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Rezensionen zu
Die rothaarige Frau

Orhan Pamuk

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Ödipus

Von: Literaturwerkstatt-kreativ /Blog

19.12.2017

„Literaturwerkstatt- kreativ“ stellt vor: „Die rothaarige Frau“ (Hörbuch) von Orhan Pamuk Cems Vater verschwindet eines Tages spurlos und nun ist der Sohn gezwungen eigenes Geld zu verdienen, um sein Studium zu finanzieren. Er arbeitet in Öngören, einem Vorort von Istanbul, für den Brunnenbauer Mahmud . Sie graben wochenlang – nach alter Tradition – an einer Stelle nach Wasser. Denn der Meister ist überzeugt, genau dort werden sie fündig werden. Meister Mahmud schärft Cem immer wieder ein, „Ein Schüler muss seinem Meister vertrauen“. Mit der Zeit wird Meister Mahmud immer mehr zu einem Ersatzvater für Cem und erzählt ihm nach getaner Arbeit schöne Geschichten. Einmal erzählt Cem seinem Meister auch eine Geschichte und zwar die des Ödipus. Aus einer Laune heraus wählt er diese Geschichte und dennoch ist es kein Zufall, denn das Ödipus-Thema wird Cem noch in manch anderen Momenten seines Lebens immer wieder begegnen. Manchmal gehen die Beiden nach Öngören um Vorräte einzukaufen. Bei einem dieser Besuche lernt Cem eine rothaarige Frau kennen und verliebt sich in sie. Die Frau ist Schauspielerin und mit ihrer Theatergruppe gerade im Dorf. Cem möchte in eine der Theatervorstellungen gehen, der Meister missbilligt dies jedoch. Trotzdem geht Cem heimlich ins Theater. In der Vorstellung wird „Rostam und Sohrab“ gespielt. Es ist ein Stück, in dem der Vater versehentlich den Sohn tötet (also ähnlich wie in der Ödipus Geschichte, nur das diesmal der Vater den Sohn tötet). Die rothaarige Frau zieht Cem immer mehr in ihren Bann. Weil er ständig an sie denken muss, wird er bei der Arbeit unachtsam. Während er am Brunnenrand steht und auf Anweisungen wartet, arbeitet der Meister unten im ausgehobenen Brunnen. Da fällt der Eimer in den Brunnen und Cem – entsetzt und im festen Glauben der Eimer hätte den Meister erschlagen, ergreift ihn die Panik und er flieht nach Istanbul. Dort absolviert er ein Studium, wird Geotechniker und mit der Zeit ein sehr erfolgreicher Unternehmer. In all den Jahren muss er jedoch immer wieder an den Meister und die rothaarige Frau denken. Eines Tages holt ihn die Vergangenheit ein und er kehrt nach Öngören zurück. Fazit: Orhan Pamuk gilt als einer der wichtigsten Schriftsteller der Türkei und hat 2006 den Literatur-Nobelpreises erhalten. Immer wieder vermittelt er in seinen Romanen zwischen der sogenannten modernen europäischen Welt und den mystischen Traditionen des Orients. So auch in „Die rothaarige Frau“ und genau das ist das fantasierende an seiner Erzählkunst. Es ist der erste Roman den ich von ihm gehört habe und er hat mich sofort begeistert. Mit seiner exzellenten Erzählkunst schafft er eine wunderbare Verbundenheit zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Wie ein roter Faden spinnt er die Geschichte von Ödipus, sowie die Erzählung „Rostam und Sohrab“ (eine Sage aus dem Heldenepos „Schāhnāme des persischen Dichters Abū ʾl-Qāsim Firdausī) in seinen Roman hinein. Auch wenn die Themen nicht leicht sind, so konnte man den Worten Pamuks doch sehr gut folgen. Er schafft es mit seiner schönen poetischen Sprache, das Ganze begreifbar und verständlich zu machen. Aber auch die beiden Sprecher verdienen ein großes Lob, denn sie haben den Roman stimmlich mit Bravour umgesetzt. Man merkt sofort, dass Sie sich gut in die Protagonisten hineinversetzten und die verschiedenen Stimmungen gut widerspiegeln konnten. Absolut faszinierend war für mich vom ersten Augenblick an das Cover. Es hatte mich sofort in seinen Bann gezogen, bevor ich überhaupt wusste worum es geht. „Die rothaarige Frau“ ist mit Sicherheit keine Lektüre, die man mal eben so zwischendurch liest oder hört, aber für Liebhaber von klassischer Literatur eine absolute (Hör) – Leseempfehlung !!! Besten Dank an den Hörverlag für das Rezensionsexemplar.

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"Wenn du deinem Lehrling nicht vertrauen kannst, kannst du auch kein Brunnenbauer werden. Man muss absolut sicher sein, dass der Junge da droben alles richtig und zur rechten Zeit macht. Nur dann kann man ihn vergessen und sich auf seine Arbeit konzentrieren. Als Brunnenbauer kann nur bestehen, wer seinem Lehrling vertraut wie einem Sohn." Der Vater des Ich-Erzählers Cem verschwindet eines Tages spurlos und lässt seine Frau und seinen Sohn allein zurück. Obwohl Cem gerne studieren möchte, was auch dem Wunsch seines Vaters entsprochen hatte, der in dem Sohn einen späteren Wissenschaftler gesehen hat, nimmt er vorerst eine Stelle bei einem Brunnenbauer an. Die Arbeit mit Meister Mahmut, der im Istanbuler Vorort Öngören nach Wasser sucht, ist hart und anstrengend, doch Meister Mahmut wird bald zu einer Art Ersatzvater, der für Cem eine stabilere Vaterfigur darstellt, als es sein leiblicher Vater vermochte. Doch Cems eigentlicher Höhepunkt bei der Arbeit in Öngören ist seine Begegnung mit ‚der rothaarigen Frau‘, in die er sich verliebt, deren Nähe er sucht, die deutlich älter als er und zudem verheiratet ist, mit der er aber schließlich eine Nacht verbringt. Doch dann kommt es zur Katastrophe: Während Cem am Brunnenrand steht und auf Meister Mahmuts Anweisungen wartet, inspiziert der Meister den Boden des ausgehobenen Brunnens, in dem noch immer kein Wasser fließt, und wird von einem heruntergefallenen Eimer erschlagen. Cem flieht aus Öngören und versucht, ein neues Leben ohne die zermürbenden Gedanken an den Meister zu beginnen, doch die Schuld und auch die Gedanken an die rothaarige Frau holen ihn immer wieder ein. Ich habe vor vielen Jahren ‚Rot ist mein Name‘ des Literatur-Nobelpreisträgers Orhan Pamuk gelesen, und obwohl ich damals begeistert von seinem Roman war, hat es mehr als zehn Jahre bis zu meiner zweiten Begegnung mit dem türkischen Autor gedauert. ‚Die rothaarige Frau‘ wird sehr geradlinig und klar erzählt und unterscheidet sich damit stark von der häufig opulenten Erzählweise der orientalischen Tradition. Trotz des Fehlens von sprachlicher Ausschweifung zeichnet sich der Roman jedoch durch ein sehr komplexes Spiel mit Sagen und Epen aus und wirkt dadurch bisweilen märchenhaft. Pamuk bindet zwei berühmte Epen/Sagen in seine Geschichte um Cem ein: Zum Einen erwähnt er das persische Nationalepos Schāhnāme des Dichters Firdausi, in dem im Versformat vom Helden Rostam und seinen Taten sowie von seinem Sohn Sohrab erzählt wird, wobei Sohrab aus Unkenntnis über seine wahre Identität von seinem eigenen Vater getötet wird. Zum Anderen verwebt Pamuk die Geschichte des Ödipus aus der griechischen Mythologie, der unwissentlich seinen Vater tötet und aus Unkenntnis seine Mutter heiratet, mit den Ereignissen in seinem Roman. Pamuk entwirft so nicht nur ein komplexes Werk, sondern verbindet auch Orient und Okzident. Mich hat Pamuks aktueller Roman von Anfang bis Ende überzeugt, denn die Verwebung von Mythos und Realität, von Vergangenheit und Gegenwart, von Morgenland und Abendland ist ihm durchweg gelungen. Zudem ist Pamuk meiner Meinung nach ein sehr gutes Beispiel für einen Autor, dessen Romane sowohl unterhaltsam als auch anspruchsvoll geschrieben sind. Das (nicht gekürzte) Hörbuch wird sehr ansprechend und fesselnd von Thomas Loibl und Eva Mattes gelesen. Die beiden Sprecher liefern dem Roman die passende Interpretation und hauchen den Figuren Leben ein. Orhan Pamuk: Die rothaarige Frau. Aus dem Türkischen von Gerhard Meier. Gelesen von Eva Mattes und Thomas Loibl. der Hörverlag, 2017; 22,99 Euro.

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