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Rezensionen zu
Der erste Stein

Carsten Jensen

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€ 13,00 [D] inkl. MwSt. | € 13,40 [A] | CHF 18,50* (* empf. VK-Preis)

Inhaltsangabe: „Der erste Stein“ von Carsten Jensen: Für eine Einheit dänischer Soldaten, die sich zum Teil aus Abenteuerlust freiwillig für den Einsatz in Afghanistan gemeldet haben, ist zunächst die Langeweile der größte Feind in diesem Krieg. Doch dann gerät die Truppe in einen Hinterhalt. Unerfahrenheit mischt sich mit Nervosität, und schlimmer noch ist die Erkenntnis, dass sie verraten wurden. Als Freund und Feind nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind, eskaliert die Gewalt. Kritik zu dem Roman: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“ – dieser biblische Spruch, dem der Roman von Carsten Jensen seinen Titel verdankt, zieht sich wie ein unsichtbarer Faden durch dieses Buch. Denn in einem so komplexen Konflikt wie dem seit Jahrzehnten andauernden Afghanistan-Krieg ist ein moralischer Kompass nur noch schwer aufrecht zu erhalten. Und dazu gehört auch die Frage, wem man wie viel Schuld zugesteht. Zu derartigen Überlegungen regt „Der erste Stein“ von Carsten Jensen den Leser an. Er tut dies im Gewand eines Politthrillers, was ihm manche Kritiker vorwerfen. Doch lässt sich auch hier reichlich Antikriegs-Rhetorik unterbringen, wenngleich der Autor es weitestgehend seinen Lesern überlässt, Schlüsse zu ziehen und zu urteilen. Er selbst tut dies nicht, im Gegenteil erscheint sein Stil stellenweise nahezu kühl und distanziert, erinnert oft eher an eine nüchterne Reportage denn an einen Roman. Dass der Autor dafür lange und vor Ort recherchiert hat, ist glaubwürdig und spürbar. An anderen Stellen hingegen hält sich Carsten Jensen nicht so sehr zurück: Die expliziten Gewaltdarstellungen des Romans sind für zarte Gemüter nur sehr schwer zu ertragen. Verstümmelungen und Verletzungen werden so detailreich und blutig beschrieben, wie sie in der harten Realität eines völlig wahnsinnigen Krieges eben sind. Auch die psychischen Folgen des Einsatzes beschreibt Carsten Jensen anschaulich – leichter zu bewältigen ist das für den Leser nicht unbedingt. Denn was in einem Menschen vorgeht, der zum Töten gezwungen wird, ohne dies wirklich hinterfragen zu dürfen und der erkennen muss, dass es in so einem Konflikt kein „Gut“ und „Böse“ gibt, das ist hart zu verdauen. Den um welche beteiligte Partei es auch geht, ob die Taliban, die regionalen Warlords, international eingreifende Gruppierungen oder eine amerikanische „Sicherheitsfirma, für die Mord und Vergewaltigung zur Tagesordnung gehört: Keiner der Beteiligten kann sich der Gewaltspirale entziehen, keiner sieht sich selbst in der Schuld. Mein Fazit zu „Der erste Stein“: Es ist sicher keine leichte Kost, die der Kulturanalytiker Carsten Jensen mit „Der erste Stein“ hier vorlegt. Dass das Buch dabei nicht zu einem halb fiktiven Sachbuch umschlägt, sondern stets Roman (und zwar ein erstklassiger Politthriller) bleibt, ist der Erfahrung des Schriftstellers zuzuschreiben. Einige Kritiker mögen das Bemühen des Autors, sein Buch als einen Antikriegs-Roman zu statuieren, als klischeehaft empfinden. Tatsächlich erscheint der Spagat zwischen Fiktion und Realität, verpackt in knallharter Unterhaltung, doch sehr gelungen. „Der erste Stein“ ist ein Adrenalinrausch für Leser, die grausame Gewaltdarstellungen nicht scheuen, die aber auch begreifen, dass sie hier nicht Mittel zum Zweck sind, sondern schlicht zur Gesamterfahrung dazu gehören. Es ist ein fast episches Werk, das viele Fragen absichtlich offen lässt und so über das probate Mittel der Unterhaltungsliteratur Möglichkeiten für eigene Gedanken und Gefühle eröffnet. Gewalt erzeugt Gegengewalt – und von wem sie einst ausging, ist irgendwann egal.

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Kurzmeinung: Ein gewaltiges Buch über Krieg, Tod, Verrat und Fanatismus, aber auch über Menschlichkeit, Familie und Freundschaft. Carsten Jensen schafft es, die Komplexität des Krieges darzustellen – und das auch noch unglaublich spannend. Meine Meinung: Dieses Buch hat mich sehr beeindruckt. Ich habe so einiges über den Afghanistan- Krieg, stellvertretend für viele Kriege, lernen können. Über die Schwierigkeiten eines Einsatzes und die Gefahren für die Soldaten. Aber auch über die Schwierigkeiten, die es mit sich bringt, wenn man in eine vollkommen fremde Kultur eindringt und versucht, westliche Maßstäbe anzusetzen. Am Anfang der Geschichte lernen wir die Soldaten und Soldatinnen des 3. Zuges der dänischen Einheit in Afghanistan kenne. Die Vorstellung der einzelnen Charaktere hat sich am Anfang etwas gezogen, aber Durchhalten lohnt sich, denn was sich daran anschließt ist zunächst eine beeindruckende und bewegende Schilderung des Krieges und des Vorgehens beim Einsatz. Nach und nach entwickelt sich die anfangs recht sachliche Beschreibung dann immer mehr zu einem spannungsgeladenen Abenteuer, das in seiner Sogkraft mit jedem guten Thriller mithalten kann. Darunter mischen sich auch immer wieder tiefe Einblicke in die menschliche Psyche. Was geschieht mit einem Menschen, wenn er solchen extremen psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt ist. Was passiert mit einem, wenn man tatsächlich einen anderen Menschen töten. "Zum Dank vergewaltigte er ihr Herz und ihr Vertrauen in die Welt, dieses Vertrauen, das aufzubauen sie so viel gekostet hat." (aus "Der erste Stein" von Carsten Jensen, S. 324) Warnen sollte man wahrscheinlich vor der wirklich plastischen Sprache des Autors, der auch die Verletzungen und Verstümmelungen der Soldaten sehr detailliert beschreibt. Das war wirklich nicht einfach zu lesen und ist sicherlich nicht für jeden geeignet. Allerdings ist es eben auch authentisch, da ich mir vorstellen kann, das es eben tatsächlich genau so abläuft. Die Bombeneinschläge und Minenexplosionen sind so anschaulich beschrieben, dass ich zusammengezuckt bin und einfach mitleiden musste. Ich muss aber zugeben, dass ich einige der wirklich zahlreichen blutigen Szenen irgendwann nur noch überflogen habe, wenn es mir zu viel wurde. Der Roman ist sehr gut recherchiert. Durch den flüssigen und oft eher nüchternen Schreibstil lässt sich die Geschichte gut lesen. Dennoch habe ich recht lange für das Buch gebrauchte, da ich immer wieder Pausen einlegen musste, um über das Gelesene nachzudenken. "Das Mahnmal ehrt die Toten, nicht den Krieg." "Ja schon, aber es erzählt nichts über die Gefallen. Nur, dass sie tot sind." (aus "Der erste Stein" von Carsten Jensen, S. 68) Fazit: Carsten Jensen schafft es in diesem Epos, die Komplexität des Krieges darzustellen. Er macht es dem Leser dabei nicht leicht, ein Urteil zu fällen, da die Geschehnisse immer aus verschiedenen Perspektiven und von allen Seiten betrachtet werden.

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„Ratlos sehen sie sich an. Sara geht zwischen den Toten umher, tritt sie. Ein Ausdruck wilden Triumphes in ihrem Blick…..Wird sie ebenfalls so herumlaufen, wenn sie selbst eines Tages ausgestreckt auf der Erde liegen sollte?“. Was schneller passieren kann, als man denkt, betrachtet man diese eintönigen, langweiligen Tage, die fast mehr noch an den Nerven zehren, als wenn sie doch handeln könnten. Kämpfen, planen, strategisch vorgehen. Doch in diesem Afghanistan des Untergrundkrieges, bei dem nicht offene Kämpfe, sondern heimtückische Anschläge, Landminen und die ständige Ungewissheit, wann „der Feind“ zuschlägt und wer das genau ist, dieser Feind, die Nerven beanspruchen, kommt jede strukturierte Soldaten-Ausbildung an ihre Grenzen. Denn das zähe vergehen der Stunden und Tage ist trügerisch, wie die dänische Einheit unter Führung eines kernigen, charismatischen, allseits geschätzten Offiziers bitter erleben wird. Als erste Tote zu beklagen sind, heimtückisch durch eine Mine getötet. „Der Adrenalinrausch ist vorbei. Noch immer halten behalten sie die entwaffneten Männer im Auge…..Es ist ein gefährlicher Augenblick. Denn jetzt fangen sie an zu zweifeln“. Und das (innerlich, denn die Befehlskette steht natürlich, auch wenn der Anführer nicht da ist) leicht orientierungslos, denn Schröder, der Befehlshaber der Gruppe, ist nicht da. Nicht zu finden. Noch nicht. Doch Spuren hat er hinterlassen. Harte Spuren, Von allen Seiten von möglichen Feinden umgeben, ein Land im Ausnahmezustand, Taliban und rivalisierende Gruppen, alle gegen jeden und der Rest gegen die westlichen „Schutzkräfte“, einmal angestoßen, macht die Gewalt sich in diesem Roman mehr und mehr selbstständig, steigert sich, kulminiert, so dass die Personen im Buch mehr und mehr nicht mehr Akteure des Geschehens sein werden, sondern reagierende und getriebene. „Erschießt erst einmal mehr als ein Dutzend Menschen, inklusiver Frauen und Kinder. Und fragt hinterher. Andere Menschen räuspern sich, bevor sie sprechen. Ihr schießt“. Aber die Ruhe zu bewahren, erst mal zu fragen und dann zu handeln, dass fällt bei diesen Szenen etwa in der Mitte des umfassenden Romans eben nicht mehr leicht, zu viel ist bereits geschehen, als das eine innere Ruhe noch zu finden wäre. Und da dieser sich ständig steigernden inneren Unruhe, diesem „Flattern der Nerven“ und abtauchen in tatsächlich oft sinnlose „Kleinkriege“ der sehr ruhige, unaufgeregte Tonfall Jensens kontrastreich entgegensteht, bleibt dem Leser viel Freiheit, mit eigenen, inneren Bildern der Eskalation der Gewalt und dem Verlieren der Fassung der zu Anfang kühl und professionell wirkenden Soldantetruppe zu folgen. Was nachhaltige Wirkung erzeugt. Denn geht so Frieden? Kann so Eintracht, zumindest eine Balance der Kräfte im Land entstehen? Oder stimmt die alte Formel doch, dass sich die Ziele in den Mitteln wiederfinden müssen? Denn jene Ansätze, in denen eher Empathie als Gewehre und Ausrüstung in den Vordergrund treten, könnten Hoffnung machen. Wenn nicht die verschiedenen Interessen und inneren Überzeugungen einander so diametral gegenüberstehen würden, dass im Roman wenig Aussicht und wenig Hoffnung auf überhaupt irgendeine, vor weniger konstruktive Lösung verbleibt. So versteht es Jensen glänzend, auf beiden Ebenen des Romans, einen intensiven Eindruck und wichtige, offene Fragen zu hinterlassen, Sei es im „Mikrokosmos“ der Gruppe von Soldaten, sei es im Makrokosmos der großen Fragen nach Krieg und Frieden und dem Aufeinanderprallen wesensfremder Kulturen, beispielhaft hier in Afghanistan, einem der Brennpunkte der Gegenwart. Eine rundweg empfehlenswerte, hervorragende Lektüre über die Tatsache, dass es irgendwann völlig egal wird, wer vermeintlich den ersten Stein geworfen hat, weil die Spirale der Gewalt kein Ende findet und irgendwann auch keinen Anfang mehr kennt.

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Im Januar 2002 beschliesst das Dänische Parlament die Beteiligung an der Operation Enduring Freedom in Afghanistan. Erster Einsatzort der Soldaten ist Kabul, später kommt eine weitere Einheit im Nordosten des Landes dazu, und ab 2006 sind dänische Streitkräfte auch in der Unruheprovinz Helmand an der Grenze zu Pakistan stationiert. Offiziell beendet wird der Einsatz der Dänen Mitte 2013. Carsten Jensen, Autor, politischer Journalist und Professor für Kulturanalyse, steht diesem militärischen Engagement des Westens von Beginn an sehr kritisch gegenüber, hat er sich doch bei zahlreichen Reisen nach Afghanistan vor Ort von dessen Sinnlosigkeit überzeugen können. In seinem mehrfach ausgezeichneten neuen Roman „Der erste Stein“ packt er seine Eindrücke sowie die Reflexionen dazu in 638 Seiten, in denen er das Leben einer 26-köpfigen Gruppe von Soldaten, 25 Männer und eine Frau, während ihres Einsatzes im Süden Afghanistans beschreibt. Jede/r hat nicht nur ihre/seine eigene Geschichte mit ins Camp gebracht, sondern auch ihre/seine Vorstellung von Krieg. Für die eine/n ist es ein „Ballerspiel“ wie es Rasmus Schrøder, der charismatische Leader, in seinem früheren Leben entwickelt hat. Für andere wiederum ist das Soldat sein ein Job wie jeder andere, und wenn die Mission erfüllt oder die Zeit abgeleistet ist, ziehen sie die Uniform aus und kehren zurück in die Heimat. Illusorisch zu glauben, sie könnten ihr altes Leben wieder aufnehmen als ob nichts geschehen wäre. Die Tage schleichen dahin, Monotonie bestimmt den Alltag, Spannung liegt in der Luft. Warten auf den Krieg, der in seiner Unbarmherzigkeit schneller zuschlägt als gedacht. Zwei Kameraden sterben, und von da an scheint es, als ob ein Schalter umgelegt worden wäre. Gewalt greift um sich, die Moral bleibt auf der Strecke, die Beziehungen untereinander verändern sich. Empathie und Nähe scheinen Fremdwörter zu sein. Das Beste und/oder das Schlechteste von jedem einzelnen kommt zum Vorschein. Niemand ist frei von Schuld und jeder nimmt Schaden an seiner Seele. Der Autor richtet den Blick weniger auf die äußeren Ereignisse als vielmehr auf die Auswirkungen, die diese auf das Verhalten des Einzelnen haben. Wobei natürlich sowohl Jensen als auch dem Leser bewusst ist, dass heutige Kriege nicht mehr Mann gegen Mann sondern durch den Einsatz von Drohnen eher in Computerspielmanier geführt werden. Mit „Der erste Stein“ ist Carsten Jensen ein beeindruckender Antikriegsroman gelungen, in dem Helden keinen Platz haben. Vergleichbar mit Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“, für mich noch immer das Maß aller Dinge, was dieses Genre angeht. Nachdrückliche Leseempfehlung!

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