazugehört. Trotzdem hat mich der Roman unheimlich berührt. Zwei Menschen, die in sich gefangen sind, die von einer Beziehung jenseits einer Zweckgemeinschaft träumen, aber gar nicht mehr in der Lage sind aus sich herauszukommen, nicht mehr die Kraft haben über ihre Schatten zu springen und den Mut noch einmal etwas zu riskieren. Und eigentlich auch gar nicht mehr wissen, wie man mit einem Partner umgeht. Guadalupe Nettel hat hier sehr interessante Charaktere ins Leben gerufen, an deren Gedanken und Gefühlen man gerne teilnimmt. Ihr Schreibstil ist sehr klar, die Sprache berührend, fast schon poetisch und immer mit einem Hauch von Melancholie und Traurigkeit. Dennoch ist es kein trauriges Buch. Es geht vielmehr um Sehnsüchte, Einsamkeit, die Anonymität der Großstädte und das Leben an sich. "Nach dem Winter" ist kein Roman, den man einfach so wegliest und auch keine romantische Liebesgeschichte. Er ist sperrig, hallt lange nach und lässt einen nachdenklich zurück. Fazit: 4,5 Sterne für eine Geschichte unserer Zeit. Ich würde mich freuen bald mehr von Guadalupe Nettel zu lesen.

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.