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Rezensionen zu
All das zu verlieren

Leïla Slimani

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€ 22,00 [D] inkl. MwSt. | € 22,70 [A] | CHF 30,50* (* empf. VK-Preis)

• ALL DAS ZU VERLIEREN • Leila Silmani ist bereits eine bekannte Literatur-Autorin. Doch erst jetzt habe ich ein Buch von ihr gelesen, obwohl ihre Romane hochgepriesen und bereits einige Preise abgesahnt haben. Um ehrlich zu sein, das Buch hat mich wirklich von der ersten bis zur letzten Seite gepackt. Adéle ist eine mehr oder minder erfolgreiche Journalistin in Paris. Auf den ersten Blick kann man sie um ihr Leben beneiden: sie ist verheiratet, finanziell abgesichert, hat einen guten Job mit vielen Auslandsaufenthalten und scheint zudem mit dem perfekten Mann verheiratet zu sein. Doch hinter der künstlich aufgebauten Fassade steckt mehr: Adéle begehrt und zerstört somit Stück für Stück ihr Leben. Auf den ersten Blick dachte ich, dass mir Adéle niemals sympathisch sein kann, doch Slimani schafft es, dass mir ihre Welt plausibel erscheint. Diese Zerrissenheit zwischen Aushalten und Selbstbestimmung ist einfach sehr gut geschrieben. Ihr Doppelleben und ihre krankhafte Art sich Männer an den Hals zu werfen ist geradezu beängstigend. In den Zwischenzeilen bemerkt man dennoch den großen Schmerz, den Adéle in sich trägt. Slimani schafft es, dass man in das Innere von Adéle und Richard blicken kann und bemerkt die unterschiedlichen Gefühlslagen angefangen von Liebe bis hin zu Hass. 📖 Für mich ist „All das zu verlieren“ ein wirklich guter Roman, der ein absolutes Randthema bedient. Bisher habe ich noch keinen Roman gelesen, der in dieselbe Richtung geht bzw. so gut die Zerrissenheit, Abhängigkeit und Liebe der Protagonistin ausdrucksstark schildert. [4/5]

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Adèle könnte eigentlich glücklicher nicht sein. Sie hat einen Mann, einen kleinen Sohn und wohnt in einem Pariser Schickeria-Viertel. Nach außen hin erscheint alles perfekt, aber nur, weil Adèle dieses glückselige Familienporträt als Deckung benötigt um ihre eigentliche Identität zu verbergen. Denn Adèle führt ein Doppelleben und ihre Nymphomanie bestimmt all ihr Handeln. Sie trifft sich zwischen Tür und Angel mit Männern, das Äußere dieser ist ihr dabei völlig egal. Im Gegenteil, je vulgärer ihre Männer aussehen, desto besser. Immer nur kurz hält die Befriedigung an und man hetzt als Leser*in hinter Adèle her, die auf der Suche nach einem neuen Kick ist. Ich musste an das Verhalten autoaggressiver Menschen denken, die sich erst richtig spüren, wenn sie sich Verletzungen zufügen. Man ahnt direkt zu Beginn der Geschichte, dass dieses Doppelleben nicht ewig so weitergehen kann, dass Adèle auf ein Unheil zusteuert und es einen großen Knall geben wird. Irgendwie bangt man doch um sie als man ihre ausweglose Lage erkennt und merkt, dass sie einfach nicht aus ihrer Haut kann. Sympathisch ist diese Figur trotz allem nicht, sie ist egoistisch und angeödet von allen Menschen, denen sie begegnet. Ja, nicht nur das, sie fühlt sich teilweise überlegen und das ist meiner Meinung nach auch das Perfide an diesem Buch. Adèle ist einfach kein sympathischer Mensch, mit dem man tatsächlich großes Mitleid empfinden würde und trotzdem fühlt man ihren Schmerz und ihr ausgezehrtes Inneres. Sie macht wütend und traurig zugleich, lässt einen fassungslos zurück. Slimani schreibt aus Sicht von Adèle und ihrem Mann und ich finde, letzterem hätte gar nicht bedurft. Auch so war die ganze Tragweite der Handlung zu spüren. Es war stellenweise wirklich harte Kost, ich musste das Buch immer mal wieder weglegen, um eine Pause einzulegen und über das Gelesene nachzudenken. Aber genau das schätze ich einfach so an Büchern: Wenn sie wehtun, zum Nachdenken anregen und auch mal unbequem sind.

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Macron, derzeitiger Präsident der Grand Nation Frankreich, hat die Schriftstellerin Leïla Slimani zu seiner Botschafterin der Frankofonie auserkoren. Dann hat sie noch mit ihrem zweiten Roman den Prix Goncourt abgeräumt. Spricht für diese Frau, marokkanischer Herkunft, geboren 1981 in Rabat, die in Paris studierte. Und nicht nur das, als Verfechterin der Gleichberechtigung tritt sie öffentlich meinungsstark auf. Ihr Debüt ist, im Original bereits 2015, nun auch auf Deutsch erschienen mit dem Titel „All das zu verlieren“. Diesen Roman kann man mit diesem Vorwissen kaum unbedarft in die Hand nehmen. Der Inhalt ist schnell zusammengefasst: Die Protagonistin, eine Pariser Journalistin, versucht ihre innere Leere mit Sex zu füllen. Zudem ist sie verheiratet und hat einen Sohn im Kleinkindalter. Sie plagt nun erwischt zu werden und hat eben Angst „all das zu verlieren“. Nun kann man sich natürlich die naheliegende Fragen stellen warum Madame sich nicht scheiden lässt in einer modernen Gesellschaft wie Frankreich. Aber das ist zu kurz gegriffen, denn aus meiner Sicht will die Autorin mittels dieser drastischen Konstellation und einer sehr plastischen Sucht das gängige Glücksmodell in Frage stellen und fordert den Leser heraus: Macht jeden die Ehe mit Kindern gleichermaßen glücklich? Die herkömmliche Norm wird ausgehebelt. Natürlich provoziert die maghrebinische Autorin auch in dem das Thema Fremdgehen/Ehebruch seitens einer Frau im Fokus steht. Der Roman war ein Bestseller in Marokko und führe zu hitzigen Debatten. Eine weitere Ebene der Auseinandersetzung im lokalen kulturellen Kontext. Hervorragend übersetzt von Amelie Thoma, liest sich dieses sehr französische Werk trotz teils harter Kost sehr gut. Nur sollte der Leser darauf eingestellt sein, dass es auch verstörende Passgen gibt. In der Härte liegt zugleich auch sprachlich die Stärke des Romans. Selten finde ich ein solch emotional aufgeladenes Thema so nüchtern und zugleich poetisch in Szene gesetzt. Leïla Slimani kann wunderbar schreiben. Mir fällt in der Tat keine andere so moderne wie richtungsweisende Schriftsteller*in ein, die Frankofonie-Botschafter*in sein sollte! Fazit: Lesen und wirken lassen. Nicht bewerten.

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Adèle hat alles, was eine glücklich lebende Frau ausmacht: Eine Wohnung in einem gehobenen Pariser Viertel, den angesehenen Ehemann, das gemeinsame Kind, einen Job, der ihr Unabhängigkeit verleiht. Aber all das macht ihr Leben nur oberflächlich perfekt. Sie versucht die innere Abgestumpftheit, Langeweile und Getriebenheit durch Sex mit Fremden zu betäuben und entfernt sich dabei nicht nur von ihrer Familie, sondern auch von sich selbst ... Das Buch beginnt mitten in Adèles Leben, es gibt keine Vorgeschichte, keine Einführung, wir lernen die Protagonistin völlig unverfälscht und mit all ihren Lastern gleich auf der ersten Seite kennen. Was zunächst nach einer notorisch gelangweilten, unzufriedenen Frau klingt, nimmt schnell erste Züge selbstzerstörerischen Handelns an. Zunächst haben wir versucht, Adèles Taten nachzuvollziehen. Ihre Ehe scheint abgedroschen zu sein, es gibt keine Leidenschaft und – soweit wir das aus ihrer Sicht beurteilen können – auch keine Liebe. Das gemeinsame Kind ist Belastung statt Lebensglück. All das ist so eindringlich geschildert, dass wir mit der Protagonistin gemeinsam in Melancholie versunken sind. Slimani schildert die Dinge so, wie sie wirklich sein können und bestätigt damit die geheimen Ängste, die auch wir als Leserinnen manchmal in Bezug auf das Leben haben. Was ist, wenn alles nur perfekt wirkt, man selbst aber in Unglück versinkt und nicht das fühlt, was von einem erwartet wird? Was, wenn man kein Glück in der Mutterrolle findet, wenn der Job einen auslaugt, alles bedeutungslos ist? Adèle sucht auf ihre unstetige Art ein kleines bisschen Farbe in ihrem grauen Leben und vermag diese nicht zu finden. Sie schläft mit fremden, teilweise abschreckenden Männern und empfindet auch dabei nicht genug. Nach und nach wird dem Leser mit Erschrecken bewusst, dass sie psychisch instabil ist. Sie zweifelt an allen Menschen, die sie umgeben, hat Angst entdeckt zu werden, Angst vor Nähe. Wir haben es zum Teil kaum ertragen, weiterzulesen, haben den Kopf geschüttelt und keine der Figuren verstanden. Alles zielt auf Außenwirkung. Sie alle sind gefangen in einem Schaufenster. Unfähig, mehr zu sein als Marionetten der Gesellschaft, versuchen sie ihre inneren Stimmen abzutöten. Diese Stimmung zieht sich durch das ganze Buch. Wie auch im Leben selbst kann keine beschwichtigende, alle zufriedenstellende Auflösung erwartet werden. "All das zu verlieren" ist voll von den Enttäuschungen und Verstörungen, die das Leben bereithalten kann und die zu viel sind für eine innerlich völlig isolierte Frau. Es gibt einem keine moralische Wertung vor. Was das Buch einem bietet ist ein Einblick in das Leben einer unglücklichen Französin, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Von uns erhält dieser Einblick in eine zerstörerische Existenz 4 von 5 Herzen. Uns hat das Buch mitgenommen und erdrückt, auch der Schreibstil hat uns sehr gefallen, aber wir sind am Ende einfach nur fragend zurückgeblieben. Wir haben einen kurzen Einblick in das Leben einer Fremden erhalten. Als hätte man willkürlich den Fernseher eingeschaltet, ihn aber auch nach einigen Stunden wieder ausgeschaltet, ungeachtet der noch laufenden Geschichte. Adèles Leben ist so eindringlich dargestellt, dass es einem zuerst den Boden unter den Füßen wegzieht und dann bedrückt und betroffen zurücklässt. Dieses Gefühl der dauerhaften Beklommenheit und Belastung war so real, dass wir das Geschehen nicht nur gelesen, sondern regelrecht mitempfunden haben. Gerade deshalb wollen wir nicht von Lesegenuss sprechen und werden dieses Gefühl sicher noch lange mit uns herumtragen. Das Buch ist nichts für schwache Gemüter und auch nichts für Menschen, die andere schnell verurteilen. Es ist für die Leser, die wissen, dass das Leben Enttäuschungen bereithält und jeder auf seine Art versucht damit umzugehen, ob gesellschaftlich respektabel oder nicht.

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Ein Leben, das außer Kontrolle gerät

Von: milkysilvermoon

29.07.2019

Auf den ersten Blick führt Adèle ein angenehmes Leben: Die Journalistin arbeitet für eine Pariser Tageszeitung. Mit ihrem Mann Dr. Richard Robinson, einem Chirurgen, und ihrem kleinen Sohn Lucien lebt sie in einem schicken Pariser Viertel. Finanziell geht es der Familie gut, sie reist gerne einmal übers Wochenende ans Meer. Dennoch ist Adèle unglücklich und führt ein Doppelleben. Sie trifft sich heimlich mit anderen Männern und lebt mit Fremden ihre sexuellen Obsessionen aus. Dabei setzt sie alles aufs Spiel, denn sie könnte viel verlieren… „All das zu verlieren“ ist der gelungene Debütroman von Leïla Slimani. Meine Meinung: Der Roman besteht aus kurzen Kapiteln, die sich zum Teil aus mehreren Abschnitten zusammensetzen. Erzählt wird zunächst aus der Perspektive von Adèle, später aus der von Richard. Der Roman ist chronologisch aufgebaut, allerdings gibt es mehrere Rückblenden. Diese Struktur ist gut durchdacht. Der Schreibstil wirkt eher reduziert, schnörkellos, detailarm und nüchtern, ist aber gleichzeitig auch intensiv, schonungslos und eindringlich. Die Autorin beweist eindrucksvoll, wie gut sie mit Sprache umgehen kann und wie viel sich in wenigen Sätzen vermitteln lässt. Schon nach wenigen Seiten entwickelt die Geschichte dadurch einen Sog, dem ich mich nicht entziehen konnte. Mit Adèle steht eine interessante Protagonistin im Vordergrund, die das Potenzial hat zu polarisieren. Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, sie auf Anhieb als sympathisch empfunden zu haben. Obwohl ihre Gedanken und Gefühle recht deutlich werden, konnte ich ihr Verhalten größtenteils nicht nachvollziehen oder gar gutheißen. Dennoch hat der Charakter etwas an sich, das ihn spannend und reizvoll macht, sodass ich ihre Geschichte sehr gerne verfolgt habe. Stellenweise drängt sich der Eindruck auf, dass die Protagonistin etwas überspitzt dargestellt wird. Das hat mich beim Lesen allerdings nicht gestört. Absolut authentisch finde ich Richard. Die Nebenfiguren bleiben größtenteils recht blass, was in diesem Fall aber zur Geschichte passt. Mit nur etwas mehr als 200 Seiten ist der Roman ziemlich kurz. Trotzdem steckt inhaltlich eine Menge darin, denn die Geschichte verfügt über viel Tiefgang. Es geht um mehr als nur die Lebensgeschichte einer zerrissenen Frau und die Abgründe, die sich dabei offenbaren. Ein Pluspunkt ist die gesellschaftskritische Komponente, durch die der Roman immer wieder aufwühlt und zum Nachdenken anregt. Das Cover gefällt mir gut, weil es die innerliche Zerrissenheit von Adèle illustriert. Der deutsche Titel weicht leider stark vom französischen Original („Dans le jardin de l'ogre“) ab, den ich um einiges passender finde. Mein Fazit: Mit „All das zu verlieren“ konnte mich Leïla Slimani überzeugen. Es ist ein fordernder, aber sehr besonderer Roman, der mich in seinen Bann gezogen hat. Mit Sicherheit wird es nicht die letzte Geschichte der Autorin bleiben, die ich gelesen habe.

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Die 36-jährige Adèle lebt das Leben einer gutbürgerlichen Französin. Ein Job bei einer Pariser Zeitung, ein 3-jähriger Sohn, ein Ehemann, der Chirurg ist und eine großzügige Wohnung gehören zu ihrem Alltag. Doch Adèle ist eine Nymphomanin, süchtig nach Sex mit Bekannten, Kollegen und Fremden, wobei ihre Begegnungen zunehmend gewalttätiger und selbstzerstörerischer werden. Leïla Slimani schafft in dem Roman „All das zu verlieren“ viele teils sehr verstörende Bilder. Am Anfang hat mich die Geschichte begeistert. Ich finde Einblicke in das Leben von modernen Frauen von heute, Frauen, die nach Außen ein „normales“ Leben leben immer sehr spannend. Was mir aber in einer Geschichte wichtig ist, ist nicht nur das Beobachten selbst, sondern auch ein Hintergrund. Warum wurde die Protagonistin so, wie sie ist. Woher kommt ihre Depression, ihr Selbsthass, ihre Wut. Dies wurde für mich nicht geklärt, die Geschichte ließ mich ratlos und fast deprimiert zurück. Adèle ist hier ein Sexobjekt, eine Puppe im Garten eines Ungeheuers, wie es im Originaltitel Dans le jardin de l’ogre heisst. Als Leser ist man lediglich ein Beobachter, die Protagonistin passiv gegenüber ihrer Sucht. Dabei jedoch meisterlich beschrieben, schon nach ein paar Seiten ist man von dem leichten aber keinesfalls banalen Schreibstil mitgerissen. „All das zu verlieren“ erschien im Original 2014, zwei Jahre vor „Dann schlaf auch du“, welches mich beeindruckt hat. Es ist eventuell anmaßend, trotzdem kommt mir dieses Buch wie eine Schreibübung für das, was noch kommen sollte vor. Das Thema ist keine leichte Kost, der Schreibstil der Autorin ein Genuss.

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"Es hört nicht auf, Adèle. Nein, es hört nicht auf. Liebe ist nichts als Geduld. Eine devote, ungeheure tyrannische Geduld. Eine unsinnig optimistische Geduld." Adèle scheint alles zu haben, was man braucht, um glücklich zu sein. Einen Job, erfolgreich, ihr eigener Chef. Einen Ehemann, Chirurg, einen kleinen Sohn, eine Wohnung im besten Viertel von Paris. Adèle scheint alles zu haben, was man braucht, um glücklich zu sein. Und dennoch streift sie Nacht für Nacht durch die Straßen, das Abenteuer im Blick, auf der Suche nach etwas, das die Leere in ihr füllt. Komplizierte Frauenfiguren sind ihr Spezialgebiet. Schon mit "Dann schlaf auch du" offenbarte Leila Slimani das Innenleben ihrer Charakterdarstellerinnen, zog die Frage der Mutterschaft und der Unabhängigkeit in den Mittelpunkt der Betrachtung und zeigte auf eindrucksvolle Art und Weise, wie sich das Wesen einer Person innerhalb einiger weniger Augenblicke in all seine Einzelteile zerlegen kann. Auch bei "All das zu verlieren" stellt Slimani wieder die Empfindungen ihrer Charaktere in den Fokus und präsentiert mit Adèle eine Protagonistin auf der Suche nach dem Sinn - und nach sich selbst. Große literarische Ausschweifungen und aufgeladene Metaphern sind nicht ihr Ding. Slimanis Sprache ist direkt, ohne groß zu beschönigen dringt sie weit vor in die Tiefen der unausgesprochenen Dinge, legt eine Dunkelheit über ihre Erzählung, über Adèles Leben, die nur an wenigen Stellen durchbrochen wird. Erneut schreibt sie über die verborgenen Abgründe unserer Gesellschaft, über weibliche Sexualität und Betrug, über Gewalt. Sie bricht Tabus, nicht schrittweise und vorsichtig, sondern furchtlos und stürmisch, ohne Rücksicht auf mögliche Verluste. "Alles, was sie sagen, dient nur einem einzigen Zweck: zur Sache zu kommen. Hier, in dieser Gasse, in der Adèle sich an einen grünen Mülleimer drückt." Nach und nach entgleitet Adèle ihr Leben, immer wieder möchte man ihr zurufen, dass sie doch bitte endlich zur Vernunft kommen möchte, doch Adèle ist nicht in der Lage ihren selbst geschaffenen Teufelskreis zu verlassen. Erst mit der Zeit kommt der Leser hinter Adèles wahre Motive, erst dann, als einer Konfrontation nicht mehr aus dem Weg gegangen werden kann. Auch mit "All das zu verlieren" polarisiert Slimani, doch Kritik an ihr und ihren Büchern interessiert sie wenig. Sie ist laut, attackiert und spricht mittlerweile für eine ganze Generation. Es sicherlich nicht ein Buch für jeden Leser. Zu schwache Gemüter werden an den vielen Gewaltszenen keine Freude haben, zu sehr stellt Slimani dieses Mal die menschlichen Abgründe in den Vordergrund. Dennoch - mit "All das zu verlieren" zeigt Slimani erneut, dass sie aus der französischen Literatur, der Literatur allgemein, nicht mehr wegzudenken ist und nimmt die Stellung, die ihr das ZEITmagazin vor nicht allzu langer Zeit zugeschrieben hat: "die neue Stimme der französischen Literatur." ______________________________________________________________________________ ISBN:9783630875538 Seiten:224 Verlag: Luchterhand Erscheinungsjahr: 2019 ©Die Coverrechte liegen bei RandomHouse. Vielen lieben Dank für das Rezensionsexemplar. ©ZEITmagazin von 25.08.218 (https://www.zeit.de/zeit-magazin/2018/35/leila-slimani-frankreich-schriftstellerin-frauenrechte-sex-buch/komplettansicht) 

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Die 36-jährige Journalistin Adèle scheint auf den ersten Blick alles zu besitzen, was eine Französin in Montmartre ein gutbürgerliches Leben führen kann: einen Ehemann, der sich als Chirurg auf Magen-Darm-Krankheiten spezialisiert hat, einer süßer 3-jähriger Sohnemann, ein Job in einer Pariser Zeitung und eine großzügige Wohnung mitten auf der Stadt. Sie gehen in den noblen Restaurants essen, sie reisen, sie treffen mit dem freunde auf einen guten französischen Wein. Doch Adèle kann mit diesem wohlhabenden Bürgertum nichts anfangen, ihr Interesse gilt allein ihren sexuellen Obsessionen. Sie ist eine süchtiger, eine Frau, eine Mutter die fast alles für ihre Sucht aufgibt. Sie eilt durch die Nacht, durch die grauen Straßen, nur wegen Sex. Sie verließt ihrer schlafende Ehemann, sie verließt ihrem Ehebett in der Dunkelheit, nur wegen Sex. Wahllos trefft sie sich mit Männern egal Arbeitskollege, egal Bekannte, egal fremde, ihr Blick erkennt in einer ganz normaler Mann einen Sex Gefährten. Egal wo in Frankreich, egal ob in eigener Wohnung oder in ein Hotelzimmer, sie jagt einen Höhepunkt nach dem anderen, oft brutal, erniedrigend, schmerzhaft. Adèle ist eine Nymphomanin... Es ist keine Liebesgeschichte mit etwas Erotik fürs romantische Lesestunden. Was Adèle hier erlebt, ist kein Blümchensex. Es ist ein Buch über Perversion, über Nymphomanie, über brutalen Verlangen. Schon ab ersten Seiten erzählt der Autorin Schonungs- und furchtlos, von der Zerrissenheit einer Frau und die Brutalität ist fühlbar nah. „Sie will nur ein Objekt inmitten einer Meute sein. Gefressen, ausgesaugt, mit Haut und Haaren verschlungen werden. Sie will in die Brust gekniffen, in den Bauch gebissen werden.“(Seite 10) Was Adèle dazu bringt, bleibt in Geheimnis, jedoch als erfahrene Leser spürt man ihre verloren sein, ihre Einsam- und Verletzlichkeit. Am Ende lässt der Autorin die Leser mit den gleichen Gefühlen, was Adèle ganzen Zeit gefühlt hat, zurück. Ein wunderbares Werk, die ich nur weiterempfehlen kann. Aufwühlend, ergreifend, realistisch!

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