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Rezensionen zu
Todesfuge - Biographie eines Gedichts

Thomas Sparr

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„Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts wir trinken und trinken wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng […]“ Diese Zeilen aus Paul Celans Gedicht Todesfuge sind weit über die Grenzen der deutschen Literatur hinaus bekannt. Es sind Worte, die versuchen, von etwas zu erzählen, das eigentlich kaum in Worte zu fassen ist. Es sind Worte, die erschüttern, beschämen und die Bilder von unfassbarem Leid heraufbeschwören. Völlig zu Recht nannte der Literatur- und Kulturwissenschaftler Wolfgang Emmerich die Todesfuge ein Jahrhundertgedicht. Thomas Sparr zeichnet nun in seinem Buch Todesfuge. Biographie eines Gedichts (10.03.2020 bei DVA)die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte dieses bemerkenswerten Gedichtes nach und legt damit zugleich auch eine Lebensgeschichte Paul Celans vor, die zeigt, wie sehr Celan als Jude durch den Nationalsozialismus gepeinigt wurde. So entstand auch Todesfuge im Jahr 1944/45 unter dem unmittelbaren Einfluss der Ermordung seiner Eltern durch die Nationalsozialisten und das Gedicht speist sich aus zahlreichen realen Impulsen, die der nur knapp dem Konzentrationslager entgangene Paul von sich dort befindlichen Bekannten erhielt. Wie Sparr jedoch sehr anschaulich darlegt, ist Todesfuge nicht nur ein Gedicht über den Holocaust, sondern es hat jene „Begriffe, mit denen wir diesen Text deuten – Lyrik nach Ausschwitz, ein Gedicht über den Holocaust, ein frühes Zeugnis der Shoah“ entscheidend mitgeprägt. Sparr nimmt den Leser also mit auf eine Reise durch das Leben Paul Celans und wählt dabei eine Vorgehensweise, die sich an den geografischen Stationen seines Lebens orientiert, womit zugleich auf die sehr unterschiedlichen Rezeptionsbedingungen der Todesfuge sowie die Voraussetzungen für Celans weiteren literarischen Schaffensprozess verwiesen wird. Die Reise beginnt 1944 in Celans Heimat Czernowitz, führt über Bukarest, Wien, Paris, New York, Darmstadt, Budapest und viele weitere Orte, wobei Sparrr durch den Einbezug zahlreicher Berichte von Freunden und Bekannten das Bild eines Mannes zeichnet, der viele Seiten hatte: Angesichts des Leids, dass Celan erfahren musste, konnte er still, zurückgezogen und melancholisch sein, andererseits konnte er ebenso romantisch und leidenschaftlich sein, wenn er zum Beispiel an seine Geliebte Ingeborg Bachmann die folgenden Zeilen schrieb: „Denk an ›In Ägypten‹. Sooft ichs lese, seh ich Dich in dieses Gedicht treten: Du bist der Lebensgrund, auch deshalb, weil Du die Rechtfertigung meines Sprechens bist und bleibst. […] Aber allein, das Sprechen ists ja gar nicht, ich wollte ja auch stumm sein mit Dir.“ Sparr verharrt jedoch nicht bei dem Gedicht Todesfuge, sondern stellt ebenso auszughaft das weitere literarische Schaffen Celans dar und verweist auf andere Lyrik aus der NS-Zeit, welche Celan zur Todesfuge inspiriert haben könnte. Todesfuge. Biographie eines Gedichts ist ein sehr gelungenes Sachbuch, das aber eigentlich so spannend und anschaulich geschrieben ist, dass es sich wie ein Roman liest. Es ist ein Buch, das zeigt, wie eng Literatur und Leben miteinander verbunden sind und dass es sich lohnt, Werk und Autor einmal in Verbindung zu setzen.

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