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Rezensionen zu
Rote Karte für den inneren Kritiker

Jochen Peichl

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€ 16,00 [D] inkl. MwSt. | € 16,50 [A] | CHF 22,50* (* empf. VK-Preis)

Dieses Buch hat mich nicht nur aus beruflichen, sondern auch als persönlichen Gründen angesprochen. Ich denke jede*r kennt diese Momente, in denen die innere selbstkritische Stimme in Erscheinung tritt und uns verunsichert. In der Psychotherapie wird diese Stimme oft als "Der innere Kritiker" bezeichnet, um sie fassbarer zu machen. Der innere Kritiker ist ein Anteil, der jeder Mensch von uns in mehr oder weniger ausgeprägter Form in sich trägt. Er hat nicht nur schlechte Seiten, sondern übernimmt auch eine Art Schutzfunktion oder kann unseren Ehrgeiz fördern. Problematisch wird es aber, wenn diese Stimme permanent da ist und uns abwertet, so dass wir im schlimmsten Fall unter ständigen Selbstzweifeln leiden, die natürlich wiederum mit einer schlechten Stimmung oder anderen psychischen Problemen einhergehen kann - den wer will schon ständig niedergemacht werden? Jochen Peichl ist selbst ein ausgebildeter Facharzt für Psychotherapie und hat dieses Buch in erster Linie für Laien geschrieben, die sich mit ihrem inneren Kritiker auseinandersetzen wollen. Dabei stellt er nicht nur den einen inneren Kritiker vor, sondern gleich ein ganzes Team, das aus dem Kontrolleur, dem Perfektionisten, dem Antreiber, dem es Allen-Rechtmacher und dem Be- und Verurteiler besteht. Um herauszufinden, welche "Teammitglieder" bei einem selbst am aktivsten sind, kann man gleich zu Beginn einen Fragebogen ausfüllen, der sich am Ende des Buches befindet. Am Ende erhält man unterschiedliche hohe Punktzahlen, wobei es der Autor leider versäumt hat zu erläutern, was diese Punktzahlen nun genau zu bedeuten haben. Ich hatte überall eine Punktzahl von 41 bis 67 erreicht und wusste am Ende leider nicht genau, was ich damit nun anfangen soll. Was nach der Einführung der verschiedenen Kritiker-Anteile folgt, sind Kapitel, die der Autor "Privatvorlesungen" nennt. Wer nun fürchtet, dass Peichl mit Fachjargon um sich wirft, den kann ich beruhigen. Es ist ihm tatsächlich gelungen, eine für Laien verständliche Einführung in das Thema der inneren Anteile zu geben, die in der Psychotherapie auch als "Ego States" bekannt sind und eine eigene Therapierichtung darstellen. Der Autor untermalt seine theoretischen Inputs jeweils mit Beispielen und einzelnen Illustrationen, was dafür sorgt, dass der Text abwechslungsreich und nicht allzu trocken wirkt. Neben dem Kritiker-Team führt er auch der Anteil des inneren verletzten Kindes ein, das oftmals eng mit dem inneren Kritiker zusammenhängt. Damit hat er einige wichtige Aspekte implementiert, die auch in der Psychotherapie verwendet werden. Obwohl sich das Buch sehr verständlich und nachvollziehbar liest, hatte ich den Eindruck, dass viele der im Buch vorgestellten Übungen aus meiner Sicht eine grosse Reflexionsfähigkeit voraussetzen. Aus meiner praktischen Erfahrung weiss ich, dass es nicht so einfach ist, die verschiedenen Anteile einfach mal so zu identifizieren, sowie sie in einen biografischen Kontext zu setzen, um dann ihre ursprüngliche Funktion zu verstehen. Das setzt meiner Meinung nach oftmals eine längere Therapie voraus, die durch eine*n erfahrene*n Therapeut*in begleitet wird, der*die einem bei dieser schwierigen Aufgabe hilft. Die Übungen klingen auf den ersten Blick sehr simpel, aber allein schon die zweite Übung fand ich selbst für mich, als Psychotherapeutin in Ausbildung, die mehrere Selbsterfahrungsstunden hinter sich hat, zu anspruchsvoll, um sie mal eben einfach so durchzuführen. Der Autor bittet uns Leser*innen nämlich darum, eine Landkarte mit all unseren inneren Anteilen - insbesondere natürlich den inneren Kritikern - zu zeichnen und ihnen Namen zu geben. Ich denke, um das zu schaffen, muss man bereits Erfahrungen in der Ego-State Therapie mitbringen und seine inneren Anteile bereits kennen. Als kompletter Neuling in der Thematik, kann man sich schnell einmal verloren fühlen. Gerade weil man ja nicht mal weiss, welche möglichen inneren Anteile es überhaupt gibt. Und das ist auch mein Hauptkritikpunkt am Buch. So flüssig und verständlich es sich auch lesen lässt, ich würde dieses Buch bloss Leuten empfehlen, die bereits Vorwissen in der Arbeit mit ihren inneren Anteilen mit sich bringen. Das Buch ist eine nette Ergänzung zur Therapie, aber als alleinstehendes Werk finde ich die Durchführung der Übungen zu komplex, selbst wenn sie sich auf den ersten Blick sehr leicht anhören. Ein letzter Kritikpunkt gilt auch dem Aspekt des Untertitels "Wie aus dem ewigen Miesmacher ein Verbündeter wird". Er suggeriert, dass das Buch einem Lösungsansätze bietet, wie man seinen inneren Kritiker zu einem Freund machen kann. Tatsächlich besteht 90% des Buches aber eher auf theoretischen Grundlagen zu den Hintergründen des inneren Kritikers und lediglich das letzte Kapitel fasst kurz und knapp eine Intervention zusammen, wie man dem inneren Kritiker imaginativ begegnen könnte, um ihn zu einem Verbündeten zu machen. Damit kam mir dieser lösungsorientierte Teil definitiv zu kurz, zumal der Autor dazu sehr vereinfacht eine Technik aus der Traumatherapie erläutert, die sich IRRT nennt und in meinen Augen für unerfahrene Laien zu komplex ist, um sie allein mit der eigenen Vorstellungskraft durchzuführen, ohne dass dies zuvor von einem*einer Therapeut*in angeleitet wurde. Fazit: In "Rote Karte für den inneren Kritiker" befasst sich der ausgebildete Psychiater Jochen Peichl mit dem inneren Kritiker, den jeder Mensch in mehr oder weniger ausgeprägter Form in sich trägt. Er führt uns auf verständliche Weise in die theoretischen Grundlagen der Arbeit mit inneren Anteile ein (die in der Fachsprache auch als Ego-States Therapie bekannt ist) und ergänzt seine Texte mit nachvollziehbaren Beispielen. Obwohl sich das Buch für Laien sehr verständlich liest, würde ich das es allerdings nur Leuten empfehlen, die bereits Vorwissen in der Ego-States Therapie mit sich bringen. Die im Buch vorgestellten Übungen setzen schon eine sehr hohe Reflexionsfähigkeit voraus, für die aus meiner Sicht oftmals eine Therapie notwendig ist, um diese Teile überhaupt identifizieren zu können. Das Buch ist als Ergänzung zur Psychotherapie empfehlenswert, für absolute Neulinge aus meiner Sicht aber eher ungeeignet, weshalb ich es auch nicht unbedingt als "Selbsthilfebuch" betiteln würde. Aufgrund dieser Kritikpunkte kann ich abschliessend nur 3 Sterne vergeben.

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