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Rezensionen zu
Das europäische Jahrhundert

Richard J. Evans

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1815 war nicht nur das Jahr, in dem Napoleon Bonaparte endgültig an seinen imperialistischen Zielen gescheitert ist, sondern auch der Zeitpunkt, an dem die Folgend er französischen Revolution mitsamt ihren gewaltsamen Auswüchsen „in den Griff“ kamen und sich Europa begann, zu konsolidieren (auch wenn 1870/71 noch einmal ein deutsch-französischer Krieg ausgefochten wurde). Fragen der Aufhebung der Leibeigenschaft (bis hin über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus), der „demographische Übergang“ nach 1850, die Entwicklung sozialer Strukturen, die im modernen Sozialstaat im 20. Jahrhundert manifestiert wurden (Bismarcks Rente u.a.), all das zeigt einen Zeitraum auch grundsätzlichen Wandels auf, auch wenn das feudale System der Adelsherrschaft bis 1914 fast unangefochten noch vorherrschte. Daneben weist dieser von Evans gewählte Zeitraum auch den Aufstieg und die Festigung der Nationalstaaten in Europa auf mitsamt kleinerer und größerer Revolten gegen „Vielvölkerreiche“ wie Österreich / Habsburg. Was, klug gewählt, eben damit beginnt, dass sich Europa im Jahr 1815 trotz aller Kriege einen Vorsprung vor anderen „Weltreichen“ in Asien oder im Orient erarbeitet hatte. Einen Vorsprung, den Evans in seinen historischen Gegebenheiten im Buch sorgsam aufarbeitet, bis diese Vormachtstellung im ersten Weltkrieg durchaus nachhaltig ins Wanken geriet. Damit ist auch das Ende des Betrachtungszeitraums 1914 inhaltlich verständlich von Evans begründet. Da Evans zudem einen „transnationalen“ Ansatz für seine umfassende Darstellung wählt, gelingt durch die Lektüre ein „globaler“ Blick auf diesen Zeitraum, der die Ereignisse und Entwicklungen in Europa in einen großen Zusammenhang stellt und den Blick auf Europa besonders schärft. „Universalgeschichte ist etwas anderes, als die Summe der Einzelgeschichten“ (Lord Acton) und in diesem Sinne erfordert die Lektüre beim Leser Konzentration ob des breiten Rahmens, in den Evans seine Betrachtungen stellt, dafür erhält man dann aber auch einen breiten, globalen Blick auf die Epoche, in dem gerade die USA (kriegsentscheidend schon im ersten Weltkrieg) als „Mac hat von Außerhalb“ auch einen Spiegel vor die europäischen Verhältnisse setzt. Europäischer Frühling, soziale Revolution, Aufstieg der Demokratie du die Auswirkungen des später überhand nehmenden Imperialismus sind dabei die Kernthemen, die Evans vor die Augen des Lesers stellt und diese mit den kulturellen Entwicklungen der Epoche („Eroberung der Natur“ als Erweiterung der Macht auch auf die Natur; „Das Zeitalter des Gefühls“) korrespondierend jeweils klar auf den Punkt formuliert. Mit einem besonderen Augenmerk auf die „Ungleichheit“ im Volk Europas. Denn nach Auflösung der Leibeigenschaft kam es nicht zu einer rasanten sozialen Angleichung, sondern neue Abhängigkeiten (gerade mit der beginnenden Industrialisierung verbunden) entstanden, mithin ein Wechsel vom Feudalismus zur Oligarchie und Plutokratie. Aber auch der Kampf gegen bis dato tödliche Krankheit, das Zusammenwachsen der Welt durch transatlantische Kabel, die Emanzipation von religiösen Führungsansprüchen, später das Aufkommen der „Frauenbewegung“ oder die „Kraft des Kabaretts“, vielfach sind die betrachteten Themen und breit dadurch das entstehende Bild. Somit ist diese Epoche natürlich vor allem eine Geschichte der Macht, der Auflehnung gegen ungerechte Lebensumstände, der Rebellion und der Gegenrevolution, eine Zeit aber auch, in der sich das Selbstverständnis Europas ebenfalls in den Nationalstaaten festigte. Gute gelungen ist dabei in der Form auch, dass Evans in jedem Kapitel die Kernthemen anhand einer konkreten Person griffig als „Praxisbeispiel“ setzt und damit dem Leser auch emotional einen Zugang zum „Leben“ des jeweiligen Abschnitts der betrachteten Epoche gut ermöglicht. Eine anregende, sachlich fundierte und mit „globalem Blick“ verfasste Geschichtsbetrachtung, die das heutige Europa in seiner Entstehung und seinen wichtigen inneren Linien bestens vor Augen führt.

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