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Rezensionen zu
Babbitt

Sinclair Lewis

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€ 28,00 [D] inkl. MwSt. | € 28,80 [A] | CHF 37,90* (* empf. VK-Preis)

Ich weiß nicht, wer von euch die Serie „Weeds“ kennt – ich habe sie vor Jahren ein paar Staffeln lang verfolgt und war jedes Mal ob der Akkuratesse und der Gleichförmigkeit, die mir da im Vorspann entgegensprang bass erstaunt. Der Titelsong „Little boxes on the hill side“ von Malvina Reynolds handelt genau von dieser Gleichförmigkeit amerikanischer Städte, die am Reißbrett entstanden, nicht organisch gewachsen, auch ihre Einwohner zu so etwas wie Reißbrettentwicklungen machen – dabei aber wird der Song in jeder einzelnen Folge von anderen Künstlern neu interpretiert dargeboten. Ein paradoxes Bild. Der Song jedoch hebt natürlich auf die Konformität dieser „Wohnschachteln“ ab, deren Individualität alleine durch den Anstrich herausgestellt wird. Das war die erste Assoziation, die ich hatte, als ich anfing, Sinclair Lewis „Babbitt“ zu lesen, da der Held des Romans in einer Stadt namens Zenith lebt und auch noch selbst Immobilienmakler ist. Little boxes on the hillside, Little boxes made of ticky tacky, Little boxes on the hillside, Little boxes all the same. There’s a green one and a pink one And a blue one and a yellow one, And they’re all made out of ticky tacky And they all look just the same. 1922 – also vor bald 100 Jahren – veröffentlichte Lewis seinen „Babbitt“, zwei Jahre nach dem Erfolg von „Main Street“ und ebenso aktuell damals wie heute. Für die heutigen Leser*innen sind beide Romane erstaunlich, schreibt Lewis doch schnell, präzise, fast Screwball-artig und vermeintlich satirisch. Doch liest man, was seine Zeitgenossen über „Babbitt“ dachten, so ergibt sich ein anderes Bild. Kurt Tucholsky zum Beispiel schrieb 1925 in der Weltbühne unter seinem Pseudonym Peter Panter voller Begeisterung über das für ihn aktuellste und dabei modernste Werk Lewis. Das was uns heute ironisch und vielleicht übertrieben vorkommt – die ersten 150 Seiten beschäftigt sich Lewis en détail mit dem Tagesablauf seines (Anti/Alltags-)Helden, ohne diesen durch allzu Außergewöhnliches hervorzuheben – ist nur deshalb für uns so zu begreifen, weil es auf sein Gegenteil abzielt: auf einen Mann, der so bemüht normal ist, dass er eben doch satirisch-ironisch daher kommen kann. Babbitt ist trotz seiner Normalität ständig im Ausnahmezustand und das ist nicht nur amüsant zu lesen, sondern zeigt, wie wenig sich in den letzten hundert Jahren doch tatsächlich für uns „zivilisierte“ Menschen geändert hat. Aber ist es denn tatsächlich wichtig, ob eine Lektüre vom Autor satirisch gemeint wurde oder nicht, wenn sie mit solcher Verve verfasst wurde? Ich meine nicht. Wichtig ist nur, dass man sich als Leser*in nicht durch solche Gedanken den Lesefluss anstauen lässt. Einlassen muss man sich auf Lewis immer können, sonst legt man ihn zu schnell beiseite und muss nach einer Unterbrechung fast wieder von vorne beginnen, da doch trotz der Alltäglichkeit, die Tucholsky damals weder im amerikanischen noch im deutschen Roman nur ansatzweise so gut dargestellt sah, so vieles geschieht. So muss man also ab und an Zeit frei schaufeln, um sich am Stück mit diesem außergewöhnlichen Roman zu beschäftigen, ohne gleichzeitig zu sehr darüber zu grübeln und auch nach der erfolgter Lektüre wird er lange im Gedächtnis bleiben, wird man sich lange mit den Strukturen, dem Hauptcharakter, der so erschreckend aktuell ist, dass man ihn ohne große Probleme in unserer Zeit sehen könnte, beschäftigen. So leicht lässt er einen nicht los, vor allem deshalb nicht, weil er doch im Grunde ein kritischer Mensch ist, der sein zumindest für seine Begriffe rebellisches Wesen im Laufe des Romans erkennt. Hat Tucholsky in seiner Besprechung noch bedauert, dass die Übersetzung leider am amerikanischen Slang scheiterte, so ist die wunderbar gestaltete Neuübersetzung von Bernhard Robben über diesen Makel mehr als erhaben. Auch wenn Robben in seiner editorischen Notiz sein Vorgehen, sich nicht in die Phraseologie der Entstehungszeit gewagt zu haben, quasi entschuldigt, was völlig unnötig ist. Das Nachwort von Michael Köhlmeier gibt weitere Einblicke sowohl in den Roman als auch in das Leben des Autors und ergänzt diese schmucke Ausgabe perfekt. „Babbitt“ von Sinclair Lewis ist im Oktober 2017 im Manesse Verlag erschienen. Weitere Informationen zum Buch über Klick auf das im Beitrag abgebildete Cover oder auf der Verlagsseite.

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Babbitt

Von: EricaSta

21.01.2018

Babbitt... ...neu übersetzt passt der Roman in diese unsere jetzige Zeit Der Autor Harry Sinclair Lewis (* 1885 in Sauk Centre, Minnesota; † 1951 in Rom) war ein berühmter amerikanischer Schriftsteller, der sich durch seine gesellschaftskritischen satirischen Romane einen Namen machte. Ihm wurde 1930 als erstem Amerikaner der Nobelpreis für Literatur verliehen. Und ich lese dieses Büchlein - da im handlichen Kleinformat -, da es mir hochaktuell in die jetzige Zeit zu passen scheint. Und nicht zuletzt weil ich selbst von jeher rebellisch war und geblieben bin. Der Spießer ist bekanntlich ein hypochondrischer Egoist, und so trachtet er danach, sich überall feige anzupassen und jede neue Formulierung der Idee zu verfälschen, indem er sie sich aneignet. Ödön von Horváth (1901 - 1938), eigentlich Edmund von Horváth, deutsch schreibender österreichisch-ungarischer Schriftsteller und Dramatiker Quelle: Horváth, Der ewige Spießer, Propyläen, Berlin 1930 Inhalt Wir verfolgen quasi durch ein Schlüsselloch die Person, um die es sich dreht im Buch - Babbitt! Sein langweiliges spießiges Leben, seinen minutiös aufgedröselten Alltag. Der Immobilienhändler George Babbitt, der leibhaftig als angepasster Duckmäusers gezeichnet wurde, ist so deutlich beschrieben, dass er lebendig wird. In seinem Umfeld dreht sich alles um sein gequältes Angepasstsein, das Geschäft, die biedere Ehe und Babbitt passt sich beflissen der Philosophie seiner Mitmenschen an. Obwohl ihm zwischendurch bewusst ist, dass er unzufrieden und unglücklich dabei wird. Nebenbei erwähnt sei, dass Lewis mit dem Babbitt eine Begrifflichkeit schuf. Als Babbitt werden nämlich heute noch Spießbürger in Amerika bezeichnet. Vielleicht sogar auch als Beschimpfung benutzt und eingesetzt?! Der Roman Babbitt deutet zur Erscheinung des Romans auf die amerikanische Gesellschaft hin, zu einem wichtigen Moment der damaligen Modernisierung. Klar, inzwischen haben wir längst eine enorme industrielle und ebenfalls gesellschaftliche Revolution erlebt, wir sind in einer hochtechnisierten Welt - dennoch sind die dargestellten gesellschaftlichen Strukturen und psychologischen Mechanismen nach wie vor präsent. Ein toller Roman, ein Buch das man mögen muss und ich werde es öfter in die Hand nehmen. Dieses Buch sollte in keinem Bücherregal fehlen! Ich gebe sieben von sieben Lesezeichen

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Was für ein herrlich unterhaltsamer und bissiger Roman! 1922 veröffentlicht Sinclair Lewis, da bereits schon durch „Main Street“ (1920) ein an den Erfolg gewöhnter Autor, seine „Studie“ über den typischen amerikanischen Durchschnittsbürger aus der Mittelschicht – und landet damit wieder einen Bestseller, der sich aus dem Stand tausendfach verkauft. Und bis heute gelesen wird: „Babbitt“ ist – in mehr als einem Sinne – ein „Evergreen“. Denn man kann das Buch natürlich ganz reflektionsbefreit als wunderbare Satire lesen: Als überspitzte Darstellung eines Spießers, eines Opportunisten, der im Käfig seines Mittelstanddaseins gefangen ist. Huch, das könnte mein Kollege sein, der ständig über die nächste Gehaltserhöhung nachdenkt oder auch die Nachbarin, die so andächtig den nagelneuen SUV für ihre Minimaleinkäufe ausführt. Kurzum, „Babbitts“ wird es immer geben, ein unverwüstlicher Typ. Aber, mal ehrlich: Sind wir nicht alle ein wenig „Babbitt“? Fragen wir uns nicht manchmal, warum wir unseren Jobs nachgehen, die Kinder lieber aufs Gymnasium denn auf die Realschule schicken, für die Rente sparen, wählen, was wir wählen, sind, was wir sind? Sinclair Lewis gelang mit diesem „bürgerlichen Roman“ auch ein Lehrstück über die Macht der Masse: Selbst ein revoltierender Babbitt lässt sich letzten Endes wieder einfangen, wird resozialisiert, babbittisiert.

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