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Rezensionen zu
Der zweite Reiter

Alex Beer

Die Kriminalinspektor-Emmerich-Reihe (1)

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Der aus dem Krieg mit einem Granatsplitter im Bein heimgekehrte Rayonsinspektor August Emmerich ist alles andere als erfreut, als ihm Ferdinand Winter, ein zartbesaiteter verarmter Adeliger, als Assistent zugeteilt wird, und er lässt den jungen Kollegen das auch spüren. Die beiden machen sich ohne großen Enthusiasmus daran, gegen einen Schwarzhändlerring zu ermitteln und entdecken dabei durch Zufall im Wienerwald die Leiche eines Kriegsheimkehrers, der davon geträumt hatte, nach Brasilien auszuwandern. Der Tote hat eine Schusswunde, die Pistole liegt daneben. Der Pathologe vermutet Selbstmord, aber Emmerich glaubt an Mord und ermittelt gegen die ausdrückliche Anordnung seines Vorgesetzten in diese Richtung weiter. Als eine zweite Leiche auftaucht und sich herausstellt, dass sich beide Männer kurz vor ihrem Tod getroffen hatten, sieht Emmerich den Fall als Chance, sich zu profilieren, und lässt nicht mehr locker. Meine Meinung: Alex Beer erzählt Geschichten von Menschen, die der Krieg, ‚der zweite Reiter‚, schwer in Mitleidenschaft gezogen hat, und sie portraitiert Wien so, wie die Stadt als Folge dieses Krieges tatsächlich gewesen sein muss. Man merkt dem Roman die detaillierte Recherche an, und so wird der Krimi zu einer Zeitreise. Die Typen, die Alex Beer dabei zeigt, von Winters immer noch von Standesdünkel geleiteter Großmutter bis zu den Schleichhändlern und Betrügern, die aus dem Elend anderer Profit schlagen, sind zwar manchmal ein bisschen überzeichnet, aber ihre Stimmen sind authentisch. Die Rollen zwischen Gut und Böse sind dabei klar verteilt, auch wenn die Guten nicht notwendigerweise immer auf der Seite des Gesetzes stehen. Von Cornelius Obonya als Sprecher hatte ich viel erwartet, und er hat mich nicht enttäuscht. Anders als mit einem wienerischer Akzent möchte ich die Geschichte nicht erzählt bekommen, und der Schauspieler findet dabei für alle Figuren, die weiblichen eingeschlossen, den richtigen Ton und macht so die Lesung zu einem Hörspiel.

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Zuerst muss man hier den Sprecher Cornelius Obonya hervorheben. Er hat das Hörbuch so gut gesprochen, dass man sich mitten im Geschehen gefühlt hat. Er hat mich mit seiner Umsetzung der Charaktere, seiner Stimme und den unverwechselbaren Dialekt in diese dunkle Zeit zwischen den Weltkriegen versetzt. Man fühlte die Kälte, das Misstrauen, den Zweifel und spürte, dass hier nichts passt. August Emmerich ist keine Person, die man durchgehend mag. Er nimmt sich, was er braucht, er bricht das Gesetz (wenn es für ihn gut ist) und er bringt andere in Gefahr, weil er seinen Willen durchsetzen will. Sein Assistent hat in diesem Fall einen schweren Job und muss am Ende auch viel einstecken. Der Fall ist undurchsichtig und teilweise verwirrend. Es kommt nur langsam Licht in den Fall, denn die Untersuchungsmittel sind aufgrund der Zeit eher bescheidend. Man muss sich von CSI verabschieden und mit den wenigen und vorallem einfachen Mitteln vorlieb nehmen. Doch Emmerich löst das Puzzle. Ich fand das Hörbuch schon aufgrund seines Sprechers gut und spannend. Der Fall war mir manchmal etwas zu verworren, aber trotzdem interessant. Die Charaktere könnten noch etwas komplexer sein, aber die werden sich bestimmt im zweiten Fall entwickeln. Ich bin gespannt, wie sich das Verhältnis zwischen dem Assistenten und August Emmerich entwickeln wird.

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Der Erste Weltkrieg ist kaum vorbei, die einstige Weltstadt Wien ist im Jahr 1919 nur noch ein Schatten ihrer selbst. Hier ermittelt Polizeiagent August Emmerich inmitten elender Verhältnisse. Als die Leiche eines vermeintlichen Selbstmörders entdeckt wird, hat er Zweifel; doch sein Vorgesetzter glaubt nicht an seine Mord-Theorie. Emmerich ermittelt auf eigene Faust, dabei stets hoffend, dass niemand merkt, dass seine eigene Kriegsverletzung ihm ausgerechnet jetzt zu schaffen macht. Denn sein Traum ist die „Leib und Leben“-Abteilung, wie die Mordkommission zu jener Zeit heißt – hier möchte er arbeiten, also muss er Erfolge vorweisen. Zusammen mit seinem Assistenten Winter, ein unerfahrener Neuling, versucht Emmerich einen Mord aufzuklären, was ihn und Winter schon bald in große Gefahr bringt … „Der zweite Reiter“ ist der Auftakt einer Reihe Wien-Krimis, die Alex Beer (ein Pseudonym der Autorin Daniela Larcher) in eine spannende Zeit gesetzt hat. Im Krimi-Genre ist diese Epoche noch etwas unterrepräsentiert, wenngleich Volker Kutscher mit seiner Gereon Rath-Reihe im Berlin der 1930er Jahre Maßstäbe gesetzt hat. Die Emmerich-Krimis spielen deutlich früher und noch dazu in Wien, das zu jener Zeit den Untergang des Kaiserreiches erlebt. Nach dem Krieg ist Österreich kleiner geworden, es fehlen wichtige Rohstoffe, die Wiener leiden Hunger – ein aufregendes Setting, geradezu prädestiniert für Verbrechen. Alex Beer hat diese Zeit hervorragend recherchiert und lässt das alte Wien sehr plastisch vor den Lesern auferstehen. Für die Krimihandlung gilt dies leider zunächst nicht in gleichem Maße. Die lässt sich zögernd an, der Spannungsaufbau gelingt nicht auf Anhieb, man möchte „Der zweite Reiter“, zumindest in der ersten Hälfte, etwas langatmig nennen. Alex Beer will viel erzählen in diesem Buch, und was ihr bei der Schilderung der Zeit, der Menschen, des elenden Alltags nach diesem Krieg auch sehr gut gelingt, das fehlt ein bisschen beim eigentlichen Krimi. Sprache und Stil von „Der zweite Reiter“ sind anfangs recht schwierig für Leser, die den typischen „Wiener Schmäh“ nicht kennen, mögen oder verstehen. Dialoge sind oft im Dialekt geschrieben, was verzeihlich ist und die Geschichte authentisch macht. Aber auch ungewöhnliche Metaphern und Satzgestaltung stören gelegentlich den Lesefluss, Füllwörter erscheinen unnötig oft; es sind Kleinigkeiten, die mich jedoch ein paarmal, zumindest kurz, aus der Geschichte gebracht haben. Überzeugend fand ich dafür Rayonsinspektor Emmerich. Er ist ein typischer Antiheld, ein zäher Kerl, dem das Leben immer wieder Steine in den Weg legt. Nicht immer wählt er den legalen Weg, wenn es um seine Ermittlungen geht. Als gäbe es angesichts von Zeit und Ort nicht Schwierigkeiten genug, hat Emmerich auch noch private Probleme. Hinzu kommt das zunächst schwierige Verhältnis zu seinem jungen Kollegen Winter. Emmerich bietet Reibungsflächen, was ihn zu einem tragenden und interessanten Protagonisten macht. Mein Fazit: Ganz rund ist „Der zweite Reiter“ noch nicht: Die Sprache ist gewöhnungsbedürftig, die Handlung anfangs zögerlich. Doch das Nachkriegs-Wien kurz vor den 1920er Jahren ist angenehm dicht beschrieben, die Stimmung der Zeit vermag Alex Beer hervorragend einzufangen. Liest man das Buch eher als historischen Roman denn als Krimi, ist das Lesevergnügen ungleich größer. Die Reihe um den durchaus interessanten Ermittler Emmerich und seinen Assistenten hat Potenzial. Ich werde auf jeden Fall auch noch den 2. Band der Reihe lesen (erschien im Mai 2018) und ggf. berichten, ob die oben genannten „Kinderkrankheiten“ beseitigt wurden.

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Wien 1919

Von: Myriade

21.01.2018

Wien 1919, der erste Weltkrieg ist vorbei: „Der Kaiser war ins Exil gegangen, die Kronländer hatten sich abgespalten, und Österreich war nur noch ein klägliches Überbleibsel, das kaum lebensfähig war. Genau wie seine Einwohner.Es mangelte an allem. An Lebensmitteln, an Kohle, an Seife, an Kleidung. Die Menschen hungerten, froren und stanken. Sie prügelten sich um faules Pferdefleisch oder schimmlige Kartoffeln und teilten sich mit Flöhen ihre Betten. Es gab keine Arbeit und keine Medikamente, dafür umso mehr Verbrechen und Krankheiten.“ p. 9 Trostlose Zeiten. Es gibt Schwarzhandel, Auswanderungsvereine, massive Obdachlosigkeit. Zu dieser Zeit spielt die auch durchaus interessante Krimihandlung. Der Kommissar ist eine sehr gut gezeichnete Figur, ein Überlebender des Kriegs mit einer verletzungsbedingten Gehbehinderung, der selbst unter recht prekären Verhältnissen lebt, sein Assistent, Spross einer reichen Adelsfamilie. Das Wien in dem sie ermitteln ist ein ziemlich grausiger Ort, der aber durchaus bekannte Orte zeigt. Natürlich ist der Autor kein Zeitzeuge, aber das Ambiente in Wien kurz nach dem 1. Weltkrieg scheint mir gut getroffen zu sein. Wenn man dann bedenkt, was noch nachkommen wird, können einem die Romanfiguren fast leid tun. Auch ein interessanter Aspekt: Heroin war damals ein völlig legales Schmerzmittel, dessen Suchtpotential entweder nicht bekannt war, oder totgeschwiegen wurde. „Heroin wurde überall als Wundermittel gepriesen. Es fand sich sogar im Hustensaft für Kinder.Er sollte dankbar sein, statt skeptisch und den versöhnlichen Blick genießen, den ihm das Medikament auf die Welt gewährte. Wie zur Bestätigung tauchte vor ihm eine Litfaßsäule auf – Ein Spiegel ihrer Zeit. Waren bis vor kurzem Einberufungsbefehle, Kriegsdepeschen und Gefallenenlisten darauf plakatiert, so wandten sich die Ankündigungen mittlerweile wieder positiven Dingen zu – Wohltätigkeitsabende wurden angekündigt, Theaterstücke angepriesen und neue Produkte feilgeboten. Vielleicht war Winters unerschütterlicher Optimismus doch nicht so fehl am Platz.“ Einzig die Sprache hat mich nicht restlos überzeugt. Der Autor schwankt zwischen Wiedergabe von wienerischer Mundart und Kompromissvokabular für den deutschen Leser. Aber das ist auch ein schwieriger Punkt, an dem sich viele Autoren die Zähne ausbeißen. Insgesamt keine erheiternde Lektüre, aber eine gut gebaute Krimihandlung mit überraschendem Ende und ein realistisch beschriebener Hintergrund. Sehr empfehlenswert.

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HISTORISCH äußerst interessant, als KRIMI stellenweise zu langatmig, so empfand ich den im März 2017 im Limes-Verlag erschienenen Roman "Der zweite Reiter" der Österreicherin Alex Beer (40; eigentlich Daniela Larcher). Dies ist der erste Band einer neuen Krimi-Reihe um den kriegsversehrten Polizeiagenten August Emmerich, der im Wien des Nachkriegsjahres 1919 privat selbst mit den chaotischen Nachwirkungen des Ersten Weltkriegs zu kämpfen bzw. beruflich gegen sie anzukämpfen hat. Obwohl er nicht der Mordkommission angehört, geht er, seinem Bauchgefühl folgend, ein paar Todesfällen nach, die (anfangs) als damals nicht seltene Selbstmorde eingestuft werden und sich dann doch zu einer Mordserie ausweiten. Die Autorin ist sehr bemüht, die historische Situation, Hoffnungslosigkeit, Siechtum und Armut, die politischen Wirren und das unmenschliche Chaos der Nachkriegswirren akribisch zu beschreiben: "Der zweite [apokalyptische] Reiter [- nämlich der Krieg -] hatte eine Spur der Verwüstung hinterlassen und mehr soziale Brennpunkte denn je geschaffen. Der Krieg mochte vorbei sei, doch das Toben hatte gerade erst begonnen." So heißt es im Buch am Schluss. Bei aller Akribie des Historischen habe ich allerdings stellenweise doch die Spannung eines Krimis vermisst. Auch Emmerich wird ein Opfer des Chaos, wird vom Jäger zum Gejagten. Aber so viel sei verraten: Am Ende geht doch alles gut aus und Emmerichs Wunsch, in die Mordkommission versetzt zu werden, erfüllt sich. So ist die Voraussetzung für Folgebände dieser Reihe gelegt (Band 2: "Die rote Frau"). Wer historisch interessiert ist, wird auch an diesem Krimi seine Freude haben. Für hartgesottene Thriller-Fans ist "Der zweite Reiter" allerdings nichts.

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Kriegszitterer

Von: wal.li

02.07.2017

Obwohl der Krieg schon seit einem Jahr um hat das Zittern noch nicht aufgehört. Dietrich Jost ist nicht als Kriegsgeschädigter anerkannt und fristet sein Leben auf den Straßen Wiens. Im Jahr 1919 herrschen in der ganzen Stadt Armut und Hunger. Jost sieht jedoch einen Silberstreif am Horizont, er träumt von Brasilien. Von den Polizisten August Emmerich und Ferdinand Winter, die eigentlich einen Schmuggler verfolgen, wird Dietrich Jost im Stadtwald erschossen aufgefunden. Sein Traum wird sich nicht erfüllen. Auch der Polizist Emmerich hat einen Traum, er will zur Abteilung „Leib und Leben“. Und als nach Josts Tod dessen Bekannter Harald Zeiner tot aus der Donau gefischt wird, kann Emmerich nicht an einen Zufall glauben. Polizeiagent August Emmerich versucht seine eigene Kriegsverletzung zu verstecken. Er befürchtet, in den Innendienst versetzt zu werden, wenn er auffliegt. Nicht einmal sein Assistent Wagner, den er für ein verweichlichtes und verwöhntes Jüngelchen hält, darf davon wissen. Obwohl Winter ihm treu zur Seite steht, kocht Emmerich zunächst sein eigenes Süppchen. Schnell merkt er allerdings, dass er sich doch gut auf Winter verlassen kann. Gemeinsam suchen die beiden nach einem Zusammenhang zwischen den Todesfällen. Trotzdem auch die Beamten von den Nachwirkungen des Krieges nicht verschont sind und sie Not und Elend erfahren haben und immer noch erfahren, sind sie bestrebt für Gerechtigkeit zu sorgen. Auch wenn sie es dabei mit dem Gesetz nicht so genau nehmen können. In die schwere Zeit nach dem ersten Weltkrieg hineingeschrieben schafft die Autorin einen packenden Plot. An allen Ecken lauern Hunger, Krankheit und Tod. Die Menschen hausen in unsäglichen Wohnungen, die diesen Namen kaum verdienen. Eine Sicherheit, dass es für den nächsten Tag reichen wird, gibt es nur für Wenige. Auch die Staatsdiener bleiben nicht verschont. Vielleicht ein wenig besser gestellt, kann es auch für sie schnell vorbei sein mit ihrem bisschen Komfort. Doch gibt es auch Bars, Cafés und andere Vergnügungsstätten und der Schwarzhandel floriert. Man stellt sich diese Zeit häufig in schwarz-weiß vor, weil es kaum Farbbilder gibt. Doch gerade dieses schwarz-weiß mit seinen grauen Zwischentönen gibt die Stimmung gut wieder. In dieser Szenerie agieren Emmerich und Winter, die sich erst zusammenraufen müssen, mit Hartnäckigkeit und Scharfsinn. Durch ihren Wagemut bringen sie sich manchmal in Gefahr und kommen auf die Spur eines Verbrechen, dessen Geheimnis sich lange nicht erschließt. August Emmerich, der ehemalige Waisenjunge, und Ferdinand Winter, der aus guten Elternhaus stammende, bilden ein gegensätzliches Ermittler-Duo, dessen Geschichte genug Ansätze bietet, um sicher und mit Interesse weiterverfolgt zu werden. 4,5 Sterne

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Die Donaumetropole Wien nach dem 1. Weltkrieg. Hunger, Elend und Kriegsveteranen prägen das Bild der Stadt und so mancher sieht im Freitod den einzigen Ausweg. Doch als Polizeiagent August Emmerich eine Leiche entdeckt, ist ihm der angebliche Selbstmord zu offensichtlich und er geht eigenständig Ermittlungen an. Denn ein Kriegszitterer kann unmöglich auf sich selbst schießen, meint Emmerich, und ist dabei einem großen Verbrechen auf der Spur. „Der zweite Reiter“ ist ein historischer Krimi, der im Wien nach dem 1. Weltkrieg spielt. Allein dadurch hat die Autorin ein besonderes Setting erschaffen, weil man auf diesen Zeitraum nur selten in Büchern trifft. So siedelt sie die Ermittlungen von August Emmerich und seinen Assistenten Ferdinand Winter mitten in bewegende Zeiten an, die vom Untergang der K.u.K.-Monarchie geprägt sind. Angefangen vom alten Adel, der den Abgang von Kaiser und Kaisertum nicht fassen kann, über die Kriegsinvaliden, die kaum eines Blickes gewürdigt werden, bis hin zu den historischen Rahmenbedingungen, die von Alex Beer geschickt zu einem Gesamtbild vereint werden. Beispielsweise wundert sich Emmerich über diesen bekannten Psychologen Freud, auf dessen Couch so manches Leid von der Seele geredet wird, er freut sich über das Wundermittelchen Heroin, das einen körperlichen Höhenflug garantiert, oder liefert sich mit verarmten Adel ein Wortgefecht, indem die neuen Zeiten zur Geltung kommen, von denen aber keiner weiß, wie sie funktionieren werden. Dieses historische Setting, durchzogen von einer Atmosphäre der verlorenen Würde und ungeahnter Hoffnung, hat mir besonders gut gefallen. Es wird ein Gefühl für diese Zeit vermittelt, die einerseits so lang her und andrerseits zwischen den Zeilen greifbar nah scheint. Alex Beer schickt den Leser durch Wien, quer durch bekannte Straßennamen und wer sich in dieser Stadt ein bisschen auskennt, merkt schnell, dass sich in den letzten 100 Jahren gar nicht so viel verändert hat. Polizeiagent August Emmerich hat es nicht leicht. Er verschweigt seine Kriegsverletzung, weil er um seinen Einsatz im Außendienst fürchtet und unbedingt zur Abteilung „Leib und Leben“ versetzt werden will. So legt er sich schon einmal mit Vorgesetzten an, überschreitet manche Kompetenz oder erfindet ein Gesetz, wenn es sich seinen Ermittlungen als nützlich erweist. Privat wird ihm vom Leben übel mitgespielt und ich will gar nicht wissen, wie vielen Menschen es nach dem Krieg ähnlich ergangen ist. Ich habe August Emmerich als angenehmen, sympathischen Ermittler empfunden, der sich mit einer guten Portion Schmäh schon zu helfen weiß. Die Krimihandlung selbst ist solide, durchdacht und authentisch geschildert. Emmerich ermittelt in diesem Selbstmordfall, von dem er nicht glaubt, dass es tatsächlich ein Freitod war. Dabei kommt er beängstigenden Machenschaften auf die Spur und deckt größere Zusammenhänge auf, mit denen ich so nicht gerechnet hatte. Außerdem hat die Autorin eine gute Balance zwischen historischem Hintergrund, Ermittlungstätigkeit und ihrem Protagonisten geschaffen, die von ihrem angenehm flüssigen Schreibstil getragen wird. Erwähnenswert sind noch etliche Mundartphrasen, die auch heutzutage im Alltag verwendet werden und mir als Österreicherin natürlich sehr gut gefallen haben. Insgesamt bietet Alex Beer mit „Der zweite Reiter“ einen historisch interessanten, gut durchdachten Reihenauftakt, der mit dem sympathischen Ermittler und ihrem Gefühl für die untergegangene Donaumonarchie Lust auf weitere Teile der Reihe macht.

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Es ist ein düsteres Bild von Wien, das die österreichische Schriftstellerin Alex Beer in ihrem Debütroman zeichnet. Wir befinden uns im Jahre 1919. In der ehemals prachtvollen Reichshauptstadt herrscht bitterste Armut. Es mangelt an Lebensmitteln, Medikamenten, Kohle und Kleidung. So ist es nicht verwunderlich, dass sich viele Kriminelle mit Tricks und Betrügereien an Leid und Elend bereichern. Dem will Protagonist August Emmerich ein Ende setzen. Der Kriegsveteran und aufstrebende Polizeiagent ist kurz davor, dem Anführer eines Schleichhändlerrings endlich das Handwerk zu legen. Er wird jedoch durch eine Serie von mysteriösen Todesfällen abgelenkt. Die Überzeugung seines Vorgesetzten, dass es sich um Selbstmord handle, kann er nicht teilen und ermittelt mit seinem Assistenten Ferdinand Winter auf eigene Faust. Dass mit dem zynischen Emmerich und dem zartbesaiteten Winter zwei Welten aufeinander prallen, mag zunächst klischeehaft wirken, tut der Geschichte jedoch keinen Abbruch. Denn in diesem wendungsreichen Krimi erlebt man immer wieder eine Überraschung. Glaubt Emmerich, kurz vor der Auflösung des Falls zu stehen, rücken neue Details ins Blickfeld, die seinen Glauben immer mehr erschüttern. Alex Beer versteht es, die morbid-melancholische Atmosphäre und das Elend der Stadt geschickt in die Handlung einzuweben. Ganz gleich, ob man mit dem Ermittlerduo in der Trambahn durch Wien fährt, in Obdachlosenheimen und Heurigen das Personal befragt oder in der Unterwelt landet, die Beschreibungen sind so authentisch, dass man die Schauplätze deutlich vor Augen sieht. Alex Beer ist ein sehr spannender und vielschichtiger Roman gelungen, der sich mit den Auswirkungen des Krieges beschäftigt und deutlich macht, dass es in Zeiten von tiefstem Elend und Abstumpfung nicht auf Rang und Ehre, sondern auf Menschlichkeit ankommt. Man darf gespannt sein auf den nächsten Fall des sympathischen Ermittlerduos.

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