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Rezensionen zu
Rosa Luxemburg

Ernst Piper

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1919 wurde Rosa Luxemburg erschossen. Welche Karriere sie in der noch jungen Weimarer Republik weiter übernommen hätte, wo sie Einfluss hätte ausüben können, welche Weichen sie gestellt hätte muss unbeantwortet bleiben. Und doch lohnt sich ein Blick in die Biographie der außergewöhnlichen Frau. "Wer miterlebte, wie diese kleine Person, die auf einen Stuhl steigen musste, um sich Gehör zu verschaffen, darum kämpfte, am Kongress der Sozialistischen Internationale als Delegierte teilnehmen zu können, dem bleib ihre Erscheinung im Gedächtnis. Luxemburg zog schon früh Emotionen der unterschiedlichsten Art auf sich, gleichgültig ließ sie kaum jemanden", schreibt Ernst Piper. Der Professor für Neuere Geschichte in Potsdam hat sich in einem umfassenden Werk mit Rosa Luxemburg auseinandergesetzt. Piper schreibt über eine starke Frau und ihren ungewöhnlichen Weg. In Polen geboren, studierte Luxemburg in der Schweiz und kam nach Deutschland, um dort an einem sozialistischen Umbruch der Gesellschaft zu arbeiten. Als Journalistin versuchte sie, sich in den Diskurs der sozialistischen Bewegung einzubringen und die richtungsweisenden Kämpfe in ihrem Sinne zu entscheiden. Lange Gefängnisaufenthalte nahm sie dafür in Kauf, immer wieder zog sie nicht nur Begeisterung, sondern auch tiefe Ablehnung auf sich. All das schildert Ernst Piper bis hin zu Luxemburgs Tod, minutiös und dennoch gut lesbar. Für den Laien werden einzelne Daten von Parteitagen oder Reisen schnell unübersichtlich - eine grobe Zeittafel wäre daher mehr als wünschenswert gewesen.

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Eine Geschichte Rosa Luxemburgs ist immer auch Teil der Geschichte der SPD. Und es ist ein schmerzhafter Teil. Das Festhalten am links-revolutionären Kurs in der Revisionismusdebatte, die Agitation gegen „Kriegskredite“ und „Burgfrieden“ im Ersten Weltkrieg und schließlich die Ermordung durch Freikorps-Soldaten am 15. Januar 1919, für die letztlich der Reichsinnenminister Gustav Noske (SPD) zumindest die politische Verantwortung trug – all das gemahnt an den Konflikt zwischen Reform und Revolution, welcher der Sozialdemokratie bis heute eingeschrieben ist. Politisch missbraucht, verklärt, geheiligt und verdammt wurde Rosa Luxemburg von vielen Seiten. Bis heute fungiert sie als Symbol für einen Sozialismus, den es nie gegeben hat; für ein Festhalten an einem Traum, der sich nicht erfüllt hat. Eine gewaltsame Revolution von oben, Zentralismus und Parteidiktatur lehnte die 1871 in Polen geborene Sozialistin ab, was sie keineswegs zur Liberalen, sondern zu einer Art „sozialistischen Pluralistin“ machte, falls es so etwas geben kann. Jedenfalls brachte ihr Kurs sie schon früh in Konflikt mit Lenin. Der oft zitierte Spruch „Die Revolution ist großartig, alles andere ist Quark“, bezog sich noch auf die russische Revolution von 1905, die in einer Parlamentarisierung des Zarenreichs mündete. Für Stalin war ihr Denken jedenfalls eine „Syphilis der Arbeiterbewegung“. Dass noch heute alljährlich die Nachfahren der SED und zahlreiche Altkommunisten zur Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde pilgern, um Luxemburg und des ebenfalls ermordeten Karl Liebknechts zu gedenken, und dort immer wieder die Konterfeis von Lenin und Stalin gezeigt werden, ist ein weiterer Missbrauch. Gerade in der DDR durften ihre Schriften ja erst 1971 erscheinen. Das oft zitierte „Freiheit ist immer Freiheit des Andersdenkenden“ galt ja weiß Gott nicht im „Arbeiter- und Bauernstaat“ und avancierte in den 1980er Jahren vielmehr zur Dissidentenparole. Gleichwohl attestierte ihr der Verfassungsschutz bis vor kurzem einen „hohen Symbolwert für den Linksextremismus“. Der Historiker Heinrich-August Winkler urteilt, dass sie und Liebknecht „im hohem Maße die Verantwortung für das Blut, das in den Januarkämpfen (1919) vergossen wurde (…) trugen.“ Und sein Kollege Eckhard Jesse geht davon aus, dass, wäre sie nicht ermordet wurden, „wohl kaum jene geradezu panegyrische Verehrung eingesetzt (…) hätte.“ Ohne Frage: Rosa Luxemburg polarisiert. Das zeigt sich auch an den zahlreichen Besprechungen der neuen Biografie, die der Historiker und Verleger Ernst Piper jetzt vorgelegt hat. Eine vorbehaltslose Beurteilung der Vita einer Frau, nach der auch noch die Parteistiftung der Linken benannt ist, scheint kaum möglich. Egal, ob die Rezensentin der FAZ ihr die „charismatische Wirkung“ abspricht und dem Autor attestiert, letztlich doch ein eher „rosiges“ Bild zu zeichnen, oder sich der Rezensent in der WELT vorsorglich distanziert („Man kann Rosa Luxemburg als Mensch faszinierend und tragisch finden und muss deswegen noch lange nicht die Diktatur des Proletariats gutheißen“) – Person und Wirkung bei einer „so eindeutig von linker bis linksdoktrinärer Biografik gekaperte(n) Persönlichkeit zu trennen“, muss ein Kraftakt gewesen sein, der Ernst Piper allerdings mit diesem Mammutwerk geglückt ist. Es ist ja an diesem Leben, das dann doch immer wieder auf das Ende und das Nachleben reduziert wird, so vieles interessant und berichtenswert: Das Wirken der polnischen Jüdin zunächst in der polnisch-litauischen und später der deutschen Sozialdemokratie, das vielseitige Studium in Zürich, wo Männer und Frauen einzig im deutschen Sprachraum gleichberechtigt studieren konnten, ihre Rolle als Wortführerin des linken Parteiflügels, ihre berührende Stilistik als Briefschreiberin, insbesondere während der Gefangenschaft im Ersten Weltkrieg, ihre rege publizistische Tätigkeit sowie auch ihre Kinderlosigkeit – all diesen Aspekten geht Piper in seiner quellengesättigten Biografie, die lange Zeit maßgeblich bleiben wird, nach. Und auch zur Aktualität Luxemburgs hat Piper Überzeugendes zu bieten: „Sie sagt: Wir müssen das Zeitalter der Nationalstaaten überwinden, wir wollen ja eine proletarische Weltrevolution. Wir wollen nicht Nationalstaaten restituieren, wo dann wieder die Bourgeoisie an der Macht ist, sondern wir wollen die Arbeiterklasse emanzipieren. Und das ist natürlich gerade in der heutigen Zeit aktueller denn je: Es gibt keine Alternative dazu, sich internationaler zu organisieren. Der Kapitalismus tut das sowieso. Dieser Globalisierungsprozess hat ja längst stattgefunden. Und wenn man dem etwas entgegensetzen will, dann geht das natürlich nicht, wenn einzelne Nationalstaaten agieren.“

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gründliche Aufarbeitung des Leben und Wirkens Rosa Luxemburgs

Von: Michael Lausberg aus Doveren

21.12.2018

Rosa Luxemburg hat immer schon polarisiert: Während ihre Schriften und ihr Wirken in der DDR als verächtlich als „Luxemburgismus“ abgetan wurden, beriefen sich demokratische oder reformsozialistische Oppositionsgruppen und Bürgerrechtler beriefen sich oft auf Rosa Luxemburg genauso wie im Prager Frühling 1968. Nach der Wende wurde in der BRD eine Stiftung nach ihr benannt und jährliche Liebknecht-Luxemburg-Gedenkfeiern in Berlin abgehalten, während vor kurzem der Wojewod von Lublin, der sich dabei auf das sogenannte „Dekommunisierungsgesetz“ der regierenden nationalkonservativen PIS berief, die Gedenktafel für Rosa Luxemburg vom Wohnhaus der Familie Luxemburg in Zamość entfernen ließ. Nun hat der Historiker Ernst Piper zum 100. Todestag im Januar 2019 ein Buch über die Vorkämpferin der deutschen und europäischen Arbeiterbewegung geschrieben. Dafür unternahm er zahlreiche Recherchen und Reisen nach Zamość, Rosa Luxemburgs Geburtsstadt in Polen oder auf deutschem Gebiet. Bei seinen Recherchen konnte er sich auf die seit wenigen Jahren nahezu vollständige Edition des Werkes Rosa Luxemburgs stützen. Lediglich der achte Band der Werksausgabe fehlt noch, der die politischen Schriften enthalten wird, die in Einzelausgaben aber inzwischen ebenfalls vorliegen. Seine Haltung zu Rosa Luxemburg ist die folgende: „Ich finde – wie so viele Menschen- Rosa Luxemburg bis heute faszinierend, bin aber deshalb noch lange kein Anhänger der Idee der Diktatur des Proletariats.“ (S. 17) In seiner mehr als 800 Seiten starken Biografie beleuchtet Piper Herkunft, Familie, Privatleben und politisches Wirken Rosa Luxemburgs, ihr Verhältnis zu zeitgeschichtlichen Ereignisse wie der 1. Weltkrieg und der russischen Revolution sowie die mannigfaltige Luxemburg-Rezeption nach ihrer Ermordung. Ihr Bruch mit der SPD bei deren Stimmen für die Bewilligung von Kriegskrediten wird ausführlich beschrieben. Ihre Kontroversen innerhalb der sozialistischen Bewegung wie mit Lenin oder Karl Kautsky werden auch angesprochen. Dazu zeigte er Fotos aus dem Buch, die zum Teil erstmals veröffentlicht sind. Er stellt sie als charismatische Persönlichkeit mit großer Ausstrahlung mit dem Willen zur politischer Veränderung dar: „Sie war ein durch und durch politischer Mensch, kein reiner Theoretiker wie Marx oder auch Kautsky, aber auch kein Parteibürokrat, wie es mit fortschreitenden organisatorischen Erfolgen viele gab in der sozialdemokratischen Bewegung.“ (S. 11) In der Einleitung gibt er einen Forschungsüberblick über die bisherigen Biografien über Rosa Luxemburg und die Einschätzung bekannter Politiker und Wissenschaftler zu ihrem Leben und Wirken. Danach stellt er in zwölf Kapiteln mit einem Exkurs zur Russischen Revolution das Leben und Wirken Luxemburgs dar. Im Anhang findet man noch die Anmerkungen, eine Bibliografie, ein Abkürzungsverzeichnis, einen Bildnachweis und ein Personenregister. Das Buch ist eine gründliche Aufarbeitung des Leben und Wirkens Rosa Luxemburgs mitsamt ihres Charakters, ihrer Kontroversen und Wendungen immer eingebettet in die Zeitgeschichte. Wie immer in Biografien kommt auch Piper in seiner Schwerpunktsetzung und Bewertung nicht ohne eigene Wertung aus, stellt dies aber differenziert und vergleichsweise moderat dar. Auf der Suche nach politischer Freiheit und Gleichheit war sie ihr Leben lang. Das Buch macht deutlich, warum auch heute noch Teile der Frauenbewegung, der Friedensbewegung, verschiedene sozialistische Strömungen und antiimperialistische Gruppen sie als Vorbild ansehen.

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